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Rassistische Rede von Clemens TönniesDie dunklen Seiten des Anführers

Die Entschuldigungen von Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies stützen eher den Rassismusverdacht. Am Dienstag berät der Ehrenrat von Schalke.

Ungewiss ist, ob Clemens Tönnies im Aufsichtsrat von Schalke bleibt Foto: dpa

Gelsenkirchen taz | Auch vier Tage nach der Selbstentblößung will das Entsetzen über den Fleischfabrikanten Clemens Tönnies, der nebenbei als Aufsichtsratschef des FC Schalke 04 agiert, einfach nicht nachlassen. Der Mann steht weiterhin unter dem Verdacht, ein Rassist zu sein, seit er eine Rede mit finsteren Gedanken garnierte.

Es ist nicht das erste Mal, dass ihm eine empörende Aussage über die Lippen rutscht, aber wenn es um seinen Fußballverein ging, reichte es immer, die Sache auszusitzen. Nun schwillt die Welle der entsetzten Reaktionen und Rücktrittsforderungen einfach nicht ab, zuletzt erklärte der Schalker Kultspieler Gerald Asamoah, er sei „geschockt“ und „traurig“.

Die Ethikkommission des DFB wird sich mit dem Fall beschäftigen, und die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte: „Wer dumpfen Rassismus verbreitet, stellt sich gegen Hunderttausende Fußballfans. Die übergroße Mehrheit steht klar für Menschlichkeit und Toleranz.“

Am Dienstag wird der Schalker Ehrenrat Tönnies anhören, ein Gremium, das theoretisch über die Macht verfügt, den großen Anführer zu stürzen. Es wird spannend, wie diese moralisch höchste Instanz im Klub, der sich in den vergangenen Jahren immer kraftvoll und glaubwürdiger als viele Konkurrenten gegen Rassismus und Diskriminierung engagiert hat, positionieren wird.

In einem Vortrag hatte der Unternehmer vorgeschlagen, den Klimawandel mit der Finanzierung von 20 Kraftwerken in Afrika zu bekämpfen, „dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren“.

Rassismusverdacht bleibt

Schnell ruderte er zurück und erklärte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Ich bin über mich selbst bestürzt, dass mir so etwas passieren konnte. Da hilft kein Drumherumreden, da hilft auch keine Verschlimmbesserung, es war schlicht töricht.“ Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider bezeichnete diese Erläuterungen als „aufrichtige Entschuldigung“, allerdings schimmert hinter Teilen des demonstrativen Bedauerns erneut eine Weltsicht hervor, die den Rassismusverdacht eher stützt.

Ein eigenwilliger Umgangmit Menschenrechten ist nicht neu im Universum des Multimillionärs

Tönnies sagte nämlich: „Mein Grundgedanke war, dass wir in Afrika in großem Umfang investieren müssen und damit viel mehr zur Lösung der Klimaprobleme beitragen können als durch Klein-Klein-Maßnahmen in Deutschland.“ Im Prinzip wiederholte er damit die Behauptung, der Afrikaner sei schuld. Dabei tauchen mit Südafrika und Libyen nur zwei Nationen von diesem Kontinent in der Liste der 70 Länder mit dem größten CO2-Ausstoß pro Kopf auf.

Aber ein eigenwilliger Umgang mit Menschenrechten ist nicht neu im Universum des Multimillionärs. So hat Tönnies den Schalker Sponsoringdeal mit dem Energiekonzern Gazprom eingefädelt, den Wladimir Putins autokratisches und homophobes Regime in Moskau für seine außenpolitischen Machtinteressen einsetzt. „Mit Putin verbindet Tönnies eine männerbündische Art von Sympathie, die auf gegenseitigen Interessen beruht“, hat Die Zeit einmal geschrieben.

„Schande für Deutschland“

Und nicht zuletzt zeigen Recherchen verschiedener Medien, dass in der ostwestfälischen Fleisch­industrie, wo Tönnies der Größte unter den Großmetzgern ist, Arbeiter aus Osteuropa unter katastrophalen Umständen leben und arbeiten. Als „Schande für Deutschland“ hat der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) dieses System der Ausbeutung 2015 genannt, Tönnies erwiderte: „Wenn ich einen Schwachpunkt habe, gehe ich da dran. Dafür ist Tönnies bekannt. Aus. Punkt. Ende.“ Die prekäre Situation der Frauen und Männer, die die toten Schweine zerlegen, soll sich aber kaum verbessert haben.

Es gibt viele Schalker, die diese dunklen Seiten ihres Anführers schon lange abstoßend finden, in den Aufsichtsrat wählen sie Tönnies trotzdem immer wieder, zuletzt vor fünf Wochen. Die Gründe dafür sind rätselhaft.

Sein – durch sein Amt keinesfalls abgedeckter – Einfluss auf das operative Geschäft steht nämlich unter dem Verdacht, zu den Ursachen für viele Probleme des Bundesligavereins zu zählen. Früher einmal, als Schalke 04 unter Zahlungsschwierigkeiten litt, ist Tönnies mit Krediten eingesprungen, hat aber gut an den Zinsen verdient.

Derzeit ist der Verein allenfalls emotional von seinem Aufsichtsratschef abhängig, weil er das Gefühl verbreitet, wie eine Lebensversicherung bei erneuten Liquiditätsproblemen zur Stelle zu sein. Der Ehrenrat braucht gute Argumente, um an Tönnies festzuhalten.

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9 Kommentare

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  • Political Correctnes ist einfach unverzichtbar. Gelbe oder Rote Karte ?

  • Beim Klimawandel ist Afrika nicht das Problem. Die afrikanischen Nationen können aber einen wichtigen Teil der Lösung bereitstellen. z. B durch angepasste Land- und Forstwirtschaft in den semiariden Gebieten und durch Aufwindkraftwerke in den Wüsten. Dies würde aber Verbindung auf Augenhöhe mit den europäischen Nationen voraussetzen.

  • Erinnern wir uns: Die Frau Turn und Taxi hatte einst erklärt, dass die 'Neger eben gerne schnakseln'. Die Äußerung blieb aber damals ohne großes Echo.

    Ok, wenn es richtig ist, dass man dort öfters und mit mehr Freude Geschlechtsverkehr praktiziert, dann empfinde ich diese Äußerungen eben als unserem Sprachgebrauch nicht angemessen und unüblich. Und das gilt insbesondere für öffentliche Stellungnahmen.

    Aber warum stoßen wir uns so sehr daran? Nach meinem Wissen und nach meinen persönlichen Erfahrungen würden diese in Afrika nicht im geringsten kritisiert. Sind wir so sehr verklemmt oder suchen wir nach unkorrektem Verhalten wie die Prinzessin nach schlechten Erbsen? Außerdem spricht er sich für vermehrte Wirtschaftshilfe aus, was ich mir von vielen Politikern auch wünsche!

    Eine ganz andere Sache ist es, das Verhalten von Tönnies als Arbeitgeber zu kritisieren. Da gibt es speziell bei ihm und in seiner Brache viel zu beanstanden. da finde ich es bedenklich, dass die Politik noch keine Maßnahmen ergriffen hat.

    Und wenn jemand den 'waschechten Demokraten Putin' mit positiven Prädikaten versieht, ohne seine widerlichen Menschen- und Völkerrechtsverletzungen zu berücksichtigen, dann ist es ein Zeichen von besonderer Ignoranz oder von einem gewissenlosen Erwarten wirtschaftlicher Vorteile.

    Aber ich meine die Bemerkungen über abendliche Tätigkeiten in Afrika sind es doch nicht wert, dass sie in einer seriösen Zeitung mit einem so langen Artikel erwähnt werden.

  • Ob der Präsident von Eintracht Frankfurt ihm jetzt Stadionverbot erteilt?

  • Bitte nicht vergessen, dass Tönnies von 2000 Anwesenden, wenn auch nach einigem Zögern, Beifall für seine rassistischen Äußerungen bekommen hat.

    • 9G
      91491 (Profil gelöscht)
      @reblek:

      Sehr richtig!

    • @reblek:

      Nun lesen wir - nicht erst seit dem massiven Zulauf für rechte Parteien in Europa, dass ca 30% unserer Bevölkerung zu solchen Positionen neigen.

      Das bedeutet natürlich nicht, dass diese 30% gleichmäßi auf jede denkbare Gruppe verteilt sind.



      Es kann schon mal vorkommen, dass ganze Versammlungen aus diesen 30% bestehen oder überwiegend.

      Rassisten sind eine große Gruppe in unserer Gesellschaft, waren sie immer. Vor 80 Jahren würde sich vermutlich gar niemand in Deutschland gefunden haben, der nicht dafür gewesen wären, dass "Neger" mal aufhören sich fort zu pflanzen.

      Strauß hätte das auch einfach in Sonthofen in ein Mikro blöken können, ohne dass ihn das groß Ansehen gekostet hätte.

      Neu ist lediglich, dass man sich endlich aufregt.

      • @Michael Garibaldi:

        Lieber Jürgen,



        Rassismus ist eine Möglichkeit Gruppen zu bilden, also nach innen und außen ein Weltbild zu konstruieren.



        Diese spiegeln sich in Vorurteilen über die Sozialisation wieder.

        Das heißt, wenn du ähnlich aussehende und sprechende Menschen triffst, extrapolierst du aus der Vergangenheit auf diese um erfolgreich im Leben zu sein.

        Das Hauptproblem ist, dass die Menschen halt wenig Ahnung von den entsprechenden Zuständen und Erfolgen in Afrfika haben bzw. nicht genau differenzieren, was dort scheiße läuft.

        Schwarze Ihre Opferrolle nicht zuzugestehen, ob aus Vorsatz (Rassismus) oder Besserungswunsch(Opferkult mit wenig Selbstkritik sorgt für Beibehaltung des Opferstatus der Schwarzen) durch das entsprechende Wort,



        muss nicht negativ sein.

        Wie gesagt: Das Problem ist, dass die Leute nicht viel Verstand haben und sich entsprechend äußern.

        PS: Man sollte exakt begründen, inwieweit eine Pauschalisierung zulässig oder nicht ist. Kann man das nicht mehr wegen PC, dann gewinnen die Rechten.



        [Migrationsstraftaten zum Beispiel]

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @reblek:

      Das allerdings ist das eigentlich Erschütternde an dem Vorfall.