Rassistische Polizeigewalt in den USA: „Freddie würde das nicht wollen“

In Baltimore fliegen bei einer zunächst friedlichen Demo gegen Polizeigewalt Steine. Seit dem Tod eines Schwarzen am 19. April gibt es täglich Proteste.

Die Demonstranten fordern eine gerechte Aufklärung von Freddie Grays Tod Bild: reuters

WASHINGTON afp | Bei Protesten nach dem Tod eines offenbar bei seiner Festnahme verletzten jungen Schwarzen in der US-Großstadt Baltimore ist es zu Ausschreitungen gekommen. Demonstranten warfen am Samstag Steine auf Polizeiwagen und Geschäfte. Zunächst hatten mehr als eintausend Menschen friedlich an der bislang größten Kundgebung in Baltimore teilgenommen, bei der Gerechtigkeit für den 25-jährigen Freddie Gray gefordert wurde.

Die Menge versammelte sich vor dem Rathaus in Baltimore. Redner forderten US-Präsident Barack Obama auf, eine nationale Untersuchung zu Polizeigewalt einzuleiten. „Das muss aufhören. Das muss wirklich aufhören, denn es hätte jeder von uns sein können“, sagte ein entfernter Verwandter Grays. Die zunächst bis zu 300 Demonstranten waren von dem Wohnblock, in dem Gray festgenommen wurde, bis zu einer Polizeiwache gelaufen. Dabei skandierten sie „Ohne Gerechtigkeit kein Frieden“. Im Laufe des Marsches schwoll die Zahl der Teilnehmer immer weiter an.

Die Lage eskalierte, als mehrere dutzend junge Demonstranten zum Camden Yards-Baseballstadion weiterzogen. Örtliche Fernsehsender zeigten Hubschrauberaufnahmen von der Menge, die Flaschen und Mülleimer auf Polizisten warf. „Die Demonstranten schmeißen jetzt Fenster ein und werfen Gegenstände auf uns“, erklärte die Polizei von Baltimore im Kurznachrichtendienst Twitter. Zugleich rief sie die Bevölkerung auf, die Ruhe zu bewahren.

Die Randalierer schlugen auch die Schaufenster von Geschäften ein, plünderten einen kleinen Supermarkt und blockierten Straßenkreuzungen, wie der Sender WBAL berichtete. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete, dass die Scheiben von fünf Polizeiwagen zerstört wurden, bevor Spezial-Sicherheitskräfte einschritten. Zwölf Menschen wurden festgenommen, wie Polizeivertreter Anthony Batts sagte.

Grays Zwillingsschwester Fredericka rief die Demonstranten zur Ruhe auf. „Bitte, bitte hört auf mit der Gewalt. Freddie würde das nicht wollen“, sagte sie an der Seite von Bürgermeisterin Stephanie Rawlings-Blake. Diese äußerte sich „tief enttäuscht“ über die Unruhen, für die sie eine „kleine Gruppe von Agitatoren“ verantwortlich machte.

Sechs Beamte suspendiert

Gray war am vergangenen Sonntag, eine Woche nach seiner Festnahme, an Rückenmarksverletzungen gestorben. Der genaue Hergang der Ereignisse vom 12. April ist noch unklar, möglicherweise wurde der Afroamerikaner aber von Polizisten misshandelt. Auf einem Handy-Video von Zeugen ist zu sehen, wie die Beamten Gray auf einem Gehweg festhalten, bevor sie den vor Schmerz schreienden jungen Mann zu einem Polizeibus schleifen. Rund eine Stunde später wurde er in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er ins Koma fiel.

Sechs Beamte wurden inzwischen vom Dienst suspendiert. In einem Polizeibericht hatte es zunächst geheißen, die Festnahme sei ohne Gewaltanwendung verlaufen. Gray war der Besitz eines Springmessers zur Last gelegt worden.

Nach dem Tod des jungen Mannes gab es täglich Proteste in Baltimore, bei denen die vollständige Aufklärung von Grays Tod gefordert wurde. Der junge Mann soll am Montag beigesetzt werden.

Mangelnde Beweise

Am Freitag hatte die Polizei eingeräumt, dass Gray sofort nach seiner Festnahme ärztliche Hilfe gebraucht hätte. Dies sei nicht geschehen, sagte Polizeivertreter Kevin Davis, der die Ermittlungen zu dem Fall leitet.

Gray könnte das jüngste Opfer in einer Serie von Fällen tödlicher Polizeigewalt gegen unbewaffnete Schwarze sein. Im August war in der Kleinstadt Ferguson der unbewaffnete schwarze Jugendliche Michael Brown von einem weißen Polizisten getötet worden. Wegen mangelnder Beweise wurde der Beamte aber nicht angeklagt. Die Vorgänge führten in Ferguson und anderen Städten zu teils gewaltsamen Protesten.

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