Rassistische Hasstirade in Görlitz: „Ich würde sie zurückschicken“
Der Görlitzer Kaufhausbesitzer Winfried Stöcker sagte ein Benefizkonzert für Flüchtlinge ab. In einem Interview erklärte er anschließend, warum.
BERLIN/GÖRLITZ taz/epd | Mit der Barmherzigkeit ist es offensichtlich nicht so weit her beim Görlitzer Kaufhausbesitzer Winfried Stöcker. Er soll kurzerhand ein Weihnachts-Benefizkonzert für Flüchtlinge abgesagt haben, das von seinen Mitarbeitern zuvor genehmigt wurde.
Pikant ist seine Begründung. Er wolle den Missbrauch des Asylrechts nicht unterstützen, sagte Stöcker der Sächsischen Zeitung in einem Interview und holte zu einem höchst rassistischen und fremdenfeindlichen Rundumschlag aus.
Gegenüber der Zeitung sagte der Arzt und Unternehmer, dass in den deutschen Niederlassungen seines internationalen Unternehmens zwar Mitarbeiter aus mehreren Dutzend Ländern arbeiten – dann würden sie dem Staat zumindest nicht „auf der Tasche liegen“. Aber darauf, sich in Deutschland festzusetzen, hätten sie seiner Ansicht nach kein Recht. „Ich würde sie am liebsten zurück in ihre Heimat schicken, auf freiwilliger Basis, verbunden mit finanziellen Anreizen“, führt er seine Wunschvorstellungen aus.
Die Türken haben es ihm offenbar besonders angetan. Die würden ihre Kinder gezielt nach Deutschland verheiraten, sagt er. „Heute sind es schon zehn Prozent Türken in den Städten, warten Sie einmal 50 Jahre ab, dann haben sie bei uns die Mehrheit“, meint der 67-Jährige.
Aber das ist noch lange nicht das Ende seiner Hasstirade. „Die reisefreudigen Afrikaner“ würde er sofort wieder nach Hause schicken. Sie „sollen sich dafür einsetzen, dass der Lebensstandard in ihrem Afrika gehoben wird, anstelle bei uns betteln zu gehen.“ Als er im Interview dann noch nach Kriegsflüchtlingen aus Syrien gefragt wird, zeigt er genau, aus welchem Holz er geschnitzt ist: „Die Menschen müssen sich trotzdem selbst organisieren und sich selbst helfen. Vor zwanzig Jahren haben sich in Ruanda die Neger millionenfach abgeschlachtet. Hätten wir die alle bei uns aufnehmen sollen?“ Die Sächsische Zeitung wies ausdrücklich darauf hin, dass sie die ursprüngliche Ausdrucksart von Stöcker übernommen hatte.
Jetzt erst recht
Winfried Stöcker galt in Görlitz, einer der ärmsten Städte Deutschlands, bisher als Retter. Im Sommer 2013 kaufte er das seit Jahren leerstehende Jugendstil-Kaufhaus nahe der Frauenkirche. Die Eröffnung war für 2016 geplant und sollte der Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung verschaffen. Die Euphorie dürfte nun vorbei sein. Der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos) distanzierte sich bereits von den Aussagen des Unternehmers.
Die evangelischen Kirchengemeinden der Görlitzer Innenstadt laden nun am Samstag zu einer Adventsandacht in die Frauenkirche. Das Motto „Barmherzigkeit ist kein Märchen“ geht auf eine weitere Aussage von Stöcker in der Sächsischen Zeitung zurück. In der Frage ging es um Weihnachten, die Geschichte vom Asyl im Stall und die Nächstenliebe. Die Antwort war – ausgerechnet für einen Kaufhausbesitzer – vielleicht nicht so klug: „Ach, Weihnachten! Hören Sie auf mit dem Firlefanz! Das mit der Krippe ist doch nur ein Märchen ohne jeden historischen Hintergrund.“
Man darf bezweifeln, dass die ganze Angelegenheit spurlos an Stöcker vorübergeht. Die Kirchengemeinden sind enttäuscht von dem Geschäftsmann und teilten mit, dass sie den „deutlich werdenden Geist der Abgrenzung und zynischen Herablassung auf Fremde und Flüchtlinge nicht hinnehmen“. Über Facebook wurde bereits zu Protestaktionen aufgerufen. Das Benefizkonzert für die Flüchtlinge findet am Samstag dennoch auf dem Görlitzer Christkindelmarkt statt, nun unter dem Motto „Jetzt erst recht“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“