Rassismusäußerungen in Großbritannien: Labour-Abgeordnete hat Sitz zurück
Nach einem Jahr ist die Abgeordnete Abbott nicht mehr suspendiert. Ob sie bei den Parlamentswahlen kandidieren darf, ist unklar.
![Diane Abbott Diane Abbott](https://taz.de/picture/7031624/14/35444025-1.jpeg)
Wegen umstrittener Aussagen geriet Abbott vor 13 Monaten in die Kritik. Auslöser war ein Brief im April 2023 an die Sonntagszeitung The Observer, in dem sie behauptete, rothaarige Menschen, Ir:innen, jüdische Menschen und Travellers würden zwar Vorurteile verspüren, müssten aber nicht in ihrem ganzen Leben Rassismus erfahren. Diese Gruppen hätten in den USA nie im Bus hinten sitzen müssen, hätten im Apartheid-Südafrika wählen können und nicht in der Angst leben müssen, auf Schiffen versklavt zu werden, schrieb sie.
Die jüdische Labourabgeordnete Margaret Hodge hatte die Worte damals als „zutiefst beleidigend“ bezeichnet. Abbott wurde im Anschluss von der Partei suspendiert. Die Politikerin entschuldigte sich im Nachgang und distanzierte sich von den Aussagen.
Erst am Dienstagabend erhielt Abbott ihren Sitz als Labourabgeordnete wieder, ohne jedoch die Gewissheit zu haben, ob sie somit auch Kandidatin für ihren Wahlkreis bei den Parlamentswahlen am 04. Juli sein wird. Laut Starmer ist die Entscheidung noch nicht gefallen. Eine Nominierung muss bis zur Frist zum 4. Juni feststehen.
Abbotts politische Karriere ist von Höhen und Tiefen geprägt: 26 Jahre lang ließen sie ihre Parteigenoss:innen auf den Hinterbänken der Fraktion sitzen. Erst Ed Milliband rief sie 2010 ins Schattenkabinett, dort war sie für öffentliche Gesundheit zuständig. Unter Jeremy Corbyns Parteiführung wurde Abbott sogar zur Schatteninnenministerin befördert. 2017 erlitt die Labourabgeordnete den traurigen Rekord der britischen Politikerin mit der höchsten Anzahl von Hasserklärungen auf Twitter. Im März beleidigte sie einer der größten Parteispender der Tories, Frank Hester, mit den Worten: „Diane Abbott bringt einen dazu, alle Schwarzen Frauen zu hassen.“
Antisemitismusproblem bei Labour
Gegenwind erhielt Abbott auch im Rahmen der Antisemitismusvorwürfe bei Labour. Damals nahm sie die Partei und Corbyn treu in Schutz. Sie betonte lieber Labours Vergangenheit im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus, als sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen. Dabei hatte die Politikerin durch ihren Wahlkreis viel Umgang mit ultraorthodoxen jüdischen Gemeinden in Stamford Hills. Tatsächlich soll sie auf kommunaler Ebene viel für diese Gemeinden getan haben. Ihre Haltung zu den Antisemitismusvorwürfen machte ihr aber auch der damalige Vertreter der orthodoxen Gemeinden, Rabbiner Abraham Pinter, zum Vorwurf. Ein Untersuchungsbericht der Gleichberechtigungs- und Menschenrechtsorganisation (EHRC) 2020 bestätigte schließlich, dass Labour Probleme mit Antisemitismus hat. Der neue Labourchef Keir Starmer versprach, dagegen vorzugehen.
Zur Frage der Kandidatur bei den Parlamentswahlen erklärte Abbott am Mittwochabend kämpferisch: Sie werde versuchen, Vertreterin ihres Wahlkreises mit allen möglichen Methoden zu bleiben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm