Rapper Sido und Verschwörungen: Daran müssen Kinder nicht glauben
Sido und Johannes Oerding haben es mit dem Song „Pyramiden“ auf das Cover des LehrerInnenmagazins „Pop in der Grundschule“ geschafft. Ein Unding.
Deutschrap treibt mitunter hässliche Blüten. Nicht nur, weil das Genre im globalen Vergleich auf musikalisch läppischem Mittelmaß-Niveau dem state of the art hinterhinkt. Auch was die Texte angeht, häuften sich zuletzt misogyne und antisemitische Reime, gleichzeitig nervte die selbstzufriedene Authentizität.
Dieses dumpf-deutsche Moment zeigt sich auch an Verschwörungstheorien, die sich in der Coronakrise ungehindert im Mainstream ausbreiten: Der Berliner Rapstar Sido, bürgerlich Paul Hartmut Würdig, hat erst kürzlich in einem Interview vor dem „Merkel-Regime“ gewarnt und bekundet, „die großen Medien sind alle unterwandert“.
Umso erstaunlicher wirkt da, dass der 39-jährige Künstler und sein weltanschaulicher Giftmüll es auf den Titel der bei Lehrer:Innen beliebten Zeitschrift Pop in der Grundschule gebracht hat. Anlass ist seine Kollaboration „Pyramiden“ mit dem Komponisten Johannes Oerding. „Ganz viel Optimismus“ versprühe „der aktuelle Hit“, heißt es in der Zeitschrift, die vom Lutgert Verlag publiziert wird, der laut Homepage „Begeisterung für Musik“ entfachen will.
„Wir gehen nicht schlafen, sind im Wahn, bauen monumentale Gebäude / Wir ritzen Namen in Bäume, malen Initialen an Zäune“, heißt es im Text von „Pyramiden“, während der Schlagerpopsound mit Presslufthammer mörtelt. Sollen Kinder dadurch frohgestimmter werden?
Ein bisschen Homeschooling hilft: Verschwörungstheoretiker bringen Pyramiden stets mit den Illuminaten in Verbindung. Für jene sind die dreieckigen Gebäude seit dem 18. Jahrhundert Symbol einer göttlichen Macht. Einem „Auge der Vorsehung“, das stets von einem Dreieck umgeben ist. „Wir müssen nur daran glauben“, heißt es im Refrain des Songs. Vielleicht besser nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört