RWE fällt Bäume im Sündenwäldchen: Es dröhnen die Sägen am Hambi
Der Kohlekonzern RWE rodet seit Mittwochmorgen das Sündenwäldchen am Hambacher Wald. Aktivisten rufen zum Protest auf.
So gingen jahrzehntelang die Erzählungen im Braunkohledorf neben dem Tagebauloch Hambach. Seit Mittwochmorgen sind die Kettensägen da. „Heute ist Tag X“, alarmierte am frühen Morgen die Mahnwache am Rande des sechs Hektar großen Waldes, „RWE und Cops sind in großer Zahl gekommen. Kommt alle! Generalstreik jetzt!“
Romantisierende Erzählungen interessieren die Tiere im Wald nicht, etwa die vom Aussterben bedrohte Bechsteinfledermaus. Sie will hier weder Drogen nehmen noch knutschen, sondern überleben. Das Gehölz ist unverzichtbar für einen funktionierenden Biotopverbund zur Vernetzung zwischen Hambacher Wald im Westen und dem Bürgewald Steinheide keine zwei Kilometer östlich.
Historisch gehört der „Sündi“, wie die AktivistInnen sagen, zum Hambacher Wald, der ja eigentlich als vertraglich zwischen RWE und Landesregierung zugesichert unangetastet bleiben muss. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) hatte gegen die Rodung geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte einen Eilantrag (nach vier Wochen) am Dienstag zurückgewiesen.
Die kühle Argumentation: Das Gebiet dürfe sehr wohl „bergbaulich zur Abraumgewinnung in Anspruch genommen werden. Artenschutzrechtliche Defizite, insbesondere was die Bechsteinfledermaus und die Haselmaus anbelangt, liegen nicht vor“. Zwar sei „der Biotopverbund und eine Biotopvernetzung der erhalten bleibenden Wälder auch bei Abbaggerung der Manheimer Bucht sicherzustellen“, aber es seien ja „bereits im Vorfeld Bäume und Sträucher entlang alternativer Verbindungskorridore gepflanzt worden“.
RWE-Argumente ziehen vor Gericht
Ob die Fledermäuse nach vielen Jahren Brachland einmal die alternativen Verbindungskorridore findet? Das „gewichtige betriebliche Interesse von RWE“, so das Gericht, sei wichtiger.
Jetzt dröhnen die Sägen, erste Bäume sind am Sportplatz längst gefallen. Die Polizei sichert ab. Hubschrauber kreisen. Unklar, was mit den Baumhäusern im Sündi passiert und ihren etwa 30 BewohnerInnen. Überall ist Blaulicht. Massive Steinquader und Zäune sollen das Gebiet schützen. RWE hat schon Strafanzeigen angedroht.
Dabei hatte RWE öffentlich zugesagt, bis zum 31.1. stillzuhalten. Nicht ganz, sagt Sprecher Matthias Beigel jetzt zur taz, „bis zur Gerichtsentscheidung, längstens bis zum 31.“ Einen festen Zeitplan gebe es nicht: „Das ist lageabhängig. Wir roden jetzt erstmal.“ Laut RWE-Website geschehe das „im Zuge von planmäßigen Arbeiten zur Gestaltung des künftigen Hambacher Sees“.
Vor zwei Wochen hatte Dirk Jansen, NRW-Vorsitzender des BUND, bei einer Demo am Sündenwäldchen noch optimistisch prophezeit, „dass wir uns juristisch bis zum 28.2. retten können“, bis zur Schonzeit, dem gesetzlichen Rodungsverbot. Jansen sprach vom „Hambi 2.0“. Jetzt könne RWE „auch nach dem Ende der Braunkohlegewinnung mit der Zerstörung wertvoller Natur fortfahren. Bitter ist, dass die schwarz-grüne Landesregierung den Weg dafür geebnet hat.“
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