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RKI plant ImpfkampagnenJeder Piks registriert

Die Pläne für ein Impfregister, in dem alle Sars-CoV-2-Geimpften stehen, sind ziemlich weit. In Sachen Datenschutz und -sicherheit ist vieles unklar.

Zu den Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Datenschutzbehörde Foto: dpa

Berlin taz | In den Empfehlungen zur Sars-CoV-2-Impfung, die der Deutsche Ethikrat, die Wissenschaftsakademie Leopoldina und die Ständige Impfkommission diese Woche vorgestellt haben, klang es noch wie eine Empfehlung: der Aufbau einer zentralen Datenbank. In der sollen Angaben zu den Geimpften und dem jeweils verwendeten Impfstoff stehen. Doch ein Blick in die Nationale Impfstrategie, Stand Anfang November, des Gesundheitsministeriums zeigt: Eine derartige Datenbank ist nicht nur geplant, sondern wird bereits vom Robert-Koch-Institut (RKI) entwickelt.

Die Datenbank verfolgt zweierlei Ziele: Auf der einen Seite wollen die Behörden einen Überblick darüber bekommen, wie viele Menschen geimpft wurden und wie sich diese Impfungen örtlich und innerhalb der Bevölkerung verteilen. Auf Basis dessen kann dann, so sieht es die Impfstrategie vor, gegebenenenfalls mit Impfkampagnen nachgesteuert werden. Zum Beispiel, wenn sich in einer Region oder einer Altersgruppe besonders wenig Menschen impfen lassen. Auf der anderen Seite sollen sich Wirksamkeit und auch mögliche Nebenwirkungen von Impfungen überblicken lassen. Dafür ist vorgesehen, in dem Register unter anderem das Datum der Impfung, das verwendete Produkt mit Name und Chargennummer sowie die Dosis zu vermerken.

Dazu kommen eine Reihe von Daten zu den geimpften Personen. So heißt es in der Impfstrategie, dass „Alter, Geschlecht, Wohnort (Land-/Stadtkreis), Impf-Indikation“ in das Register eingestellt werden sollen. Die Erhebung der genannten Daten ist verpflichtend: Die Zentren, die die Impfungen durchführen, müssen sie via Onlineformular an das RKI übermitteln, das die Daten dann „in Echtzeit“ vorliegen hat. Die erhobenen Daten sollen zudem „in aggregierter Form“ weitergegeben werden. Genannt sind an dieser Stelle das Gesundheitsministerium, das Paul-Ehrlich-Institut, das unter anderem die Qualität von Impfstoffen überwacht, die Bundesländer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

In der Impfstrategie ist ausdrücklich davon die Rede, dass lediglich „nicht-personenbezogene Angaben“ erhoben werden. Doch in der Behörde des Bundesdatenschutzbeauftragten möchte man nicht ausschließen, dass es am Ende doch um personenbezogene Daten gehen könnte. Einer der Faktoren wäre beispielsweise, wie der Punkt „Wohnort“ in der Datenbank umgesetzt wird. Ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt sollte, so die Einschätzung der Behörde, weit gefasst genug sein, um in Kombination mit Alter und Geschlecht einen Personenbezug zu vermeiden.

Postleitzahl entscheidet

Anders sieht es aus, wenn am Ende Postleitzahlen erhoben werden. Diese in Kombination mit Alter und Geschlecht würden gerade in dünn besiedelten Gegenden Rückschlüsse zulassen. Und tatsächlich ist im Entwurf für das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz, das das Bundeskabinett Ende Oktober verabschiedet hat, von Postleitzahlen die Rede. Die sollen von den Impfzentren nicht nur ans Robert-Koch-Institut, sondern auch ans Paul-Ehrlich-Institut übermittelt werden. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat die Übermittlung der Postleitzahl bereits kritisiert. Und es gibt einen weiteren entscheidenden Unterschied: Soll laut Impfstrategie das Alter erhoben werden, ist in dem Gesetzentwurf von „Geburtsmonat und -jahr“ die Rede, die im Impfregister landen sollen.

Welche der Angaben es denn nun sein werden, die am Ende im Impfregister landen – Geburtsmonat und -jahr oder nur Alter, Postleitzahl oder nur Landkreis –, das beantwortete das Gesundheitsministerium bis Redaktionsschluss nicht.

Auch darüber hinaus sind für die Sicherheit und den Schutz der Daten zentrale Fragen offen. Etwa: Wer hat Zugriff auf die Daten? Wie sind sie verschlüsselt? Wie lange sollen sie gespeichert werden? Werden sie mit anderen Daten zusammengeführt? Zum Beispiel mit den Leistungs- und Abrechnungsdaten der Krankenkassen? Die soll das RKI nämlich später ebenfalls nutzen, um Rückschlüsse zu ziehen auf die Dauer der Impfwirkung und eventuelle Nebenwirkungen. Außerdem sollen „digitale Gesundheitsdaten“ ausgewertet werden.

Was damit gemeint ist, beantwortet das RKI nicht; auch nicht, ob Daten zusammengeführt werden sollen und was in Sachen Datensicherheit und Zugriffsrechte geplant ist. Man befinde sich „noch in der Konzeptionsphase“, so Sprecherin Susanne Glasmacher. „Bei der Konzeption spielen natürlich die Frage, wer Zugriff hat, und Aspekte zum Datenschutz eine zentrale Rolle“. Die Behörde des Bundesdatenschutzbeauftragten wurde nach eigenen Angaben bislang nicht in den Prozess eingebunden.

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10 Kommentare

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  • Wenn bei einem neuen Impfstoff, an den so dermaßen viele Erwartungen geknüpft sind, KEINE gründliche survaillance erfolgt und dann treten evtl. Nebenwirkungen auf und können nicht zugeordnet werden aufgrund von fehlenden Daten wegen Datenschutz - na dann erst. Dann hagelt es auch nur wieder Kritik. Alle wollen immer genau wissen, auf welcher Datengrundlage dies oder das geschieht, aber keiner will seine Daten hergeben. Wer findet den Fehler?

    • @DaBa:

      Genau deshalb gibt es ja vor(!) der Zulassung immer eine groß angelegte Phase-3-Studie, sowie Phase-4-Studien begleitend zum Einsatz eines Medikaments. Eine Erfassung und Überwachung aller Empfänger des Impfstoffs sollte in keinem Fall notwendig sein. Sehr vielsagend auch, dass sie von surveillance und nicht von monitoring schreiben.

      • @Ingo Bernable:

        Bitte nicht zu viel hineininterpretieren. Impsurvaillance ist nicht nur auf Corona beschränkt.



        www.rki.de/DE/Cont...nce/kvis_node.html

        Abgesehen davon kann in einer Pandemie nicht nach Schema F vorgegangen werden. Siehe Einschränkungen unseres öffentlichen und privaten Lebens. Und wer sich nihct impfen lassen will weil er sich nicht "überwachen" lassen möchte, der lässt es eben.

  • Ich bin nicht unbedingt bekannt für meine Begeisterung für das längst vergangene Land!

    In der GDR gab es eine Impfflicht. Wenn ich, in meinen alten Impfausweis sehe habe ich so rund zwanzig Impfungen bekommen.



    Da ich das hier schreibe habe ich überlebt.

    Wenn jetzt in dieser Situation das ganze aufgedrösel von Selbstbestimmung, Datenschutz losgeht, kann ich in DIESEM, speziellen Fall(Menschen sterben bzw. leiden lange) nur sagen:

    Rückwärts immer- vorwerts nimmer.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Ringelnatz1:

      Wir haben im Osten aber auch immer den richtig guten Stoff bekommen, Lebendimpfstoff ohne Streckmittel wie Impfverstärker.



      Als BCG geimpfte sind wir bei Corona sowieso im Vorteil...

  • Aus Datenschutzsicht also (fast) alles so falsch gemacht wie nur möglich. Dass sie den Datenschutzbeauftragten nicht von Anfang an im Boot haben ist wohl der grösste Klopfer.

    Das sendet die Message: "Eure informationelle Selbsbestimmung geht uns am Allerwertesten vorbei".

    Kein Wunder, dass dann die Verschwörungstheorien ins Kraut schiessen. Ich war sehr willig, mich impfen zu lassen -- als Beitrag zur Eindämmung der Ausbreitung von Covid-19. Das verdirbt mir jedoch einigermassen den Appetit.

    Haben die einen Knall?

    • @tomás zerolo:

      Wenn ihre Entscheidung, sich gegen eine Krankheit impfen zu lassen, die tödlich verlaufen kann und gegen die es keine Behandlung gibt, von einer Datenschutzrechtlichen Diskussion abhängt, dann wollten sie sich auch vorher schon nicht impfen lassen. Alles andere ist unlogisch. Denn das hieße ja, dass sie lieber sterben und/oder das Leben anderer gefährden, als dokumentieren zu lassen, dass sie geimpft wurden.

      • @Gnutellabrot Merz:

        "Denn das hieße ja, dass sie lieber sterben und/oder das Leben anderer gefährden, als dokumentieren zu lassen, dass sie geimpft wurden."



        In dem Fall, dass ich mich primär impfen lasse um andere zu schützen halte ich diese Überlegung auf jeden Fall für nachvollziehbar. Auch ist die Beschreibung "dokumentieren lassen" unzureichend, eine Dokumentation ließe sich ja auch anders erreichen, etwa im Impfpass. Bisher stand für mich außer Frage, dass ich mich impfen lassen würde sobald ein Vakzin verfügbar und die Risikogruppen versorgt sind, der Umstand damit dann unweigerlich in einer zentralen Datenbank erfasst zu werden ist noch kein definitives Argument dagegen aber auf jeden Fall Anlass diese Entscheidung nocheinmal neu zu überdenken.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Ich wills mal so sagen: die bösen Buben kriegen unsere Daten sowieso, warum die dann dem guten Zweck vorenthalten?

    Schaffen wir die private Krankenversicherung ab und machen eine Kasse für alle. Dann sollte der Datenhandel versiegen. Dann könnten wir viele Erkentnisse gewinnen. Zum Beispiel welchse Nebenwirkungen hat XYZ.

    Datenschutz wird zu oft für Vernebelungen missbraucht.