Quarantäne auf Nordseeinsel: 550 Euro für den Privatflug
Wangerooge-Reisende mit positivem Coronatest können nur mit dem teuren Privatflugzeug von der Insel. Gerade für Klassenfahrten wird das zum Problem.
Denn einfach abholen lassen von den Eltern is’ nicht: Wer nicht durchs Watt aufs Festland stiefeln will (was von Wangerooge aus eh verboten ist), der ist auf einer Insel naturgemäß abhängig von örtlichen Transportangeboten. Doch die Fähre nimmt positiv Getestete nicht mit. Und anders als individuell reisende Erwachsene können Schüler*innen ihren Urlaub auf der Insel auch nicht einfach um ein paar Quarantänetage verlängern.
Es bleibt: das Flugzeug, und nur das Flugzeug. 550 Euro kostet ein Privatflug über die kurze Strecke bis nach Harlesiel. Doppelt so viel in etwa wie sonst die ganze Klassenfahrt.
Andere Inseln, andere Lösungen. Das benachbarte Spiekeroog etwa stellt im Quarantänefall seit Sommer 2020 einfach einen Container auf die Fähre, in dem Infizierte gut abgesondert mitfahren können. Auch das kostet extra – aber nur etwa 90 Euro.
Keine Infos zum Kostenrisiko
Warum das in Wangerooge nicht geht, dafür will keiner recht verantwortlich sein. Betrieben wird die Fähre von der Deutschen Bahn. Deren Sprecherin ist empört: Mit der Entscheidung gegen einen Quarantänecontainer habe die Bahn nichts zu tun!, ruft sie ins Telefon. Das! Wäre! Aufgabe! des Gesundheitsamts im Landkreis! Der aber sieht die Verantwortung bei der Bahn, schließlich transportiere die grundsätzlich keine Infizierten. Als Landkreis Friesland könne man gar nix daran tun.
Fest steht, dass Landkreis und Kurverwaltung Urlaubende nicht vorab informieren. Online gibt es für Wangerooge zwar ausführliche Infos zum Umgang mit der Pandemie. Zum finanziellen Quarantänerisiko aber herrscht Schweigen.
Erschwert wird die Lage dadurch, dass Klassenfahrten momentan ohnehin ein Vabanquespiel sind. Das Risiko der Folgen einer Infektion wird allein dem Individuum aufgedrückt: Eltern allerorten sind im Fall der Fälle für die Rückholung ihrer Kinder zuständig, logistisch und finanziell.
Gesellschaftliche Verantwortung für die Veranstaltung von Klassenfahrten unter diesen Umständen übernimmt keine Institution: Krankenkassen zahlen nur, wenn die Infizierten per Krankentransport ins Krankenhaus müssen – bei schulpflichtigen Kindern zum Glück seltenst der Fall. Und auch Land und Schulbezirke – in Niedersachsen, aber auch anderswo – halten sich aus der Finanzierung raus; sie sichern sich über die Unterschrift der Eltern ab.
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Reise mit 30 Menschen eine Person infiziert ist, beträgt aktuell übrigens rund 70 Prozent; im Norden mit höheren Inzidenzen sind es sogar 82 Prozent. Ansteckungen auf der Fahrt kommen dann noch dazu. Die 550 Euro für einen Quarantäneflug jedenfalls sollte man im Klassenfahrtbudget ganz realistisch einberechnen. Vielleicht doch lieber Sylt?
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