piwik no script img

Q&A zur deutschen Corona-AppWarnung nur auf neuen Handys

Nützt sie was? Ist sie wirklich unbedenklich? Und wenn ja: Wer kann sie installieren? Fragen und Antworten zur Corona-App.

Test-Szenario Anfang Juni: Wie gut funktioniert die App im Fernverkehr? Foto: Fraunhofer IIS/dpa

Seit Dienstag kann die Corona-App installiert werden. Warum hat das so lange gedauert?

Ursprünglich war sie schon für April angekündigt – doch die Bundesregierung hat zwischendurch das Modell gewechselt. Während sie zunächst auf eine zentrale Datenspeicherung setzte, schwenkte sie im Mai zu einem für die Privatsphäre deutlich besseren, dezentralen Modell um.

Bleibt man bei der Nutzung wirklich komplett anonym?

Genau betrachtet funktioniert die App nicht anonym, sondern pseudonym. Denn theoretisch sind Szenarien möglich, in denen Menschen identifiziert werden. Zum Beispiel, wenn Person A einen Risikokontakt gemeldet bekommt, sich aber in den vergangenen 14 Tagen ausschließlich zu Hause aufhielt und nur Freundin X zu Besuch war. Dann ist klar: Freundin X war der Risikokontakt. Doch die App bietet immerhin eine starke Pseudonymität: Es werden weder Standorte noch Namen oder andere persönlichen Daten erfasst. Die mit anderen Geräten ausgetauschten IDs wechseln alle paar Minuten und werden nach 14 Tagen von den Geräten gelöscht. Auch Menschen, die Datenschutz sehr ernst nehmen, empfehlen darum die Installation, zum Beispiel die Linken-Netzpolitikerin Anke-Domscheit-Berg oder der Vorsitzende der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Ulf Buermeyer.

Wie viele Menschen müssen die App nutzen, damit sie wirkt?

Lange wurde unter Verweis auf eine Studie der Universität Oxford berichtet, dass die App erst dann funktioniert, wenn sie von rund 60 Prozent der Menschen genutzt wird. Eine so hohe (und völlig unrealistische) Zahl wäre aber nur erforderlich, um die Epidemie komplett zu stoppen. Verlangsamen lässt sich die Verbreitung schon mit deutlich weniger NutzerInnen; eine der beteiligten WissenschaftlerInnen sprach in der Süddeutschen Zeitung von etwa 15 Prozent. Kanzleramtsminister Helge Braun hält einen Schwellenwert generell nicht für sinnvoll. Klar sei, sagte er bei der Vorstellung der App: „Je mehr, desto besser.“

Wer kann die App nutzen?

Nicht jeder – denn dafür braucht man nicht nur ein Smartphone, sondern ein neueres: Beim I-Phone muss es Modell 6s oder neuer sein, bei Android ist mindestens Version 6.0 erforderlich. Das hat nicht die Bundesregierung zu verantworten, sondern Apple und Google: Sie bieten die notwendige technische Schnittstelle, mit der der Abstand zu anderen Geräten gemessen wird, erst ab diesen Modellen an. Android-Nutzer:innen müssen zudem die Google Play-Services aktiviert haben (was standardmäßig der Fall ist) und ein Konto bei Googles Play-Store haben. Wer sein Android also so konfiguriert hat, dass es ohne Google-Dienste läuft, ist außen vor.

Worauf muss man bei der Installation achten?

In den App-Stores sind diverse Apps zu Corona erhältlich. Damit man nicht aus Versehen ein Programm aus einem anderen Land oder eine Fake-App installiert, sollte man nach dem exakten Namen suchen: „Corona-Warn-App“ vom Robert Koch-Institut – oder man nutzt vom Mobilgerät direkt diese Links zum Apple-App-Store oder zum Google-Play-Store. Eventuell muss man vorher noch ein Update des Betriebssystems durchführen.

Wie funktioniert die Nutzung im Alltag?

Nach der Installation der App passiert zunächst nicht viel. Sie läuft still im Hintergrund und hält über die Bluetooth-Technik nach anderen Smartphones Ausschau, auf denen die App ebenfalls läuft. Das belastet die Batterie nach Angaben der Entwickler von SAP und Telekom kaum. Wenn man mehr als 15 Minuten weniger als zwei Meter von einem anderen Gerät entfernt ist, speichern beide Geräte einen Code. Die Abstandsmessung funktioniert nach Angaben der Entwickler in 80 Prozent aller Fälle korrekt.

Was passiert bei einem Alarm?

Abhängig von der Nähe und Dauer des Kontakts und der Infektiösität der Person, die nach dem Zeitpunkt des Tests ermittelt wird, errechnet die App ein „niedriges“ oder „erhöhtes“ Risiko. Wenn eine der gespeicherten Kontaktpersonen ein positives Testergebnis meldet, sendet die App eine Warnung. Damit kann man sich beim Hausarzt oder beim Gesundheitsamt melden, die dann einen kostenlosen Coronatest durchführen. Wurde man selbst positiv getestet, sollte man das in der App melden. Dazu braucht man einen Code, den man direkt vom Testlabor oder über eine spezielle Hotline erhält.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Apps im Google Playstore sind signiert. Es ist sichergestellt, dass eine App vom angegebenen Hersteller stammt und sie kann auch nicht nachträglich manipuliert werden, nicht einmal von Google selbst. Wer das anzweilfelt, glaubt auch an Magie. Bin übrigens selber App-Entwickler.

  • Was das mir neu zu tun hat kann ich nicht verstehen bei den genannten Modellen. iOS ist aktuell 13.5, soll jetzt Apple extra ein rollout eines alten iOS machen um die App zu installieren? Das ist bei iOS kein Treiber wie bei Windows sondern alles im OS eingebettet (wie bei Linux). Und Android: 6 ist so veraltet, damit würde ich nie online gehen. Ansonsten ist es Open Source, muss aber für jeden Hersteller einzeln angepasst werden. Go ahead! Oder: Ein neues Handy für 50 Euro sollte es wert sein, das alte kann man ja fachgerecht recyceln lassen. Zum anderen hat es schlicht mit der Hardware zu tun, BLE ist ein niedrig-Energiestandard, der erst seit 2011 existiert im Rahmen von Blauzahn 4.0.

    • @sachmah:

      War als Antwort auf Sancho, letzter Absatz gedacht.

  • I-Phone ab Modell 6s , Android Version 6.0, das hat nicht die Bundesregierung zu verantworten? Hat sie keinen Einfluss auf die Konzerne?

    Wer auf Google-Dienste verzichtet, ist außen vor? Hier könnte die Regierung Abhilfe schaffen, wenn sie nur wollte. Also will Herr Braun nicht und verzichtet einige auf Installationen.

    Der Quellcode der App soll öffentlich sein. Wer aber garantiert, dass Google oder Apple das aus diesem Quellcode generierte Programm anbietet und nichts anderes? Bei einem App-Store wie F-Droid wäre das eher gesichert.

    • @Sancho:

      Sehr witziger Kommentar. Auf die Hersteller einwirken. Das iPhone 6s ist mittlerweile gut fünf Jahre alt. Wäre es nicht von Apple, dann wären 85 Prozent geschätzt funktionsuntüchtiger Elektroschrott. Android ist eine freie Plattform, die aber für jedes Handy angepasst wird. Sollten Sie wissen wenn Sie f-droid erwähnen, Stichwort ist custom ROM. Das heißt es entweder selbst programmieren oder die gefühlt 200 Hersteller von Android Geräten bitten, an ihren min. 7 Jahren alten Geräten ein neues ROM zu machen, dass kompatibel ist.

      • @sachmah:

        Wow, ich muss mich also mit einem Haufen technoiden Dreck herumschlagen. Wozu? Ich bin User, nicht Nerd.



        Die Frage ist doch ganz einfach: wieviel Prozent der Bevölkerung besitzen ein Smartphone, auf das die App installierbar ist? Wenn eine relevante Zahl durch das Raster fällt, ist das Humbug.



        Und was ich generell schwierig finde, ist einen latenten Zwang zum fortlaufenden Kauf neuer Geräte zu befeuern. Aber vielleicht sehe ich das ja falsch, und wir alle sollten kräftig Handys "wumsen".