Putin in China: Kleiner Bruder, großer Bruder
Wladimir Putin reist zu Xi Jinping. Bei dem Besuch geht es um wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit. Verbündete aber wollen sie nicht sein.
Laut Kreml soll in Peking die „strategische Zusammenarbeit“ beider Länder besprochen werden, bevor Putin am Freitag weiter nach Harbin fährt. In dieser russischsten Stadt Chinas, die während der russischen Besetzung der Mandschurei von Russen gegründet wurde, soll Putin Ehrengast bei der Eröffnung der russisch-chinesischen Expo sein.
Putin und Xi wollen eine „Freundschaft ohne Grenzen“ pflegen, auch wenn die Hindernisse zwischen Russland und China, die eine 4.000 Kilometer lange Grenze teilen, auf der Hand liegen. Dabei diktiert China Russland seine Bedingungen dieser Freundschaft. Denn China ist eines der wenigen Länder, die ihre eigenen Technologien entwickeln können und sich aufgrund der russischen „Spezialoperation“ in der Ukraine nicht vollständig von Russland abgewandt haben.
Seitdem die westlichen Sanktionen gegen das russische Regime noch zugenommen haben, hat China sich zum wichtigsten Wirtschaftspartner Russlands entwickelt. Bereits 2016 war Peking der Haupttechnologielieferant für Moskau.
Auch politisch-militärisch wollen beide Partner sein. Bei seiner Rede während der Militärparade am 9. Mai, dem „Tag des Sieges“ in Russland über Nazi-Deutschland, hob Putin den „Widerstandsgeist und den Mut des chinesischen Volkes“ im Zweiten Weltkrieg hervor. Die Anti-Hitler-Koalition ließ er beiseite.
Moskau sieht sich zusammen mit Peking als Vorkämpfer gegen das „westliche Hegemoniestreben“. Sie machen gemeinsame Militärübungen, Moskau exportiert seine militärischen Produkte nach Peking und erlaubt den Chinesen die Weiterentwicklung russischer Komponenten für chinesische Rüstungsgüter.
Zu Verbündeten aber wollen beide nicht werden. Für beide wäre es zu risikoreich. Als solche müsste China bezüglich der Ukraine auf Russland einwirken. Das will Peking vermeiden, denn der Druck des Westens auf China ist groß.
Die Teilnahme an der von der Schweiz organisierten Friedenskonferenz sagte Xi Jinping jedoch indirekt ab und erweist Russland damit einen Bärendienst. Auch Moskau will sich in chinesische „Probleme“ nicht einmischen, weder in Indien noch in Vietnam oder dem Südchinesischen Meer. Schon gar nicht will es sich in der Taiwan-Frage klar positionieren. Die „Freundschaft ohne Grenzen“ ist hier sehr begrenzt.
Gazprom schreibt Minuszahlen
Die beiden Länder setzen vor allem auf wirtschaftliche Zusammenarbeit. Für Moskau ist das in Zeiten, da es seine Wirtschaft komplett umbaut und auf seinen Krieg in der Ukraine ausrichtet, eine der wichtigsten Aufgaben. Nicht allein die Rüstungsfabriken liefern das Geld, in erster Linie braucht es Einnahmen aus seinen Öl- und Gasverkäufen.
Zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert schrieb Gazprom, dieser staatlich kontrollierte Riese, Minuszahlen. Wegen des Krieges in der Ukraine hatte Gazprom seinen wichtigsten und einträglichsten Kunden verloren: die EU. Nun muss es sich umschauen – und tut dies in China.
Bereits seit mehreren Jahren laufen die Pläne für die Pipeline „Kraft Sibiriens 2“, die die Erdgasfelder Westsibiriens verbinden sollen. Bislang wurde Europa von dort versorgt. Doch allein für „Kraft Sibiriens 1“, Russlands wohl teuerste Pipeline, haben beide Seiten mehrere Jahre hart verhandeln müssen, bis 2019 die ersten Kubikmeter Gas vom Tschajanda-Feld in Sacha, dem größten russischen Föderationssubjekt, nach China flossen. Moskau reist mit einer großen Delegation nach Peking, alle wichtigen Minister und Unternehmensbosse sind dabei. Es dürfte verstärkt auch um „Kraft Sibiriens“ gehen.
Die Russen drängen seit Langem darauf, die Verhandlungen zur 3.550 Kilometer langen Röhre voranzubringen. Peking aber hat Zeit.
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