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Prozess um Mall of Berlin-ArbeiterGeneral vor Gericht

Viele Bauarbeiter der Mall of Berlin erhielten keinen Lohn, Prozesse versandeten.

Schon mehrfach wurde gegen die Ausbeutung auf der Baustelle protestiert Foto: dpa

Der Kampf um Gerechtigkeit kann auch positiv enden. Das zumindest ging Anfang November aus einem Beitrag auf labournet.de, einer Seite von Gewerkschaftslinken, hervor. Die ebenso überraschende wie herbeigesehnte Nachricht: Fünf Bauarbeiter des im Oktober 2014 eröffneten Einkaufszentrums Mall of Berlin am Leipziger Platz, die seitdem erfolglos um ihren ausstehenden Lohn kämpfen, sollen nun doch Geld erhalten.

Investor Harald Huth – der „König der Shoppingmalls“ – habe in einem Schreiben mitgeteilt: „Obwohl ich keine Verantwortung für die angeblich ausstehenden Löhne trage, erkläre ich mich daher dazu bereit, die Forderungen auszugleichen.“

Die Nachricht vorweihnachtlicher Barmherzigkeit entpuppte sich als Fake. Huth hat mit keiner Silbe angedeutet, für die ausstehenden Löhne der rumänischen Bauhelfer aufzukommen – und ließ sich auch von der falschen Ankündigung nicht moralisch in die Pflicht nehmen. Eine Anfrage der taz ließ Huth ebenso unbeantwortet.

Und dennoch können die Bauarbeiter weiter hoffen. Mit Ovidiu Mandrila hat erstmals jemand eine Lohnklage gegen die Bauherrin eingereicht. Mandrila hatte im August und September 2014 vertragslos fast 500 Stunden für ein Subunternehmen auf der Baustelle des etwa eine Milliarde Euro teuren Einkaufszentrums gearbeitet. Statt der versprochenen sechs Euro pro Stunde, erhielt er am Ende insgesamt nur etwa 200 Euro. Laut Tarifmindestlohn von 11,10 Euro stünden ihm jedoch sogar mehr als 5.000 Euro zu.

Am Freitag treffen die ungleichen Gegner – der entrechtete Hilfsarbeiter und das millionenschwere Unternehmen mit rund 90 Angestellten – erstmals vor dem Berliner Arbeitsgericht aufeinander, zunächst zu einem Gütetermin.

Der Berliner Anwalt Sebastian Kunz, der Mandrila vertritt, rechnet nicht mit einer Einigung. „Die Klageerwiderung der Gegenseite sieht nicht so aus, als käme man zusammen“, so Kunz gegenüber der taz. Im Klartext: Huth weist jede Verantwortung von sich. Wenn der Termin am Freitag ergebnislos endet, wird ein paar Monate darauf ein Kammergerichtstermin folgen – erst da sei dann mit einem Urteil zu rechen.

Von Kunz’ insgesamt sieben Mandanten konnten bereits fünf ihre Lohnansprüche vor dem Arbeitsgericht durchsetzen. Ihnen stehen demnach zwischen 4.000 und 5.000 Euro zu. Dennoch waren alle Versuche gescheitert, Geld bei jenen Firmen einzutreiben, für die die Arbeiter tätig waren. Die verklagten Subunternehmen Metatec Fundus Gmbh & Co. und Openmallmaster GmbH hatten Insolvenz angemeldet oder die Verantwortlichen waren für das Gericht nicht mehr auffindbar. Auch die für den Bau verantwortliche Generalübernehmerin FCL hat mittlerweile Insolvenz angemeldet.

Am Freitag treffen die ungleichen Gegner vor dem Arbeitsgericht aufeinander

Kunz hatte daraufhin im Oktober Klage gegen die Bauherrin HGHI Leipziger Platz GmbH & Co. KG eingereicht. Die Chancen auf einen Erfolg seien durch die erwirkten Titel in den Verfahren gegen die Subunternehmen deutlich gestiegen, so Kunz. Rechtlich geht es um die Frage der Generalunternehmerhaftung. Seit Einführung des Mindestlohngesetzes, haften Unternehmer, wenn ein von ihnen beauftragtes Subunternehmer den gesetzlichen Mindestlohn nicht zahlt.

Dass zumindest ein Teil der geprellten Bauarbeiter immer noch hoffen darf, ist auch ein Verdienst der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft Freie Arbeiter und Arbeiterinnenunion (FAU). Diese hatte sich der Männern angenommen, ihnen rechtlichen Beistand vermittelt und mit Protestaktionen auch über eine linke Unterstützerszene hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt. Die Bezeichnung „Mall of Shame“ – Einkaufszentrum der Schande – wurde zum geflügelten Wort.

In einer aktuellen Stellungnahme, in der auch zu einer Kundgebung am Freitag vor dem Gericht aufgerufen wird, schreibt die FAU: „Extreme Ausbeutung sollte nicht etwas sein, das man auf dem modernen Arbeitsmarkt einfach in Kauf nehmen muss.“ Viele Arbeiter seien dennoch ohne Lohn von der Baustelle abgereist. Auch deutsche Bauleiter hätten nur einen Teil ihres Lohns erhalten, sich aber nicht dagegen gewehrt.

Mandrila könnte nun der erste sein, der Erfolg hat. Für seinen Anwalt Kunz ist seine Klage auch ein „Testballon“. Gewinnt Mandrila, ziehen auch seine anderen Mandanten nach. Noch ist der Kampf um Gerechtigkeit nicht verloren.

Anmerkung der Redaktion:

In einer früheren Version haben wir fälschlich behauptet, dass die „HGHI Holding“ und Harald Huth persönlich verklagt worden seien.

Gegendarstellung des Herrn Harald Huth zum Beitrag „General vor Gericht“ vom 16.12.2016

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