Prozess gegen rechtsextreme „Gruppe S.“: Rechtsextremer im Zeugenschutz
Der Hamburger Rechtsextreme Thorsten K. war V-Mann der Sicherheitsbehörden. Nun ist er im Zeugenschutz des LKA Hamburg.
E rst war es nur ein Verdacht, nun ist er bestätigt: Der Rechtsextreme Thorsten K. war V-Mann der Sicherheitsbehörden. Im Verfahren gegen die „Gruppe S.“ vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung hat ein Hauptkommissar des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg ausgesagt, dass K. im Zeugenschutz des LKA Hamburg ist.
Am 13. April 2021 begann die Hauptverhandlung vor dem Landgericht gegen 12 Personen der „Gruppe S.“. Der Generalbundesanwalt wirft ihnen vor, Anschläge auf Politiker:innen, Asylsuchende und Moscheen geplant zu haben, um durch einen Bürgerkrieg die Bundesregierung zu stürzen.
Die Gruppenbezeichnung leiteten die Ermittelnden von Namen des Anführers Werner S. aus Mickhausen ab. Die Gruppe flog durch Paul-Ludwig U. auf, der als Mitglied der Polizei die Hinweise gab. Aber der war nicht der einzige V-Mann in dem Netzwerk.
Am 73. Verhandlungstag verhandelte das OLG auch die Rolle von Thorsten K. Als Zeuge sagte der Hauptkommissar des LKA Baden-Württemberg unter Eid aus, er habe versucht, die Adresse von Thorsten K. zu ermitteln, habe aber im Melderegister keine Auskunft erhalten. Über die Bürgermeisterin von Bad Bramstedt habe er erfahren, „dass sich K. im Zeugenschutz des LKA Hamburg befindet“.
Jahrelang war der 60-Jährige aus Bad Bramstedt in der rechtsextremen Szene aktiv. In Hamburg hat er die „Merkel muss weg“-Demos mitorganisiert und in Schleswig-Holstein Security-Aufgaben bei AfD-Veranstaltungen übernommen. Zusammen mit Thomas „Togger“ G. aus Hamburg und Ralph E. aus Witzhave soll er versucht haben, sich der „Gruppe S.“ anzuschließen. Sie gründeten eine Chatgruppe namens „Besprechungs-Zimmer“, um ein Treffen mit Werner S. zu planen.
Im Januar ging Werner S. offenbar davon aus, dass die drei zu einem Treffen kommen. Thorsten K. soll sogar überlegt haben, seine Lebensgefährtin einzuladen. Sie reisten aber nicht an. Zufall? Alle Anwesenden des Treffens kamen in Untersuchungshaft und waren von Razzien betroffen. Weder Ralph E., der 2018 für die AfD zur Kommunalwahl im Kreis Stormarn angetreten war, noch Thomas G., der mit der „Identitären Bewegung“ Kampfsportübungen durchführte, oder Thorsten K. sind angeklagt.
Bereits im April 2022 wollte die Bürgerschaftsfraktion der Linkspartei in Hamburg Auskunft über Thorsten K. erhalten. Der Senat verweigerte jedoch eine Antwort. In einer Kleinen Anfrage fasste der innenpolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Deniz Celik, erneut mit dem Hinweis nach, dass in der Öffentlichkeit nun „umfassende Indizien“ für die Tätigkeit bei den Sicherheitsbehörden vorlägen.
Die Antwort: „Der Senat nimmt zu Fragen über die Aufnahme einzelner Personen in das Zeugenschutzprogramm aus grundsätzlichen Erwägungen keine Stellung.“ Das gelte sowohl für Positiv- als auch für Negativauskünfte. „So kontrolliert die Exekutive die Legislative und schützt ihre V-Leute – letztlich auch vor Strafermittlung“, twitterte das Hamburger „Bündnis gegen Rechts“.
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