Justizminister will feste Regeln: V-Leute an die kurze Leine

Bisher gibt es fast keine Regeln für V-Leute bei der Polizei, Justizminister Buschmann will das per Gesetz ändern. Die SPD reagiert zurückhaltend.

Buschmann

Justizminister Buschmann Foto: Britta Pedersen/dpa

BERLIN taz | Es herrscht bisher weitgehend Laisser-faire: Anders als beim Verfassungsschutz gibt es für Vertrauens-Personen (V-Personen) bei der Polizei fast keine Einsatzvorgaben. Nun legt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einen Gesetzentwurf vor, um feste Regeln vorzugeben. Doch es gibt auch Gegenwind aus der Ampel.

Laut des Gesetzentwurfs, welcher der taz vorliegt, soll es für jeden Einsatz der V-Personen künftig einen Richtervorbehalt geben. Auch dürfen keine Minderjährigen oder Po­li­zis­t:in­nen angeworben werden oder Personen, die Straftaten begangen haben, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet wurden. Auch Personen, die ihren Lebensunterhalt maßgeblich durch die Honorare für die Spitzeltätigkeit finanzieren würden, scheiden aus. Grundsätzlich soll nach fünf Jahren ein Einsatz von V-Personen beendet werden.

Im Einsatz selbst soll ein Eindringen der V-Leuten in den „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ der Zielpersonen ausgeschlossen werden. Dies betrifft auch das Eingehen von intimen Beziehungen, wie es etwa der britische Polizeispitzel Mark Kennedy in Deutschland tat. Auch wenn eine V-Person Straftaten begeht, soll deren Einsatz beendet werden – es sei denn, es handelt sich um eine „Notsituation“.

Offener sind die vorgesehenen Regeln, wenn V-Leute andere Personen bei Taten bestärken. Dies sei als „absolute Ausnahme“ zulässig, so der Gesetzentwurf. Dabei dürfe aber der Tatplan nicht originär ausgelöst werden und die Tatbereitschaft des Komplizen nicht „erheblich“ bestärkt werden – etwa indem Druck auf die Person ausgeübt oder diese gehindert wird, aus einer Straftat auszusteigen. Geschieht dies doch, darf die andere Person dafür nicht mehr bestraft werden.

Auch für Verdeckte Ermittler – also Polizist*innen, die unter Tarnlegende in kriminelle Milieus eingeschleust werden – werden die Regeln angepasst. Für ihren Einsatz gilt künftig ebenso ein Richtervorbehalt.

Jährliche Berichte an den Bundestag

Auf der anderen Seite wird die Polizei nun auch gesetzlich nochmal verpflichtet, die Identität der V-Personen zu schützen – auch über das Ende des Einsatzes hinaus. Und vor Gericht sollen die V-Leute die Aussage verweigern können, wenn Fragen ihre Identität aufdecken könnten. Neu ist auch, dass der Bundestag jährlich und anonymisiert über die Einsätze der V-Personen informiert werden soll. Zudem sollen Zielpersonen nach Ende der Einsätze erfahren, dass sie ausgespäht wurden.

Das Justizministerium begründet die Regeln mit den „sehr schwerwiegenden Grundrechtseingriffen“, die durch die V-Leute entstünden. Eine gerichtliche Kontrolle sei „bisher nur in Ansätzen gewährleistet“. Bereits nach dem NSU-Desaster waren strengere Regeln für V-Leute eingefordert worden. Später sorgte der V-Mann „Murat Cem“ für Schlagzeilen, der 20 Jahre lang für die Polizei in Nordrhein-Westfalen arbeitete und Kontakt zum islamistischen Attentäter Anis Amri hatte.

Buschmann legte den Gesetzentwurf nun dem Innenministerium von Nancy Faeser (SPD) vor. Dort gibt man sich zugeknöpft. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, erklärt eine Sprecherin nur. In Ermittlerkreisen fürchtet man, dass V-Leute-Einsätze durch die neuen Regelungen erschwert werden könnten.

Die SPD reagiert reserviert

Diese Sorge artikuliert auch SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler. Er werde den Gesetzentwurf daran messen, ob er der Polizei gute Ermittlungsmaßnahmen ermögliche, sagte Fiedler der taz. „Insbesondere die riesigen Bedrohungen durch die Organisierte Kriminalität erlauben es nicht, dass die Polizei hier ins Hintertreffen gerät.“ Die Polizei sei auf V-Personen, verdeckte Ermittler, Onlinedurchsuchungen oder das Abhören von Kommunikation, verschlüsselt und unverschlüsselt, angewiesen. „Davon hängt unser aller Sicherheit mit ab. Plänen, rechtliche Hürden höher zu setzen als es die Verfassung gebietet, würde ich mich vehement entgegenstellen“, so Fiedler.

Der FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin sagte dagegen der taz: „Der Gesetzentwurf greift ein wichtiges Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag auf und schließt eine gravierende Gesetzeslücke.“ In der Vergangenheit herrschten bei Einsätzen von V-Personen „zu oft Wild-West-Manieren“, welche die Justiz immer wieder vor Probleme stelle.

Auch der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich sagte der taz, „der Einsatz von V-Personen ist zu einem absoluten Wildwuchs verkommen“. „Das ist unseres Rechtsstaates nicht würdig.“ Es brauche für die Einsätze „endlich ein solides rechtsstaatliches Fundament und genau das setzt der Gesetzesvorschlag nun um“. Auch das Bundesverfassungsgericht habe das angemahnt. Mit dem Gesetz gehe man „einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Legitimität und Rechtstaatlichkeit“.

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