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Proteste verunsichern VerwaltungHamburger Behörde kriegt gerade noch die Kurve

Andreas Speit
Kommentar von Andreas Speit

Alice Weidel wird am Donnerstag im Hamburger Rathaus sprechen. Die Versammlungsbehörde wollte angekündigten Protest in Sicht- und Hörweite untersagen.

Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende, kommt ins Hamburger Rathaus: Draußen wird lautstarker Protest zu hören sein Foto: Sebastian Kahnert/dpa

D ie Kanzlerkandidatin kommt ins Hamburger Rathaus. Am Donnerstag wird Alice Weidel bei dem Event „Fraktion im Dialog“ erwartet, das die AfD-Fraktion dort regelmäßig ausrichtet. In Hör- und Sichtweite oft begleitet von Demonstrationen. Die AfD-Chefin wiederum hätte unbehelligt von Protest über Leistungsbeziehende und Geflüchtete hetzen dürfen: Die Versammlungsbehörde hatte dem Hamburger Bündnis gegen Rechts untersagt, eine Zwischenkundgebung an der Mönckebergstraße/Ecke Bergstraße abzuhalten – also in Sicht- und Hörweite zum Rathaus.

Stattdessen hätten sich die Demonstrierenden am Gerhart-Hauptmann-Platz versammeln sollen. Das ist zwar nur ein Unterschied von rund 300 Metern Luftlinie, aber der hätte eben bedeutet, dass jene, gegen die sich der Protest richtet, nichts davon mitbekommen hätten. Der Verwaltungsakt hätte also die Intention des Protests torpediert, der Normalisierung der in Teilen gesichert rechtsextremen AfD etwas entgegenzusetzen.

Der Partei, die Demokratie und Parlamentarismus verachtet, wird vorauseilend entgegengekommen. Nun ist 2025 und nicht 1931. Klar. Aber man könnte sich heute daran erinnern, wie richtig Kurt Tucholsky mit seinem ironisch verdichteten Hinweis damals lag, dass es nicht gegen Rechtsextreme helfe, ihnen „Rosen auf den Weg“ zu streuen und „sie lieb und nett“ zu behandeln.

Versammlungsbehörde hat ein Einsehen

Die Hamburger Versammlungsbehörde hat sich am Dienstag schließlich doch noch eines Besseren besonnen und die Auflagen zurückgenommen. Zum Glück. Dennoch zeigt sich in dem Hin und Her eine Unsicherheit von Verwaltung und Behörden im Umgang mit der AfD, die spätestens seit dem Bundesparteitag im sächsischen Riesa ausgeräumt sein müsste.

In dem Hin und Her zeigt sich eine Unsicherheit von Verwaltung und Behörden im Umgang mit der AfD

Alice Weidel hat ihre Rhetorik zwar schon längst an die von Björn Höcke & Konsorten angeglichen. Auf dem Parteitag aber wurde es nun wirklich für alle deutlich. Zum Beispiel, als sie in ihrer Schmährede auf Windräder forderte: „Nieder mit diesen Windmühlen der Schande!“ Bereits 2017 hatte Höcke das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet. Zufall? Wohl kaum. Und die vorgefertigten Schilder mit der Botschaft „Alice für Deutschland“, die Delegierte beim Parteitag hochhielten, erinnern bloß zufällig an den von Björn Hocke reaktivierten SA-Slogan „Alles für Deutschland“? Wohl kaum.

Spätestens der Parteitag in Riesa hat deutlich gemacht, wie radikal die AfD ist. Das sollte Behörden und Verwaltungen endlich dazu bewegen, ihre Gangart gegen die Geg­ne­r*in­nen einer parlamentarischen Demokratie zu überdenken. Der Weg ist aber noch weit, wenn man sich aktuelle Entscheidungen in Verwaltungen anschaut. Das Bezirksamt Nord zum Beispiel verweigert dem Hamburger Bündnis gegen Rechts derzeit die Auskunft darüber, wo die AfD im Wahlkampf ihre Infostände aufbaut. Das Bündnis lässt die Rechtslage prüfen.

Die Zivilgesellschaft ist unterdessen längst auf den Straßen – und zwar nicht, um den Rechtsextremen Rosen auf den Weg zu streuen.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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10 Kommentare

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  • Alice Weidel wird merken, dass Hamburg kein Bock auf sie hat. Und das darf man auch in der Nähe des Rathauses öffentlich sagen. Man muss das öffentlich sagen, diese AfD ist rechtsextremer Mist und Alice Weidel eine scheinheilige, üble Hetzerin, die sich der Nazi-Rhethorik bedient.

  • Ich finde es nicht unbedingt sinnvoll wenn in HH in den Seitenstrassen ein paar Hundert Demonstranten unterwegs sind wenn Nazi-Alice redet. So kurz vor den Wahlen wäre eine nationale Empörung angebracht, Demos gegen Rechts, Nazis und AfD, in allen Städten, quer durch das Land. Und das sollte anhalten, denn eines gilt es dringend zu verhindern: Alice im Naziland 2029.

    • @maestroblanco:

      Es gibt viele Proteste gegen Nazi Alice und die AfD, die Partei hat aber leider von Oberneonazi Michael Kühnen gelernt, der sagte, es gibt gar keine schlechte Presse, jede Berichterstattung ist nützlich. Die AfD dreht das sogar noch höher, die inizieren sich dann als wahre Demokraten, kriegen die Minuten im TV, Radio und in den Social Media, wo sie Aufmerksamkeit bekommen. Natürlich muss man weiter gegen sie demonstrieren und machen, was man kann, aber es ist verdammt schwierig geworden. Bis 2029 dürfte die AfD verboten worden sein, wenn das so weitergeht, wie bisher.

  • Mir ist aufgefallen, dass auf dem Parteitag der AfD links und rechts des Rednerpultes jeweils 8 Deutschlandfahnen aufgestellt waren. Zufall?

  • Früher wie heute darf sich der Faschismus der Sympathien der öffentlichen Verwaltungen gewiss sein. Die Banalität des Bösen halt. Es ist Zeit sich um seinen antifaschistischen Selbstschutz zu kümmern, auf diesen Staat ist wie schon auf den von Weimar kein Verlass

  • "Die Versammlungsbehörde wollte angekündigten Protest in Sicht- und Hörweite untersagen. "

    George W. like protest zones!!



    Hrhr, ich sag es ja immer wieder, wir sind ca. 20 Jahre hinter den USA in allen schlechten Entwicklungen, bzw. allgemein.

    > en.wikipedia.org/wiki/Free_speech_zone

    Nicht dass es nicht eigentlich schon Alltag bei Demonstrationen hierzulande war/ist, durch die teils massive räumliche Trennung von Demonstranten und Gegendemonstrangen müssen die sich meist nicht mit den Anderen auseinandersetzen.

    Mal ehrlich, welchen Sinn macht es mit 100-150 m in einer Seitenstraße zu stehen während deine Adressaten auf der Haupstraße vorbei ziehen, zwischendrinn militarisierte Poizei?

    Never mind, die Bannmeilen :-O .

    • @Pleb:

      Es mag uns allen nicht gefallen: Aber auch die Afd hat das recht, auf Kundgebungen vor Übergriffen von Andersdenkenden geschützt zu werden.

      • @Krumbeere:

        Und ab wann gilt das Recht zur Gefahrenab- und Notwehr für Menschen mit Migrationshintergrund?



        Erst wenn die "wohltemperierte Grausamkeit" Verletzte fordert? Oder ist das dann Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, weil gesetzlich vorgesehen?



        Nie wieder ist jetzt, bla bla bla.



        Opportunisten sind die ekligsten Nazis.



        Mitläufer und Schreibtischtäter entlarven! Krumbeeren pflücken und die Sträucher niederbrennen!

        • @KnorkeM:

          Ich weiss ja nicht, warum sie mich jetzt beleidigend in irgendwelche Schubladen stecken wollen....



          Es geht hier einzig und allein um das Demonstrationsrecht.



          Auch die Afd hat das recht zu demonstrieren und während der Demo geschützt zu werden wie umgekehrt genauso. Das nennt man DEMOKRATIE. Man muss die braune Soße nicht mögen oder sie sogar verachten, aber der Staat muss sie vor gewaltbereiten Gegendemonstranten beschützen. Alles andere wäre Willkür und mündet irgendwann in Anarchie. Was das mit Opportunismus oder Schreibtischtäter etc. zu tun haben soll ist mir schleierhaft. Kommen sie mal emotional runter und betrachten das ganze sachlich.....

        • @KnorkeM:

          Ich weiss ja nicht, welcher Kobold sie da gerade reitet...



          Es geht hier ganz nüchtern um den Schutz von Politikern und/oder Demonstranten vor gewalttätigen Übergriffen der Gegenseite. Ob es uns passt oder nicht: Der Staat muss auch den Demonstranten und Politikern mit braunen Mäntelchen Schutz gewähren. DAS ist Demokratie.



          Demonstranten niederknüppeln stachelt die Wähler nur noch zu mehr "jetzt erst recht !"auf. Überzeugt die Menschen, die solches Gesindel wählen, das sie aufs falsche Pferd setzen, das ist der einzig gangbare Weg.