Proteste in Tschad: „Kriegswaffen“ gegen Demonstranten

Mehrere Menschen sterben bei Protesten nach der Machtübernahme des Militärs. Der neue Machthaber Mahamat Idriss Déby verspricht Dialog.

Zwei Männer vor Feuer und Rauch auf der Straße, einer hält ein Plakat hoch

N'Djamena versinkt in Gewalt: In Tschads Hauptstadt wird auf Demonstranten geschossen Foto: Sunday Alamba/ap/dpa

BERLIN taz | Eine Woche nach der Machtübernahme des Militärs in Tschad regt sich Widerstand. Mindestens fünf Menschen wurden am Dienstag bei der Niederschlagung von Demonstrationen gegen das neue Militärregime getötet.

Vier Menschen starben nach amtlichen Angaben in der Hauptstadt N'Djamena, einer in der Stadt Moundou im Süden des Landes. Zu den Toten in N'Djamena gehöre eine von Demonstranten getötete Frau, erklärte die Staatsanwaltschaft am Abend. Es gelang den Demonstranten nicht, sich zu größeren Versammlungen zusammenzutun; schon kleinere Menschenansammlungen wurden mit Gewalt aufgelöst, berichteten Augenzeugen.

Die unabhängige Menschenrechtsorganisation CTDDH (Tschadischer Konvent zur Verteidigung der Menschenrechte) zählte neun Tote, davon sieben in der Hauptstadt und zwei in Moundou, außerdem 16 Verletzte. Ein 19-Jähriger sei in N'Djamena durch einen Bauchschuss der Polizei getötet worden, auch in Moundou habe die Polizei Menschen erschossen. Es handle sich um einen „unverhältnismäßigen Einsatz von Kriegswaffen gegen eine unbewaffnete Bevölkerung“, so die CTDDH in einer Erklärung.

Für Mittwoch kündigten Oppositionsgruppen neue Proteste an. Tschad wird seit Dienstag vergangener Woche von einem Militärrat regiert, nachdem der langjährige Präsident Idriss Déby bei einem Besuch an der Front gegen aus Libyen eingerückte Rebellen getötet worden war. Sein Sohn Mahamat Idriss Déby ist jetzt Präsident an der Spitze des Militärrats für eine verlängerbare Zeit von 18 Monaten.

Marcon verurteilt „Repression“

Dies widerspricht der tschadischen Verfassung, wonach der Tod des Präsidenten eine Übernahme seines Amts durch den Parlamentspräsidenten und Neuwahlen nach spätestens 90 Tagen bedeutet, und wird daher von der zivilen und militärischen Opposition abgelehnt.

Mahamat Idriss Déby kündigte am Dienstagabend in einer Fernsehansprache einen „inklusiven nationalen Dialog“ an und empfing Vertreter politischer Parteien zu Gesprächen. Die Afrikanische Union (AU) kündigte eine Vermittlungsmission in Tschad an.

Der neue Machthaber Tschads sah sich zunächst bestätigt dadurch, dass zahlreiche Präsidenten, darunter Emmanuel Macron aus Frankreich, am Freitag zur Trauerfeier für seinen getöteten Vater nach N'Djamena gereist waren und sich mit ihm zu Gesprächen trafen. Doch in der Nacht zu Mittwoch verurteilte Macron die „Repression“ gegenüber den Demonstranten und verlangte einen „friedlichen, demokratischen und inklusiven“ Übergang.

In N'Djamena befindet sich eine der wichtigsten ausländischen Militärbasen Frankreichs, von der aus der Antiterrorkampf in der Sahelzone kommandiert wird. Deswegen hat Frankreich ein großes Interesse an Stabilität in Tschad.

Noch ist unklar, ob die verschiedenen Rebellengruppen Tschads ihre Drohung wahr machen und auf die Hauptstadt marschieren, um Mahamat Idriss Déby zu stürzen. Berichten zufolge sollen die aus Libyen einmarschierten Rebellen der FACT (Front für Wandel und Eintracht in Tschad), im Kampf gegen die Idriss Déby gefallen war, mittlerweile Ziel französischer Luftangriffe geworden sein.

Zugleich wuden am Dienstag Kämpfe mit islamistischen Rebellen am Tschadsee rund 100 Kilometer nördlich von N'Djamena gemeldet. In dieser Region ist die nigerianische Terrorgruppe Boko Haram basiert.

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