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Proteste in IsraelSchuld ist Netanjahu

Judith Poppe
Kommentar von Judith Poppe

Sie werden zum Sündenbock für Corona gemacht. In Israel verschärft sich die Gewalt gegen Demonstrant*innen, die den Rücktritt von Netanjahu fordern.

Mit Maske und Botschaft: Demonstrantin in Tel Aviv Foto: dpa

G ewalt gegen die De­­­­­mons­­tran­t*in­nen, die den Rücktritt des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu fordern, ist schon seit Beginn der Proteste zu beobachten. Schon vor Monaten schlugen etwa rechte Hooligans mit zerbrochenen Glasflaschen auf Netanjahu-Gegner*innen ein. Doch vergangene Woche, nachdem ein Gesetz zur Beschränkung der Demonstrationen verabschiedet wurde, nahmen die Ausschreitungen dramatisch zu: Am Donnerstag fuhr ein Gegner der Proteste in eine Menge von Demonstrant*innen in Tel Aviv.

Am Samstag schnitt ein Spaziergänger einer Demonstrantin in Jerusalem in die Wange; eine 81-Jährige, die gegen den Premier auf der Straße war, soll zu Boden geworfen worden sein; in der Stadt Pardes Hanna Karkur wurde einer Demonstrantin die Hand gebrochen. Ähnliches wird aus Jerusalem, Holon und Haifa gemeldet.

Für diese Zunahme an Gewalt ist nicht zuletzt Netanjahu verantwortlich. Er hetzt gegen die Demonstrationen, bezeichnet sie als eines der „zerstörerischsten Dinge im Land“ und behauptet, sie brächten „Corona und Anarchie hervor“. Eine bedrohliche Situation, die die derzeitig gigantisch hohen Infektionszahlen darstellen, instrumentalisiert er so für seine eigenen Zwecke: die Demonstrationen zu zerschlagen.

Es ist verständlich, dass Israelis Sorge vor einer weiteren Ausbreitung und einer Ansteckung mit dem Coronavirus haben. Es liegen jedoch keinerlei Beweise für Netanjahus Dämonisierungen vor. Die Proteste finden draußen statt, die allermeisten der Netanjahu-Gegner*innen tragen Maske und achten auf Abstand.

Das Anti-Netanjahu-Lager zum Sündenbock zu machen ist lächerlich, zumal Netanjahu die katastrophale Coronasituation mitverursacht hat. Er hat seinen ultraorthodoxen Koalitionspartnern in Sachen Corona seit Monaten weitreichende Zugeständnisse gemacht und so zu den enormen Infektionszahlen beigetragen.

Netanjahus Politik der Spaltung hat bittere Folgen: ein dysfunktionales politisches System, ein tiefer Riss, der durch die Gesellschaft geht, und Gewalt gegen seine Gegner*innen.

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23 Kommentare

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  • Ich weiß ja nicht, was in Deutschland los wäre, würde es 9000 Neuinfektionen pro Tag geben.

    • @Jim Hawkins:

      Es würden bestimmt nicht Rechte auf Gegner von Merkel einschlagen.

      Netanjahu ist das israelische rechte nationalistische Pendant zum Tumpeltier in usa. Er spiel die gleichen Spielchen, stellt jeden Protest in die anarchistische extremistische Ecke.

      • @Rudolf Fissner:

        Stimmt, bei uns gibt es ja keine Rechten, die Linke angreifen.

        • @Jim Hawkins:

          Herr Fissner meint m. E. völlig zurecht, dass in D keine Rechten in Muttis Namen auf linke Proteste einschlagen täten. Sie greifen bei uns aus anderen Gründen an. Heißt: In Israel gibt es Rechte, die sichauf Netanjahu, sprich: den rechten, nationalistischen, zunehmend sich autokratisch gebärdenden Obermotz berufen. Das ist ausgesprochen hässlich. Hier finden die Rechten wenigstens keine Legitimation bei unser aller Cheffin.

          • @Karl Kraus:

            Ja, da ist was dran. Hier sind es ja eher die Rechten, die mit "Merkel muss weg" unterwegs sind.

            Dann sage ich mal: Gott sein Dank haben wir Merkel. Wenn auch nicht mehr lange.

        • @Jim Hawkins:

          ? Was haben Sie an dem Satz im Artikel "Schon vor Monaten schlugen etwa rechte Hooligans mit zerbrochenen Glasflaschen auf Netanjahu-Gegner*innen ein. " nicht verstanden ?

          • @Rudolf Fissner:

            Und was haben Sie an meinem Satz nicht verstanden?

            Und so ging es dann den ganzen Abend...

            • @Jim Hawkins:

              Was ich dagegen habe: Sie relativieren die Unterstützung des Nationalisten Nethanjahus durch Rechte. Was haben Sie daran nicht verstanden?

              • 9G
                90564 (Profil gelöscht)
                @Rudolf Fissner:

                ein "nationalist" wird von "rechten" unterstützt? wie sollte man solche eine naheliegende offensichtlichkeit "relativieren"? was kommt als nächstes? rechte wählen die afd, linke eher nicht?



                und in den 90gern sind auch schon linke von kohl-fans verdroschen worden

                • @90564 (Profil gelöscht):

                  "und in den 90gern sind auch schon linke von kohl-fans verdroschen worden"

                  Wollen Sie damit Überfälle von Rechten mit zerbrochenen Glasflaschen auf Netanjahu-Gegner relativieren?

                  • 9G
                    90564 (Profil gelöscht)
                    @Rudolf Fissner:

                    meine fragen sind ihnen zu kompliziert? wie unhöflich.



                    wollen sie die angriffe auf linke durch kohlfans "relativieren" (zu zeiten, als es weder eine pandemie in, einen wirtschaftszusammenbruch, noch terrorangriffe auf deutschland gegeben hat)? und ja, ich will das kontextualisieren und in relation setzen, wieso auch nicht?



                    ps ich find beitars la familia oder lehava etc scheisse und gefährlich, aber israel im krisenmodus dürfte für linke israelis ungefährlicher sein, als die sächsische schweiz, ohne krisenmodus

                    • @90564 (Profil gelöscht):

                      Nein ihre fragen sind mir nicht zu kompliziert. Nur Ihre Relativierung rechter Gewalt mittels zerbrochener Glasflachen gegen Netanjahu-Gegner mittels irgendwelcher herbeigezauberten "verdrescherreien" von Linken durch "kohl-fans" in DE geht mir gegen den Strich.

                      Diese üblen Übergriffe durch Rechte in Israel sind hier der Diskussionsgegenstand den Sie mit unterstellenden absurden Rückfragen. weiterhin relativeren und verwässern.

                      Sie reagieren auf die Benennung von Übergriffe von Rechten in Israel wie der Spiegel bei Braunwitchen " Aber hinter den sieben Bergen, bei den sieben Braunhansels, da ist jemand der ist noch viel rechter als ?"

                      Lassen sie es als doch bitte sein, das "?" weiterhn zu verteidigen.

                      • @Rudolf Fissner:

                        Wenn Übergriffe durch Rechte in Israel hier Gegenstand sind, warum relativieren *Sie* in Ihrem allerersten Kommentar zum Thema?? Sie schreiben, Netanjahu sei das Pendant zu Trump in den USA.



                        Ich dachte, in diesem Artikel geht es um Israel und Netanjahu?

                      • 9G
                        90564 (Profil gelöscht)
                        @Rudolf Fissner:

                        ich "verteidige" nicht, ich kontextualisiere, wenn ihnen nicht klar ist, dass die aktuelle situation in israel deutlich dramatischer ist als hier (bzw in den 90gern war), dann....... wundert mich das leider nicht

                • @90564 (Profil gelöscht):

                  Kommentar entfernt. Bitte diskutieren Sie sachlich und halten Sie sich an die Netiquette.



                  Die Moderation

        • 9G
          90564 (Profil gelöscht)
          @Jim Hawkins:

          dont feed .....!

          • @90564 (Profil gelöscht):

            sourself!

            • @Rudolf Fissner:

              Kinder, nicht mehr zanken, mkay?

  • Es hat schon seinen Grund, weshalb Netanjahu unter den Demonstranten den Spitznamen "Bibi Trump" bekommt. Die Idee der gesellschaftlichen Spaltung zur Festigung der (vorläufigen) Macht funktioniert nicht nur in den USA.

    • @Markus Wendt:

      Und worin äußert sich diese Spaltung?

  • Zitat: „die allermeisten der Netanjahu-Gegner*innen tragen Maske und achten auf Abstand.“

    Das unterscheidet sie von den regierungsgegnerischen Protestlern in Belarus und Bulgarien...

  • Ich kann verstehen daß Leute, die aus mir unerfindlichen Gründen freiwillig Juden sind, sich lieber wieder in Deutschland ansiedeln, wenn sie sich etwas genauer ansehen, wofür der israelische Staat steht.

    • @Picard:

      Offener Antisemitismus, Kategorie Menschenfreund...

      Und dann auch noch ein Argument, das sachlich falsch ist.

      "Die Anzahl der Israelis in Deutschland bleibt aber relativ stabil, es gibt keine große Migration mehr. Die Anzahl von Deutsch-Israelis nimmt jedoch immer mehr zu. Es handelt sich meistens um Kinder mit deutschem und israelischem Elternteil. Etwas mehr als die Hälfte aller verheirateten Israelis sind mit deutschen Nicht-Juden verheiratet."

      www.deutschland.de...eber-die-migration