Proteste gegen Mox-Transport: "Kleine Scharmützel"
In der Nacht zu Montag ketteten sich Aktivisten vor dem AKW Grohnde an, um gegen die hoch radioaktiven Mox-Transporte auf das Kraftwerk-Gelände zu protestieren.
GÖTTINGEN taz | Sechs Tage nach dem Start des Transports im britischen Hafen Workington war es vollbracht: In der Nacht zu Montag, wenige Minuten nach Mitternacht, rollten zwei Lastwagen auf das Gelände des Atomkraftwerks Grohnde – ihre Ladung: Brennelemente aus plutoniumhaltigem Mischoxid (Mox). Hartnäckige Proteste begleiteten strahlende Fuhre auch auf dem letzten Teilstück durch Niedersachsen.
Die Aktionen konzentrierten sich dabei auf die Umgebung des AKWs. Dort hatten Aktivisten bereits am Freitagabend ein Camp aufgebaut, Samstagmorgen zogen Demonstranten an mehreren Stellen zu Mahnwachen auf. Unterstützung bekamen sie von mehr als 50 Landwirten aus dem Wendland, die mit ihren geschmückten Traktoren in einem Konvoi an die Weser gekommen waren.
Nachdem die Mox-LKWs am Sonntagnachmittag in Nordenham losgefahren waren, verstärkten die Umweltschützer ihre Proteste rund um Grohnde. Immer wieder versperrten sie mit Sitzblockaden und teils ineinander verkeilten Traktoren die Straßen zum Atomkraftwerk. Zwei Frauen ketteten sich in einem 450 Kilogramm schweren Betonfass an. Andere Demonstranten kletterten auf Bäume, spannten Seile über Straßen oder stellten Holzkonstruktionen auf die Fahrbahn. Vorübergehend seien alle Zufahrten blockiert gewesen, sagte gestern Tobias Darge von der Regionalkonferenz „Grohnde abschalten“.
Uran und Plutonium enthalten die Mischoxid (Mox)-Brennelemente, die jetzt nach Grohnde geschafft wurden. Sie kommen aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield.
Das Plutonium stammt aus alten deutschen Reaktorbrennstäben, die in Sellafield aufgearbeitet wurden.
In mehreren deutschen AKWs sind Mox-Brennelemente im Einsatz.
Greenpeace und andere Atomkraftgegner halten dies für unverantwortlich, weil Plutonium noch gefährlicher als Uran sei und im Betrieb das Risiko einer Kernschmelze erhöhe.
In den nächsten Jahren sollen noch 60 Brennelemente in die deutschen Eon-AKWs transportiert werden.
Die Polizei musste schweres Gerät heranschaffen, um die Blockaden abzuräumen. Und ging dabei nicht immer zimperlich vor, wie Augenzeugen der taz berichten. „Völlig unverständlicherweise kam gegen angekettete Aktivisten auch Pfefferspray zum Einsatz“, sagt Darge. Die Polizei habe Teilnehmer mehrmals nicht zu angemeldeten Mahnwachen durchgelassen. Entgegen der Genehmigung des Landkreises Hameln-Pyrmont hätten Fahrzeuge auch nicht immer das Camp verlassen können. Ein Lastwagen der Atomkraftgegner sei beschlagnahmt worden. Die Polizei sprach in der Nacht von „kleineren Scharmützeln“.
Einen „schweren Zwischenfall“ vermeldete gestern die online-Zeitung Weserbergland-Nachrichten: Ein junger Mann, der sich dem Plutonium-Transport entgegengestellt habe, sei von einem der Mox-Laster erfasst worden und unter das Fahrzeug geraten. „Er wurde unter dem Speziallastwagen mehrere Meter mitgeschleift, erlitt aber wie durch ein Wunder lediglich Schürfwunden“, hieß es in dem Bericht.
Die Polizei erklärte zu dem Vorfall, unmittelbar vor der Einfahrt des zweiten Transportfahrzeuges auf das Gelände des Kraftwerks sei es einem Aktivisten gelungen, sich kurzfristig unter dem Fahrzeug anzuketten. Die Ankettaktion habe von den Beamten jedoch „gelöst werden“ können.
Der Oldenburger Polizeivizepräsident Dieter Buskohl, der den Einsatz leitete, zeigte sich gestern zufrieden. „Unser Konzept ist auch bei diesem Einsatz voll aufgegangen“, sagte er. Durch das besonnene und umsichtige Verhalten der Einsatzkräfte habe der polizeiliche Auftrag – die Sicherung des Transportes – „umfassend erfüllt“ werden können. 1.400 Beamtinnen und Beamte seien an dem Mox-Einsatz beteiligt gewesen, die Wasserschutzpolizeien mehrerer Bundesländer eingerechnet.
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