Protest von Coronaleugnern in Berlin: Geisel verteidigt Demo-Verbot

Der Berliner Innensenator hält seine Entscheidung weiter für richtig. Mittlerweile gibt es einen Eilantrag gegen das Demo-Verbot – und eine heftige Debatte.

Innensenator Andreas Geisel

Verteidigt das Demo-Verbot: Berlins Innensenator Andreas Geisel Foto: Britta Pedersen/dpa

BERLIN dpa/epd | Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat das Verbot der Demonstration gegen die Corona-Politik verteidigt. Im RBB-Inforadio sprach er am Donnerstag von einer schweren Entscheidung. Es sei Ziel der Demonstrationen, gegen den Infektionsschutz zu verstoßen. Deswegen hätten sie das Grundrecht auf Unversehrtheit des Lebens höher gewertet als das auf Versammlungsfreiheit, sagte Geisel.

Geisel hatte am Mittwoch auch erklärt: „Ich bin nicht bereit, ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird.“ Auf die Frage, ob er damit nicht den Verdacht nähre, dass es ihm am Ende weniger um den Infektionsschutz gehe, sondern vor allem darum, Reichsbürger und Rechtsextremisten fernzuhalten, sagte er: „Nein. Das ist eine schwierige Abwägung, die wir dort getroffen haben. Die steht in der Verbotsverfügung, da geht es um Infektionsschutz.“ Aber er habe auch das Recht, eine politische Meinung zu haben.

Geplant waren für Samstag gleich mehrere Demonstrationen von Verschwörungsideologen. Zur größten Kundgebung am Wochenende hatte die Initiative Querdenken 711 für Samstagnachmittag 22.000 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem Brandenburger Tor angemeldet. Im Internet erschienen mittlerweile Aufrufe, trotz Verbot in die Hauptstadt zu reisen und zu protestieren. Teilweise wurden dabei Gewalt und politischer Umsturz gefordert.

Geisel zeigte sich deshalb laut einem „Tagesspiegel“-Bericht besorgt, dass es zu Gewalt kommen könnte. Es habe erhebliche Drohungen gegen seine Behörde und die Polizei gegeben. Derweil wird die Berliner Versammlungsbehörde von neuen Demonstrationsanmeldungen überschwemmt.

Auschwitz-Komittee begrüßt das Verbot

Gegen das Verbot der Demonstrationen ist inzwischen auch ein Eilantrag beim Berliner Verwaltungsgericht eingegangen. Das bestätigte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag auf Anfrage. Mit einer Entscheidung sei am Freitag im Laufe des Vormittags zu rechnen.

An der Entscheidung, die Demonstrationen zu verbieten, hatte es schon am Mittwoch viel Kritik gegeben. Die Initiative warf dem Senator vor, die Demonstration aus politischen Gründen verbieten zu wollen. Auch AfD-Politiker äußerten sich kritisch, die Partei hatte in den letzten Tagen massiv für die Demos mobilisiert.

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, äußerte sich Skeptisch zum Demo-Verbot.,„Unsere Demokratie muss Versammlungen aushalten, wenn sie nicht gegen unsere Verfassung verstoßen“, sagte sie dem Deutschlandfunk am Donnerstagmorgen. „Das ist jetzt Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker.“

Begrüßt wurde das Verbot vom Internationalen Auschwitz-Komitee. Dieses Verbot sollte ein wichtiges Signal sein, dass der Staat diesen Gruppen in Zukunft wehrhafter entgegentritt, erklärte der Exekutiv Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner.

Linke Gegendemos weiterhin geplant

Auch der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Georg Maier, äußerte am Donnerstag Verständnis für das Berliner Verbot der geplanten Großdemonstration gegen die Corona-Politik. „Ich kann die Berliner Entscheidung nachvollziehen“, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag).

Das Berliner Bündnis gegen Rechts rief am Donnerstag trotz des Demo-Verbotes für Corona-Kritiker weiter zu Gegenprotesten am Samstag auf. Es sei zu erwarten, „dass das Verbot vor Gericht keinen Bestand haben wird“, erklärte Bündnissprecher David Kiefer. Die Demonstration am 1. August, an der sich laut Polizei rund 20.000 Menschen beteiligten, habe gezeigt, dass Infektionsschutzmaßnahmen nicht eingehalten oder willentlich ignoriert wurden. „Dieses Verhalten ist unsolidarisch und gefährdet Menschenleben“, sagte Kiefer. Darüber hinaus seien Journalisten bei ihrer Arbeit bedroht worden.

Als „besonders alarmierend“ bezeichnete er, „dass nahezu alle Organisationen, Verbände und Netzwerke der Neuen Rechten bundesweit zu den Veranstaltungen am kommenden Samstag mobilisieren“. Er forderte Gewerkschaften, Parteien und Sozialverbände auf, sich klar zu positionieren. „Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen der Zivilgesellschaft bleiben, wenn es zu einer der größten und bundesweiten Mobilisierung der rechten Szene in Berlin kommt“, so Kiefer.

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