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Protest gegen WiesenhofTierrechtler blockieren Schlachthaus

Demonstranten protestieren gegen Wiesenhof. Der Geflügelfleischkonzern will seine tägliche Schlachtmenge auf 160.000 Tiere erhöhen.

Die Tierrechtler wenden sich dagegen, dass Wiesenhof die Kapazität des Schlachthofs erweitern will Foto: dpa

Berlin taz | Tierschutzaktivisten haben am Montagmorgen die Zufahrten zur Schlachterei von Deutschlands größtem Geflügelfleischkonzern, Wiesenhof, im brandenburgischen Königs Wusterhausen blockiert. 30 Demonstranten versperrten beide Werktore im Ortsteil Niederlehme mit Betonfässern, an denen sich vier Menschen festgekettet hatten, wie das Bündnis Tierfabriken-Widerstand mitteilte. Eine weitere Person habe sich in etwa fünf Meter Höhe auf einem Metalldreibein über einem der Fässer befunden. Zwei Aktivisten standen den Angaben zufolge auf einem Lastwagen. Die Polizei habe die Blockade nach etwa fünf Stunden beendet.

Die Tierrechtler wenden sich dagegen, dass Wiesenhof die Kapazität des Schlachthofs erweitern will. Nach Unternehmensangaben sollen dort künftig 160.000 statt wie bislang 120.000 Tiere pro Tag geschlachtet werden. Der Schlachthof „steht für die Degradierung allen Lebens und deren Ressourcen zu verkaufbaren Waren“, erklärten die Aktivisten. Sie kritisierten, dass die Schlachttiere als wirtschaftliche Ressource angesehen würden. Außerdem seien die Arbeitsbedingungen der Schlachthofbeschäftigten schlecht.

Das Unternehmen verursache auch hohe Umweltbelastungen. So sei die Natur um den Schlachthof herum „zerstört“ und „emissionsbelastet“, schrieb die Gruppe Tierfabriken-Widerstand. Auch die mit der Schlachtung verbundenen Produktionsprozesse belasteten die Umwelt, etwa der „Futtermittelanbau, der mit Landraub, Vertreibung und Naturzerstörung verbunden ist“.

Die Demonstranten wurden nach eigener Darstellung von den Organisationen Tierfabriken-Widerstand, Kampagne gegen Tierfabriken, Mastanlagen Widerstand, Bürgerinitiative Königs Wusterhausen stinkt’s, Bürgerinitiative Saustall Wadelsdorf, Bürgerinitiative Kontraindustrieschwein, Berliner Tierbefreiungsaktion und Tierbefreiung Frankfurt unterstützt.

Der Protest Foto: Tierfabriken-Widerstand

Die Märkische Geflügel-Spezialitäten GmbH, die den Wiesenhof-Standort betreibt, teilte der taz mit, dass der Betriebsablauf nicht beeinträchtigt worden sei. „Zu widerrechtlichen Aktionen möchten wir uns aber nicht weiter äußern“, hieß es weiter.

Der Wiesenhof-Konzern, Teil des Geflügelzüchters und -verarbeiters PHW-Gruppe, plane den Schlachthof in Königs Wusterhausen zu modernisieren. Anfang des Jahres sei ein Bereich der Anlage mit zusätzlicher Filtertechnik ausgestattet worden, sodass weniger Geruchsemissionen entstünden. „Zusätzliche Lärm- und Geruchs­emissionen entstehen künftig nicht.“ Sollte die zuständige Behörde die geplante Erhöhung der Schlachtmenge genehmigen, „werden im Übrigen keine neuen Ställe benötigt und damit auch keine neuen Ställe gebaut.“

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18 Kommentare

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  • Zum Bild: Dass Menschen kei Kapital sein sollen passt wunderbar in das Konzept der sogenannten "Kapitalisten", die Humankapital durch Technologie ersetzen. Zu teuer Zu fehlerträchtig ...

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Die Negativschlagzeilen der Vergangenheit haben Wiesenhof offenbar weniger geschadet als genützt.

    Diesen Massenschlachtereien sollte seither längst das Handwerk gelegt worden sein.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Oh je! privatisierung des Gemetzels?! - 160.000 Hühner, usw., die täglich in Kleinschlachtereien oder gar privat hinterm Haus gemetzelt werden.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Gerne erinnere ich mich an eine (nicht ewig zurückliegende) Zeit, als ein Brathähnchen tatsächlich noch ein kleiner Luxus war, den man sich nur selten leisten konnte.

  • So lange Wiesenhof regelmäßig von der Deutschen Landwirschaftsgesellschaft (DLG) und vom Deutschen Tierschutzbund für ihre vorbildliche Tierhaltung und Produktion ausgezeichnet wird, fehlt es den Betreibern sicherlich an jeglichem Verständnis für die Proteste.

  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    Gute Aktion, bitte mehr davon. Gerne auch mal wieder vor dem Weserstadion!

  • Bitte macht weiter, es geht doch nicht bloß um Emissionen. Oder neue Ställe. Es ist einfach Wahnsinn, jeden Tag 160000 Hühner dorthin zu karren und zu töten. Das meiste wird dann exportiert und ruiniert die Landwirtschaft in anderen Ländern.

  • Der Fleischverbrauch geht seit Jahren zurück und die Produktion wird immer weiter aufgestockt. Von Angebot und Nachfrage haben die wohl noch nie was gehört?

    • @giho91:

      Export! Weil andere Länder ihr Fleisch nicht selbst produzieren können ;-)

    • @giho91:

      Die Nachfrage besteht in vielen anderen Ländern. Deutsche Firmen können dort sehr billiges Fleisch anbieten.

      • @Energiefuchs:

        WoW- 40.000 Hühnchen mehr am Tag.

        Damit können 80.000 Bürger in diesem Land ein halbes Hänchen am Tag mehr essen.

         

        Ich will ja die teilweise schwachsinnige Verschwendung von Lebensmittel nicht leugnen aber woran sie genau in diesem Beispiel ein Zeichen der Überproduktion sehen ist mir schleierhaft.

  • 160.000 Hühner am Tag. Es fällt mir nichts dazu zu schreiben ein. Das ist bestürzend. Das ist entsetzlich. Und das übersteigt meine Vorstellungskraft. Ein Dank an die Aktivisten.

    • @OSCILLATEWILDLY:

      Wie meinen Sie das? Hühner, die gegessen werden, werden vorher geschlachtet. Oder dachten Sie, dass die tot von der Stange fallen? Im übrigen sterben in Deutschland wahrscheinlich weniger Hühner als in Entwicklungsländern, denn dort sind Hühner häufig der Haupt-Fleischlieferant.

       

      Für Veganer oder Vegetarier ist Schlachten von Hühnern sicher eine unschöne Vorstellung, aber ohne geht es nun mal nicht. Egal ob bei Wiesenhof oder beim Bauern auf dem Hackklotz.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...perverser geht's immer. Werder Bremen sollte sich was schämen.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Warum?

       

      Der Sponsor davor war eine Abzocker-Bank, die mehr als 100.000 Kleinsparer um ihre Rente gebracht haben, und als sie verurteilt wurden, den Schaden wenigstens teilweise zu ersetzen, sind sie einfach in die Insolvenz und haben sich unter anderem Namen neu gegründet.

       

      Davor hatte Bremen einen Sponsor aus der Textilbranche, der maßgeblich durch illegale Ausbeutung von Kindern unter miserabelsten und oft lebensgefährlichen Arbeitsverhältnissen seinen Umsatz generiert.

       

      Und davor hatten sie einen halbseidenen Wettanbieter auf der Brust, dessen Schriftzug sie aber irgendwann mit schwarzem Tape überkleben mussten, weil die Werbung per Gerichtsentscheid für illegal erklärt werden musste.

       

      In den letzten zwei Jahrzehnten profitierte Werder also hauptsächlich von Zahlungen aus dem Sportbetrugs-Milieu, von raffgierigen Bankern, und von Kinderausbeutern.

       

      Da ist Wiesenhof doch fast schon die Wende zum (geringfügig) Besseren, oder etwa nicht?

       

      Ein jeder Verein kriegt nur die Sponsoren, die er auch verdient.

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @cursed with a brain:

        ...eben, perverser geht's immer, Bank, Kinderarbeit und jetzt Massenabschlachterei. Den Wettanbieter war eher harmlos, der wurde eigentlich nur per Gesetz 'kriminalisiert', den gibt's ja noch, oder nicht?

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Haben die etwa schon wieder verloren?

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @81331 (Profil gelöscht):

      Richtig!