Protest gegen Gesetz für Sexarbeit: Keine Kuschelstimmung im Bett
Lobbyverbände und die Opposition halten das neue Gesetz zum Prostituiertenschutz für eine „Luftnummer“. Es treibe Huren in die Illegalität.
Das Gesetz, für das Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) zuständig ist, führe mitnichten zu besseren Perspektiven von Prostituierten, sondern zum Gegenteil, beklagt etwa die Berliner Hurenberatungsstelle Hydra: Sexarbeit würde weiter stigmatisiert und illegalisiert. Hydra rief zu einem Protest vor dem Bundestag auf: Mit ausgebreiteten Laken als Symbol für ein wichtiges Arbeitsgerät im Sexgeschäft sollten KritikerInnen ihre Missbilligung am Schwesig-Papier ausdrücken. Doch die Aktion fiel mickrig aus.
Nur wenige Frauen bildeten mit weißen, roten und bunten Betttüchern eine Menschenkette. Gegenüber vom Bundestag liegen der Tiergarten und die Straße des 17. Juni, wo jeden Abend „sehr hübsche Damen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren“ ihre Dienste anbieten. So jedenfalls preist ein privates Stadtportal im Internet den Straßenstrich an.
Unter anderem an sie denkt Ministerin Schwesig, wenn sie – so wie am Donnerstag im Bundestag – versichert, dass künftig „Prostitution unter fairen Bedingungen“ ablaufe.
Illegalisierung befürchtet
Das bezweifelt die Opposition. So fürchtet Katja Dörner, Fraktionsvize der Grünen, dass das Sexgewerbe fortan in die Illegalität abwandere. Linken-Fraktionsvize Cornelia Möhring nennt das Gesetz eine „Luftnummer“: Damit würden weder Prostituierte geschützt noch Zuhälter bekämpft.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Prostituierte sich künftig anmelden und einmal im Jahr gesundheitlich beraten lassen müssen. SexarbeiterInnen unter 21 Jahren sollen öfter zur Beratung. Bordellbetreiber müssen ihr Geschäft anmelden und ihre Zuverlässigkeit überprüfen lassen. Flatrate-Sex – einmal zahlen und so viel Wums wie möglich – soll verboten werden, Freier müssen Kondome verwenden.
Das Gesetz war zwischen Union und SPD von Beginn an umstritten. Während es die SPD liberaler anlegen wollte, drängten CDU und CSU auf Restriktionen. Das machte Marcus Weinberg, CDU, am Donnerstag erneut deutlich. Der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion forderte, die Prostituierten bei ihrer Anmeldung auf ihre „Einsichtsfähigkeit“ zu testen: Sind sie in der Lage zu erkennen, was sie da tun? Darüber hinaus forderte er ein Arbeitsverbot für Frauen während ihrer Schwangerschaft.
Die Prüfung der Einsichtsfähigkeit lehnt der Prostituiertenverein Dona Carmen in Frankfurt am Main als „Idiotentest“ ab. Der Juristinnenbund wies im Vorfeld auf ein weiteres Problem für Prostituierte hin: Die Anmeldekosten könnten die Kommunen auf die SexarbeiterInnen umlegen. Das könnte für diese teuer werden und sie in die Abhängigkeit von Schleppern und Zuhältern treiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“