Protest gegen Edeka-Bananen: Gelb und giftig

Ge­werk­schaf­te­r:in­nen aus Ecuador protestieren gegen Edeka. Sie werfen dem Lebensmittelhändler den Einsatz toxischer Pestizide vor.

Eine Gruppe protestiert vor einem Edeka mit einem Tranparent: "Edeka, seid ihr Banane ? Stoppt das Gift auf den Plantagen"

Protest vor dem Edeka in Hamburg von Aktivisten und Oxfam am 26. September 2022 Foto: Knut Henkel

Jorge Acosta lässt seine Hand auf einen von Bananen umgebenen Totenkopf fallen. Hinter dem Koordinator der ecuadorianischen Branchengewerkschaft für Landarbeiter (Astac) ist der Eingang in den Supermarkt mit dem Edeka-Logo zu sehen. Gemeinsam mit drei Astac-Kollegen und der Entwicklungsorganisation Oxfam organisiert Acosta eine Protestaktion vor der Edeka-Filiale an den Hamburger Landungsbrücken.

„In Europa ist der Einsatz von Mancozeb seit dem 4. Januar 2022 verboten. Da lief die letzte Aufbrauchfrist aus. In Ecuador gilt hingegen eine Übergangsfrist bis 2024 des gegen Pilze im Bananenanbau eingesetzten Wirkstoffs. Der ist wegen seiner toxischen Eigenschaften für Mensch und Tier gefährlich“, sagt Acosta.

Der 61-Jährige weiß wovon er spricht, er hat selbst jahrelang als einer der Piloten gearbeitet, die Mancozeb in Kombination mit anderen Pestiziden aus der Luft über den weitläufigen Plantagen in Ecuador versprühte. Bis er krank wurde, die Seite wechselte und fortan die Interessen derjenigen vertritt, die unten auf den Plantagen stehen und die gelben Südfrüchte ernten und verpacken. Nun postet er Videos von Piloten, die über Plantagen donnern und giftige Wolken versprühen, während unten Ar­bei­te­r:in­nen ernten oder in der Kantine zu Mittag essen.

Edeka verteidigt Einsatz des Pestizids

Er hat kein Verständnis dafür, dass das Breitbandpräparat, welches im Bananenanbau gegen den Sigatoka-Pilzbefall auf den Blättern eingesetzt wird, trotz Gesundheitsbedenken in Europa, weiterhin in Lateinamerika eingesetzt werden soll. Edeka verteidigt dagegen den Einsatz von Mancozeb auf Ecuadors Plantagen.

In Produktionsländern gebe es klimatische Bedingungen, die einen Einsatz von Mancozeb zur Kontrolle der Blattkrankheit Sigatoka erforderlich machen – andernfalls drohten existenzielle Ernteausfälle, heißt es in einem Schreiben auf taz-Anfrage. Das sei der Grund, weshalb die Zertifizierungsagentur Rainforest Allicance die weitere Nutzung bis Mitte 2024 gestatte, so die Edeka-Pressestelle.

Der mit Edeka kooperierende World Wildlife Fond (WWF) verweist zudem auf die Strategie der Pestizidreduktion, die in dem mit Edeka laufenden Projekt in Ecuador und Kolumbien verfolgt werde. Insgesamt gibt es, so schreiben Edeka und der WWF gleichlautend, „keine geeignete, weniger toxische Alternative zu Mancozeb“.

Die Abhängigkeit von dem 1948 erstmals in den USA zugelassenen Pestizid hält Jorge Acosta jedoch für nicht stichhaltig. „Wir haben 2009 in den USA ein Verfahren gegen den Einsatz von Mancozeb angestrengt, woraufhin im selben Jahr die Anwendung des Fungizids in Ecuador verboten wurde. Das war damals kein Problem, warum braucht man heute eine dreijährige Übergangszeit?“, fragt Acosta.

Ein Gespräch kommt nicht zustande

Diese unbequemen Fragen hätte er gern mit Edeka direkt diskutiert. Doch der Termin in der Hamburger Firmenzentrale wurde wenige Tage zuvor abgesagt. Für Acosta und seine Kollegen war das eine Enttäuschung, zumal es weiteren Gesprächsbedarf gibt. Denn es geht nicht allein um Mancozeb, sondern auch um Arbeitsrechtsverletzungen auf mehreren Plantagen, die Edeka beliefern.

„Wir haben basierend auf Interviews mit 97 Ar­bei­te­r:in­nen festgestellt, dass oftmals weniger als der ecuadorianische Mindestlohn von 425 US-Dollar gezahlt wird, dass Überstunden nicht vergütet, kein Urlaubsgeld gezahlt wird. Zudem haben die Ar­bei­te­r:in­nen auch oft keinen schriftlichen Arbeitsvertrag – all das sind Verstöße gegen geltendes Recht“, kritisiert Acosta.

Vorwürfe, die Edeka zurückweist. Umfassende Prüfungen hätten keine Anhaltspunkte für die Astac-Hinweise zum Thema Entlohnung ergeben, heißt es in der Stellungnahme der Supermarktkette.

Der Gewerkschafter Jorge Acosta steht vor einem Stand mit Bananen

Der ecuadorianische Gewerkschafter Jorge Acosta in Hamburg während der Aktion Foto: Knut Henkel

Gleichwohl wird dank der Initiative für nachhaltige Agrarlieferketten (INA) zwischen Produzenten, Exporteuren und Supermarktketten verhandelt: unter Vermittlung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Erklärtes Ziel dabei ist die Einführung existenzsichernder Einkommen und Löhne, darunter auch im ecuadorianischen Bananenanbau. Auffällig ist, dass Edeka sich anders als die Konkurrenz von Aldi, Lidl, Rewe und Co nicht an der Initiative beteiligt.

Dass Astac, die einzige Branchengewerkschaft für Land­ar­bei­te­r:in­nen in Ecuador, bisher nicht zu den Gesprächen eingeladen wurde, wollen Acosta und seine Delegation ändern, während sie in Europa sind. Schließlich ist die Gewerkschaft in Ecuador registriert und international gut vernetzt. Diese Woche haben sie einen Gesprächstermin bei der GIZ in Berlin. „Wir würden uns freuen, wenn der Dialog zu Resultaten führt“, so Acosta. Über existenzsichernde Löhne ohne Vertretung der Ar­bei­te­r:in­nen zu diskutieren sei schließlich absurd.

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