Protest gegen Bauprojekt in Pankow: Die Angst ums Grün
Für den Bau neuer Wohneinheiten sollen Bäume und Wiesen weichen. Verzweifelt leisten Anwohner*innen gegen den Beginn des Projekts Widerstand.
Die Anwohner*innen der Höfe an der Ossietzkystraße sehen nicht aus, als hätten sie viel Erfahrung mit zivilem Ungehorsam. Es sind ältere Damen und Herren, Familien, Nachbarinnen und Nachbarn, die den Weg zu den Grünflächen hinter ihren Wohnblöcken nahe dem Pankower Schlosspark blockieren.
Am Morgen wurden Bauzäune angeliefert, sie wollen nun verhindern, dass der Laster damit durchkommt. Umringt werden sie von gut 20 Polizist*innen, manche sichtbar unsicher, wie sie die Anwohner*innen zum Gehen zwingen sollen. Denn denen ist es ernst: Sie wollen die Bäume hinter den Wohnblöcken schützen, die gefällt werden sollen, und sie wollen die Wiese vor Versieglung bewahren.
Begonnen hat das umstrittene Bauvorhaben im Jahr 2019. Zu dieser Zeit beantragte die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gesobau AG zum ersten Mal, auf der Grünfläche zwei weitere Gebäude zu errichten. Viele der Kastanien und Eichen, ein großer Teil der Wiese und nicht zuletzt der Kinderspielplatz wären diesem Vorhaben zum Opfer gefallen. Bald formierte sich unter den Anwohner*innen Widerstand, „Grüner Kiez Pankow“ nannte sich die neue Initiative. Sie hatte zunächst Erfolg: Das Bezirksamt wies den Antrag zurück.
Rechtliche Tricks
Im April 2021 folgte mit einem Klimabebauungsplan ein Kompromissvorschlag: Deutlich kleinere Bebauungen entlang eines Wiesenabschnitts mit nur wenig Bäumen waren nun vorgesehen. So sollte der Bau neuer Wohnfläche mit dem von der Bezirksverwaltung erklärten Klimanotstand vereinbart werden, die Bürgerinitiative zeigte sich einverstanden.
Anders die Pläne von Gesobau. Im Dezember 2022 stellte sie einen erneuten Antrag für den Bau der zwei ursprünglich geplanten Gebäude. Im neuen Antrag als Flüchtlingsunterkunft etikettiert, verändert sich so die Zuständigkeit: Statt dem Bezirk ist jetzt die Senatsbauverwaltung verantwortlich. Diese gab dem Antrag statt.
Manfred Schubert, Geschäftsführer der „Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz“, protestiert auf der Wiese mit den Anwohner*innen. Er betont, dass Ähnliches auch anderswo passiert: „Das ist nicht das einzige Verfahren. Auch im Ilse-Kiez, in Karlshorst und an anderen Stellen ist nachverdichtet worden. Die Liste ist lang.“
Was Anwohner*innen und Naturschützer*innen auch empört: Die Gesobau habe bislang keine Ausnahmegenehmigungen für die Fällungen der Bäume eingeholt. Diese seien wegen der Höhlenbrüter und Fledermäuse, die dort wohnen, aber notwendig.
Gegen Mittag stehen die ersten Bauzäune. Bald folgen wohl die Kettensägen.
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