Protest gegen Abholzung in Flensburg: Hotel statt Wald
In Flensburg harren Aktivist*innen seit drei Monaten im Bahnhofswäldchen aus. Es ist die nördlichste Waldbesetzung Deutschlands.
Parallel sammelt eine Bürgerinitiative Unterschriften und Spenden für den Erhalt des Wäldchens. An seinem Platz wollen lokale Investoren ein Hotel und ein Parkhaus errichten. Der Protest der Gegner*innen richtet sich auch gegen die Stadt Flensburg. Die ursprünglich für diesen Montag geplante Räumung der Besetzer*inen wurde am Wochenende wegen der hohen Corona-Zahlen in Flensburg kurzfristig abgesagt.
58 Bäume sollen fallen, sagt die Verwaltung – die Aktivist*innen zählen deutlich mehr. Sprecherin Hanna Poddig deutet auf einen Baum: „Weil er sich gabelt, ist der Stamm zu dünn, daher fällt er nicht unter die Satzung.“ Klar sei, dass der rund 140 Jahre alte Wald durch die Rodungen seinen Charakter verliere.
Dabei seien gerade die alten Bäume wichtig für das Mikroklima der Stadt, weil sie mit ihrem Totholz vielen Tieren Lebensraum böten, sagt Helmreich Eberlein von der „Bürgerinitiaitve Bahnhofswald“. Die Gruppe kämpft seit Jahren gegen den Bau eines Parkhauses und eines Hotels. Auch in der Stadtpolitik sind die Pläne der Flensburger Investoren Jan Duschkewitz und Ralf Hansen umstritten. Dennoch hatte im Sommer eine Mehrheit im Stadtrat den Plänen zugestimmt.
Die Stadt reagiere nur auf den Antrag der Investoren, so Stadtsprecher Clemens Teschendorf zur taz. Dennoch sieht die Verwaltung unter der Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) Vorteile: Ein Hotel direkt am Bahnhof mache die Anreise per Bahn attraktiver, das Parkhaus käme Pendler*innen zugute. Dass das Mikroklima leidet, sei nicht wahrscheinlich: „Es ist ein sehr grünes Viertel.“
Die gefällten Bäume werden auf einer Ausgleichsfläche ersetzt, die Investoren wollen dort deutlich mehr pflanzen als vorgeschrieben. „Wir werden regulierend eingreifen und dafür sorgen, dass dort eine gute Qualität entsteht“, verspricht Teschendorf. Aber er gibt auch zu, dass nach der Rodung am jetzigen Standort „der Wald nicht mehr als Wald besteht“.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße