Prominente US-Demokratin als Angriffsziel: Pelosis Ehemann bei Überfall verletzt

Nancy Pelosi gilt als Hassfigur der US-Rechten und Trump-Fans. Ein Mann ist nun in die Privaträume der Sprecherin des Repräsentantenhauses eingedrungen.

Eine Polizistin blockiert mit gelbem Absperrband die Straße unterhalb des Hauses von Paul Pelosi, dem Ehemann von Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi, in San Francisco

Die Polizei von San Francisco hat den Tatort rund um das Haus der Pelosis für ihre Ermittlungen abgesperrt Foto: Eric Risberg/dpa

WASHINGTON taz | „Wo ist Nancy? Wo ist Nancy?“ soll der Angreifer gerufen haben, nachdem er in der Nacht zum Freitag mit einem Hammer in das Wohnhaus der Chefin des US-Repräsentantenhauses in San Francisco eingedrungen war. Nancy Pelosi hielt sich gerade in Washington auf. Aber ihr Ehemann war zuhause.

In dem Handgemenge mit dem Eindringling erlitt der 82-jährige Paul Pelosi einen Schädelbruch und Verletzungen an Arm und Hand. Er konnte nach Informationen von Polizeichef Scott noch selbst den polizeilichen Notruf verständigen. Die Frau am anderen Ende der Leitung hörte den Angreifer und schickte die Polizei zum Tatort.

Dem 42-jährigen Angreifer, der am Freitag ebenfalls im Krankenhaus behandelt wurde, steht nun eine Anklage wegen versuchten Mordes bevor. „Die Gewalt war absichtlich, nicht zufällig“, sagte Polizeichef William Scott am Freitag in einer Pressekonferenz in San Francisco.

In der US-Hauptstadt reagierten Politiker – vor allem Mitglieder der regierenden Demokratischen Partei, aber auch einige Republikaner – entsetzt. Weniger als zwei Wochen vor den Midterm-Wahlen sehen sie in der Attacke die Bestätigung ihrer schlimmsten Sorgen vor einer weiteren Zunahme politisch motivierter Gewalt. Die Worte des Angreifers von San Francisco klingen wie ein Echo auf die Slogans vom 6. Januar 2021, als Trump-Anhänger in das US-Kapitol eindrangen, um die Zertifizierung der Wahl von Joe Biden zum Präsidenten zu verhindern. Unter anderem skandierten die Kapitolsstürmer „Wo bist Du, Nancy?“. Und: „Hängt Mike Pence (der damalige Vizepräsident, d. Red.).“

US-Präsident Biden stellte die Tat von San Francisco am Freitagabend bei einer Wahlkampfveranstaltung in einen direkten Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol. „Es gibt zu viel politische Gewalt, zu viel Hass, zu viel Hetze“, sagte Biden über die Tat. Dann erinnerte er an Trumps Reden von „gestohlenen Wahlen“ sowie an dessen ebenso falsche Behauptung, Covid sei erfunden. „Das hat Auswirkungen auf Menschen, die vielleicht nicht so ausgeglichen sind“, sagte Biden. Er forderte „alle Menschen, die ein gutes Gewissen haben“ auf, sich „klar und deutlich gegen Gewalt in unserer Politik aussprechen – ganz gleich, welche Politik sie verfolgen“.

Auf Seiten der Republikanischen Partei verurteilten am Freitag sowohl der Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, als auch der Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, die Tat. Doch Trump, der Pelosi bei jedem seiner Meetings vom Publikum ausbuhen lässt, schwieg. Und mehrere rechte Fernsehsender, darunter die nationale Station FoxNews, machten Biden und Pelosi selbst für die Tat verantwortlich: Biden, weil er nach der Darstellung des Senders ein „Spalter“ sei, der die politischen Gräben im Land vertiefe, und Pelosi, weil sie ihr Haus in San Francisco nicht genügend vor Eindringlingen gesichert habe.

Angreifer verbreitete Pro-Trump-Slogans

Der mutmaßliche Angreifer von San Francisco, David D., soll in den zurückliegenden Monaten in Blogeinträgen zahlreiche Slogans von Trump-Anhängern reproduziert haben. Er soll über die „gestohlenen Wahlen“ geschrieben, Klimakrise und Holocaust geleugnet, sich transphobisch und rassistisch geäußert und behauptet haben, der Kapitolssturm sei ein „Insider-Job“ gewesen.

Dem Angriff von San Francisco sind zahlreiche andere Gewaltdrohungen und Einschüchterungen vorausgegangen. Sie richteten sich gegen Mitglieder des US-Kongresses, aber auch gegen Wähler und Wahlbeamte. Am Tag der Hammerattacke in San Francisco bekannte sich in Pennsylvania ein Mann schuldig, dem demokratischen Abgeordneten Eric Swalwell mit Mord gedroht zu haben. Wenige Wochen zuvor hatte im Bundesstaat Washington ein Mann mit Schusswaffe die demokratische Abgeordnete Pramila Jayapal in ihrem Garten bedroht.

Nach den Präsidentschaftswahlen von 2020 – die zu den am sorgfältigsten beobachteten Abstimmungen der US-Geschichte gehören, und die nach Einschätzung von Wahlbeamten, Wahlbeobachtern und Gerichten korrekt verlaufen sind – haben Trump und seine Gefolgsleute in vielen Bundesstaaten vor allem Wahlbeamte unter Druck gesetzt. Einige dieser Beamte haben seither gekündigt. Andere werden bei den Midterm-Wahlen am 8. November unter zusätzlichem Schutz arbeiten.

Dieses Mal haben die Einschüchterungen und die Ankündigungen von Anfechtungen der Wahl bereits lange vor dem eigentlichen Wahltag begonnen. Vielerorts verbreiten Republikaner schon vorab Zweifel an der Korrektheit der Wahl. Und in Georgia, wo die Briefwahl begonnen hat, haben Wähler schwerbewaffnete Männer in unmittelbarer Nähe von Urnen für Briefwahlscheine beobachtet.

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