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Pro und Contra Lufthansa-RettungHat die BRD 'nen Vogel?

Deutschlands größte Airline bekommt Staatshilfen – ohne Auflagen für mehr Umwelt- und Arbeitnehmerschutz.

Umwelt nur im Logo- Kraniche im Flug: Aufgeflottet ohne Auflagen Foto: Lufthansa

j a,

denn wie die Bundesregierung die Lufthansa-Rettung angeht, ist bizarr: die Fluggesellschaft zu retten, ohne das mit strikten Auflagen für den Klimaschutz und die Absicherung der Beschäftigten zu verbinden. Die Lufthansa bekommt Steuergelder in Milliardenhöhe. Auch wenn die nur geliehen sind, sollte der Konzern dafür eine Gegenleistung bringen. Und die darf nicht nur darin bestehen, dass es ihn weiterhin gibt.

Wenn der Staat in dieser Dimension Steuergeld in die Hand nimmt, um ein einzelnes Unternehmen zu unterstützen, muss das im Interesse des Gemeinwohls und nicht der AktionärInnen geschehen. Sonst ist es nicht zu rechtfertigen. Beispiel klimaschädliche Inlandsflüge: Dieses Geschäft als staatlicher Anteilseigner selbst zu betreiben, ist falsch. Die Lufthansa sollte darauf sofort verzichten. Dass andere Fluglinien in die Lücke stoßen, ist unwahrscheinlich. Denn sie sind erst einmal mit der Krisenbewältigung beschäftigt. Hier läge eine große Chance, auf andere Verkehrsmittel umzusteuern.

Der weltweite Flugmarkt wird sich nach der Krise neu aufstellen, etliche Airlines werden verschwinden, andere stärker werden. Die Lufthansa hat durch die Staatshilfe beste Chancen, zu den Krisengewinnern zu gehören und gestrauchelte Airlines auf der ganzen Welt einzusammeln. Diese Weichenstellung geht in die falsche Richtung. Die Manager der Lufthansa wollen da weitermachen, wo sie vor der Krise aufgehört haben. Es darf aber nicht darum gehen, den Luftverkehr in der bisherigen Art und Weise zu erhalten oder gar auszubauen. Er muss verändert werden. Für das Klima, aber auch für Beschäftigte, die von Billigfliegern und Tochtergesellschaften alteingesessener Konzerne geknechtet werden.

Die Bundesregierung vergibt diese Chance. Ihr sind die Beschäftigten und das Klima egal, das zeigt der Verzicht auf Auflagen. Sie will die Airline allein aus nationaler Standortlogik retten – weil ihrer Meinung nach ein exportstarker Industriestaat eine große Fluglinie braucht. Wenn das wirklich so wichtig ist, dann muss sie sich auch die Option sichern, einzugreifen.

Die Lufthansa-Rettung ist ein Menetekel. Sie darf keine Blaupause für weitere Hilfen krisengeschüttelte Großunternehmen und Branchen werden. Sonst bleiben Gemeinwohl, Beschäftigte und Umwelt auf der Strecke. (Anja Krüger)

nein,

Deutschland hat keinen Vogel. Denn nichts wäre unsinniger, als der Lufthansa das zu verbieten, womit sie ihr Geld verdient – das Fliegen. Bei der Frage des staatlichen Eingriffs in Einzelunternehmen ist es nämlich so ähnlich wie bei der Schokolade: Es ist eine großartige Vorstellung, täglich einen Berg Süßes essen zu können und dabei auch noch dünner zu werden. Nur macht Schokolade einfach dick.

Ganz ähnlich, wenn auch nicht so süß, verhält es sich mit dem dicksten Brocken der deutschen Luftfahrt, der Lufthansa. Wer eine Umweltsau hält, kann diese nicht zu Tofu-Schnitzeln verarbeiten. Der Staat hat sich dazu entschieden, das Unternehmen vor der Pleite zu bewahren. Das ist weise. Die Airline-Gruppe beschäftigt weit über 100.000 Mitarbeiter und ist das, was für den Wirtschaftsstandort Deutschland systemrelevant genannt wird. Ein ganz großer Schokoriegel also.

Andererseits ist die Lufthansa eine der größten CO2-Schleudern der Republik. Wäre es da nicht vernünftig, das Unternehmen zu einem Öko-Kurs zu zwingen, wenn der Staat sich schon daran beteiligt?

Wer eine Umweltsau hält, kann diese nicht zu Tofu-Schnitzeln verarbeiten.

Wenn ein Unternehmen wie dieses gerettet wird, heißt das eben auch, dass der Staat dabei in Kauf nimmt, dass er das Klima schädigen wird – denn das gehört bei einer Airline schlicht zum Geschäftsmodell. Zum Geschäftsmodell des Staates wiederum sollte zählen, dass der sein investiertes Geld möglichst rasch zurückbekommt – er muss also daran interessiert sein, dass es dem Unternehmen wirtschaftlich gut geht.

Wenn Lufthansa bisher nicht auf die Idee gekommen ist, beispielsweise ökologisch besonders fragwürdige Inlandsflüge zu streichen, dann hat das wirtschaftliche Gründe. Würde der neue Anteilseigner Staat nun genau das verbieten und dazu auch noch Kündigungen untersagen, dann schadet er nicht nur dem Unternehmen, sondern riskiert auch seine Einlagen. Er isst die Schokolade, will aber nicht dicker werden.

Das kann nicht gut gehen. Wenn der Staat der Luftfahrt einen Öko-Kurs verschreiben will, dann wäre das möglich. Er kann etwa alle Inlandsflüge verbieten. Daran müsste sich dann nicht nur Lufthansa, sondern auch Easyjet ­halten. Dann gälten gleiche Bedingungen für alle. (Klaus Hillenbrand)

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • die 9 millarden wären besser für den aufbau eines hyperloops gewesen.hyperloop ist eine schwebebahn in einer röhre mit unterdruck die schneller ist wie ein flugzeug und weniger energie verbraucht als die bahn.auf den röhren könnten solarkollektoren installiert werden die das system mit billiger co2freien energie versorgen.es gib sogar die idee die fahrten kostenlos zu machen man wird dann eben die ganze zeit mit werbung zugeballert.die kollektoren könnten aus dem meyer-burger werk kommen das in deutschland die besten effektivsten photovoltaikkollektoren der welt herstellt

    • @prius:

      Sie wollen also, dass ich zukünftig nicht mehr direkt von Saarbrücken nach Berlin fliege, sondern mich erst einmal in mein Auto setze, von Saarbrücken nach Luxemburg fahre und dann von Luxemburg nach Berlin fliege? Das ist immer noch schneller als mit der Bahn in 7 Stunden von der Saar an die Spree zu tingeln. Ist zwar ökologischer Unsinn, aber erlaubt wäre es, da der Flug Luxemburg-Berlin kein verbotener innerdeutscher Flug ist. Und Münchener können zukünftig von Salzburg nach Hamburg fliegen. Konstanzer fliegen eh schon lieber ab Zürich als ab Stuttgart nach Berlin. Sehr durchdacht, ihre Idee.

    • @prius:

      a.) wir hatten mal den Transrapid entwickelt



      b.) das man ohne Luftwiderstand mit dem Transrapid noch viel schneller als 500km/h kommt konnte man schon vor 30 Jahren lesen (d.h. die Idee mit der Röhre kenne ich seit min. 25-30 Jahren, da brauchts keinen Elon Musk Hyperloop für)



      c.) Hyperloop gibts heute nur auf dem Papier oder kleine Teststrecken.



      d.) die sind noch sehr weit entfernt von einer praktikablen Umsetzung: d.h. Durchmesser (oder wollen sie alleine mit einem Messerschmitt Kabinenroller durch eine winzige Röhre geballert werden), Wie erzeugt man für so einen großen Aufbau umweltfreundlich den Unterdruck, Luftschleusen, wie kommen Leute im Notfall aus der Röhre (können die da atmen wenn keine / wenig Luft da ist)...

  • Der Lufthansa sind ebenso wie den Autobauern oder den Menschen, die in der BRD wohnen und arbeiten, Änderungen zuzumuten. Und die Gelegenheit ist jetzt besser denn je. JETZT die Verkehrswende, JETZT einen aufeinander abgestimmten Verkehrsverbund von Bus, Bahn und Flugzeug: ein Preis von Tür zu Tür (oder Tür zu Flughafen, wenn der im Ausland liegt), keine Inlandsflüge, schnelle Bahn-Verbindungen tuns auch. Weg vom eigenen Auto. Und niemand sagt, dass, wenn man das heute anfängt, morgen alle auf der Strasse stehen und nicht mehr arbeiten dürfen. Aber das mit den sicheren Arbeitsplätzen ist ein ganz anderes Thema.

    • @Wolfgang Peters:

      Stimme prinzipiell zu.

      Frage: Wieso sollte



      a) dies nur für die Lufthansa gelten und b) der Staat hierfür seine Anteile an dem Unternehmen als Einfluss benutzen? Wie im 2ten Kommentar beschrieben, ginge das doch einfach per Gesetz (mit dem Vorteil für alle zu gelten).

      Meines Erachtens nach werden hier 2 Dinge miteinander vermischt, die man eher getrennt betrachten sollte. Insbesondere deshalb, weil die potentiellen Änderungen innerhalb der Lufthansa konträr zu den verfolgten Zielen des Rettungspakets verlaufen. Würde der Staat Gesetze beschließen, die für alle gälten, würde die Wettbewerbsfähigkeit der Lufthansa nur bedingt geschädigt (wenn überhaupt) und Umwelt-, Arbeitnehmer- sowie Aktionärsinteressen ließen sich halbwegs in Einklang bringen.

  • "ohne das mit strikten Auflagen für den Klimaschutz und die Absicherung der Beschäftigten zu verbinden"

    Aha... mit weniger Flügen aber gleichviel Leuten. Mathe?

    "Dass andere Fluglinien in die Lücke stoßen, ist unwahrscheinlich."

    OK, jetzt wirds lächerlich! ein brachliegender Markt mit der dichtesten Besiedlung Europas und gleichzeitig wahrscheinlich selbst nach der Kriese der mit den größten Geldmitteln... Nein, den wird niemand neu besetzen? Total weltfremd!

    Im übrigen hat die Lufthansa eine vergleichsweise junge und moderne Flotte. Dafür sorgen alleine die Spritpreise. Als full service carrier genau so wie im Gerangel mit Billigfliegern wie Raynair kann man nur mit den sparsamsten Flugzeugen bestehen. PS: Das was die Triebwerksbauer in den letzten 30 Jahren aus den Maschinen herausholen ist mehr als aller ehren Wert. und die Nächste Generation steht bereits auf den Prüfständen. Es gibt nur wenige Beförderungsmittel die pro Person sparsamer sind. Man sollte den Ingenieuren etwas mehr Respekt zollen!

  • Die Lufthansa soll Unterstützung vom Staat nur dann erhalten, wenn sie den Flugbetrieb einstellt und zusichert niemanden zu entlassen? Das ist schon mehr als schräg. Und ich dachte immer Unternehmen leben von den Einnahmen, die sie erzielen. Man lernt nie aus.

  • Auf Inlandsflüge kann man in Deutschland nun wirklich verzichten. So groß ist Deutschland wirklich nicht. Gut für die Umwelt und für die Lärm geplagten Bürger die in Flugschneisen leben.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Andreas J:

      Okay versuchen sie mal an einem Freitag Nachmittag von Nord nach Süd zu kommen. Die Deutsche Bahn wird noch auf Jahre hinaus den Flugverkehr nicht ersetzen können, 23 Millionen Passagiere gibt es bei innerdeutschen Flügen, das kann die Bahn nicht bewältigen. die kommt schon jetzt nicht klar.

    • @Andreas J:

      Wie im Artikel beschrieben sollte man das aber gesetzlich regeln. Sorgt ma dafür einfach bei der Lufthansa bedient morgen ein anderer Anbieter diese Strecken.