Privatisierungswahn in Bayern: Der große Wohnungsdeal
In Bayern gibt es immer mehr Kritik an dem Verkauf von 33.000 Wohnungen aus Landesbesitz. Finanzminister Markus Söder wehrt sich.
Dann wurde die GBW an ein Investorenkonsortium verkauft, dem der in Augsburg ansässige Immobilienkonzern Patrizia AG vorsteht. Es war einer der größten Deals auf dem Wohnungsmarkt Deutschlands. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), der vonseiten des Freistaats Verhandlungsführer war, sagte nach der Unterschrift unter den Vertrag: „Die GBW bleibt bayerisch.“
Es gibt die GBW weiterhin, allerdings firmiert sie jetzt unter dem Titel GBW-Gruppe und ist Teil von Patrizia. Nahezu täglich lässt sich nun beobachten, wie der Wohnungsbestand modernisiert wird – und die Mieten happig steigen, oftmals um mehr als 30 Prozent. Die meist großen Anlagen werden zersplittert und die Wohnungen einzeln verkauft: an bisherige Mieter, wenn diese das Geld dafür haben, oder an Anleger.
Letztere Variante ist die üblichere, was für zahlreiche Mieter insbesondere im Hochpreisballungsraum München bittere Konsequenzen hat. „Viele sind gezwungen auszuziehen, teils ist es schlimm“, beklagt der Geschäftsführer des Mietervereins München, Volker Rastätter.
Nun hat die Opposition den umstrittenen Verkauf wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Der SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold meint, die CSU-Regierung habe die Wohnungen „an eine Finanzheuschrecke“ verkauft, und spricht vom „größten Wohnungsskandal Bayerns“. Der Grünen-Abgeordnete Jürgen Mistol sieht Söder als „Buddy der Finanzbranche und der Wirtschaftsriesen“. Es wird Aufklärung gefordert. Noch am Donnerstagabend soll sich der Minister im Landtag erklären, so ein Dringlichkeitsantrag der Opposition.
Neue Rechercheergebnisse des BR
Ursache der Empörung sind neue Rechercheergebnisse des Bayerischen Rundfunks (BR). Demnach soll Patrizia schon im Jahr 2008 mit der Landesbank über einen Kauf der GBW gesprochen haben – und somit möglicherweise an Informationen gelangt sein, die dem Unternehmen beim Bieterverfahren 2013 Vorteile verschafften.
Zudem will der BR nachweisen können, dass die GBW über das Patrizia-Imperium so weit verzweigt ist, dass am Ende Gruppen im Steuerparadies Luxemburg und in den Niederlanden dahinterstecken – dementsprechend wenig Steuern werden dann gezahlt. Eine vom Sender veröffentlichte Grafik macht zumindest anschaulich, dass die Besitzverhältnisse äußerst komplex sind.
Die SPD kritisiert „dubiose Steuersparmodelle“, die auf Anonymität ausgerichtet sind, und verlangt, dass der Verkauf von 2013 „auf den Prüfstand“ kommt.
Markus Söder hingegen meint weiterhin, bei den Vorgängen sei alles „nach Recht und Gesetz“ gegangen. Nähere Informationen über die Patrizia-Struktur habe es beim Verkauf nicht gegeben. 2,45 Milliarden Euro hatte die Bayern-LB damals eingestrichen.
200 Investoren aus ganz Europa
Patrizia selbst weist die Vorwürfe gar nicht zurück. Man habe rund 200 institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Altersvorsorgeeinrichtungen aus ganz Europa. Um diesen die jeweils „passende Investitionsplattform“ zu bieten, sei Patrizia mit Tochtergesellschaften in sieben europäischen Ländern vertreten, darunter auch Luxemburg und die Niederlande. Die „steuerliche Komponente“ habe aber „nur sekundäre Bedeutung“.
Schon im Jahr 2013 hatte der GBW-Verkauf für Kritik gesorgt. Die Bayern-LB war damals überschuldet wegen des in Edmund Stoibers Ministerpräsidentenzeit fallenden Fehlkaufs der Kärntner Bank Hypo Alpe Adria. Daraufhin verlangte die EU, dass sich die Bayern-LB von ihren Wohnungen trennt. Im Bieterverfahren um das Wohnungspaket hatten sich auch Kommunen unter der Federführung der Stadt München beworben. Allerdings gingen sie leer aus, weil Patrizia mehr bezahlte.
Der Zuschlag sei korrekt erfolgt, meint Söder, weil nach Europarecht das wirtschaftlich beste Angebot hätte angenommen werden müssen. Über diese Entscheidung wachsen nun die Zweifel. Die GBW verkauft weiter ihre Wohnungen in der Landeshauptstadt mit dem Slogan: „Sichern Sie sich jetzt Ihre Münchner Steine!“
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