Pride Parade in Israel: Queer unter Rechtsextremen
Unter Anfeindungen startet am Donnerstag die Pride Parade in Jerusalem. Für die Sicherheit zuständig ist ausgerechnet der rechte Minister Ben Gvir.
![Menschen demonstrieren mit Ketten und Fahnen in Regenbogenfahnen Menschen demonstrieren mit Ketten und Fahnen in Regenbogenfahnen](https://taz.de/picture/6296234/14/Jerusalem-Pride-1.jpeg)
Doch in diesem Jahr findet die Parade zum ersten Mal unter Benjamin Netanjahus extrem rechter und religiöser Regierung statt. Für die Sicherheit der Parade ist der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, zuständig – ausgerechnet. Denn der ist in der Vergangenheit als militanter Gegner der Parade aufgetreten.
Organisiert wird der Marsch vom Jerusalemer Offenen Haus für Stolz und Toleranz. Dessen Vorsitzender Yonatan Walfer sieht die Parade in einer kafkaesken Situation: „Die Person, die für die Sicherheit der Parade in Jerusalem verantwortlich ist, ist nun dieselbe Person, die jahrelang versucht hat, die Parade nicht stattfinden zu lassen und gegen sie und die homosexuelle Gemeinschaft gehetzt hat.“
Die Organisator*innen hatten sich am Samstag an Netanjahu gewandt und ihn gebeten, an Ben Gvirs statt die Parade zu beaufsichtigen. Doch Ben Gvir bestätigte Medienberichten zufolge erneut, dass er die Veranstaltung beaufsichtigen und sich während der Parade in der Kommandozentrale der Polizei aufhalten werde.
„Diese ganzen Nichtjuden verbrennen“
Unterdessen hetzen laut der israelischen Internetzeitung Times of Israel in einer Telegram-Gruppe der rechtsextremen Gruppierung Lehava verschiedene Mitglieder der Gruppe gegen die Parade: „Mögen alle Demonstranten durch Maschinengewehrfeuer sterben“, heißt es dort unter anderem. „Ich verstehe nicht, warum wir nicht diese ganzen Nichtjuden verbrennen, die das Land besudeln“, schreibt ein anderer, „Vielleicht wird Irans Bombe hier für Ordnung sorgen“ hofft ein dritter.
Kopf der Gruppe Lehava ist Bentzi Gopstein – ein enger politischer Verbündeter von Sicherheitsminister Ben Gvir.
Wie wörtlich solche Hetze zu nehmen ist, machen verschiedene Vorfälle in der Geschichte der Parade deutlich. Im Jahr 2005 stach Yishai Schlissel, ein rechter ultraorthodoxer Aktivist, auf Teilnehmer*innen der Parade ein, und verletzte drei.
Zehn Jahre später, 2015, ging der gerade aus dem Gefängnis entlassene Schlissel erneut auf Teilnehmer*innen der Parade los. Er tötete eine 16-jährige Teilnehmerin der Parade und verletzte sechs weitere Personen.
Hoffen auf die Anti-Netanjahu-Proteste
Zu den Aktionen gegen die Pride Parade hatte schon damals der heutige Minister Ben Gvir aufgerufen, gemeinsam mit dem derzeitigen Finanzminister Bezalel Smotrich. In Opposition zur Pride Parade hatten sie die sogenannte „Bestienparade“ mitorganisiert und zum „heiligem Krieg“ gegen die „Abscheulichkeit“ der Pride Parade aufgerufen.
Die Organisator*innen der diesjährigen Pride Parade hoffen dessen ungeachtet auf die bislang größte Parade in ihrer Jerusalemer Geschichte. Sie setzen darauf, dass sich die Massenproteste des Landes auch in der Pride Parade widerspiegeln.
Seit mehr als vier Monaten gehen wöchentlich Hunderttausende auf die Straße und demonstrieren gegen die geplante Justizreform der Regierung, mit der die Gewaltenteilung aufgehoben werden soll. Zwischen den israelischen Flaggen weht immer wieder auch die Regenbogenfahne, denn die LGTBQI-Gemeinschaft dürfte die Folgen mit als erste zu spüren bekommen.
„Der Marsch ist“, so Walfer, „gerade weil er in Jerusalem stattfindet, ein Symbol für die Meinungsfreiheit, für den Kampf um Gleichheit vor dem Gesetz und für das Recht jedes Einzelnen, in Sicherheit und mit Stolz auf das zu leben, was er ist.“
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