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Pressefreiheit in den USAVisavergabe nach Autokratenart

Die Trumpregierung möchte Jour­na­lis­t:in­nen nur noch 240 Tage am Stück ins Land lassen. Dazu soll nun die deutsche Regierung nicht mehr schweigen.

Land der begrenzten Pressefreiheit Foto: Fabian Sommer/dpa

D onald Trump wird in den nächsten Tagen schwer in den Schlaf finden. Was nicht nur der englischen Küche beim Staatsbankett in Windsor Castle geschuldet ist. Auch die deutsche Bundesregierung trägt zu Trumps Völlegefühl bei.

Die USA wollen bekanntlich die Visavergabepraxis für internationale Jour­na­lis­t*in­nen ändern und sie nur noch für 240 Tage am Stück ins Land lassen. Nachdem schon Ende letzter Woche rund 120 internationale Medien und Journalistenorganisationen protestierten, kommen jetzt auch die deutschen Sender aus dem Quark.

Sie haben am Dienstag beim Bundeskanzler und Außenminister angeregt, „eine Protestnote auf diplomatischem Wege in Washington“ zu platzieren, die „ihre Irritation über die Entwicklung zum Ausdruck bringen könnte“. Gut, der Bayerische Rundfunk, Deutschlandradio und das ZDF hatten es auch schon auf die 120er-Liste geschafft. Aber glaubt jemand ernsthaft, Trump ließe sich davon beeindrucken?

Irritation und Durcheinander zu säen ist doch genau sein Metier. Wobei Trump nirgends „irrlichtert“, wie es hier und da immer noch heißt. Er setzt generalstabsmäßig das kleine Handbuch des aufstrebenden Autokraten um, gerade auch im Medienbereich. Dazu gehören die Milliardenklagen, wie diese Woche erst, wieder gegen die New York Times.

Natürlich sind die auch der beleidigten Leberwurst geschuldet, die tief in Trumps Magen vor sich hin schimmelt. Das Buch der beiden NYT-Journalist*innen Susanne Craig und Russ Buettner hat ja auch einen richtig schön-fiesen Titel: „Lucky Loser: How Donald Trump Squandered His Father’s Fortune and Created The Illusion of Success“ räumt mit der Legende vom Selfmade-Man Trump auf, der in Wahrheit seine Startmillionen vom Papa bekam und schon ziemlich oft pleite war.

Erlaubt ist, was Trump gefällt

Das erklärt vermutlich auch seine Raffgier im Amt. Doch um die von ABC/Disney und CBS/Paramount zugesagten Millionen, mit denen die Konzerne Trumps Klagen außergerichtlich beilegten, geht es gar nicht. Die Strategie dahinter ist größer und zielt auf Einschüchterung und letztlich Abschaffung der Pressefreiheit ab. Dazu gehören auch die Visabeschränkungen.

Erlaubt ist dann nur noch, was Trump und seinen MAGA-Jünger*innen gefällt. Übrigens weltweit, nicht nur in den USA. Das lässt sich schon jetzt an der Forderung ablesen, Elmar Theveßen das Visum zu entziehen, weil sich der US-Studioleiter des ZDF kritisch über Charlie Kirk geäußert hat. Es ist verdammt traurig, was in dem Land geschieht, das nach der Nazidiktatur Deutschland Demokratie, Meinungsfreiheit und unabhängigen Journalismus beigebracht hat.

Dass es darauf stärkere Antworten als eine bundesamtliche Protestnote braucht, liegt auf der Hand. Die dürfte höchstens dafür sorgen, dass Trump vor Lachen nicht in den Schlaf findet. „Und was soll das sein, Kollege?“, fragt die Mitbewohnerin.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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5 Kommentare

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  • Gegen diese Trump/Vance/Bondi-Michanerie ... gibt es nur ein Mittel. Genau so hart und gnadenlos zurückballern. Es gilt, diesen albernen Trump und seinen ekligen Enddarmbewohner Vize zu entblößen.

  • taz: *Die Trumpregierung möchte Jour­na­lis­t:in­nen nur noch 240 Tage am Stück ins Land lassen. [...] Erlaubt ist dann nur noch, was Trump und seinen MAGA-Jünger*innen gefällt.*

    Das hat nichts mehr mit einem demokratischen Land zu tun, das ist der Beginn einer Diktatur.

    Immer mehr US-Bürger (die es sich finanziell erlauben können) verlassen die USA und "wandern aus". Und Urlaub in den USA möchten auch immer weniger Europäer machen. Viele Kanadier, die ein Viertel aller ausländischer USA-Reisenden bildeten, wollen gar nicht mehr in ihr Nachbarland, seitdem dort das Grauen regiert. Wenn man kein US-Bürger ist, dann sollte man die USA in den nächsten Trump-Jahren nicht mehr betreten.

    Trump wird von Monat zu Monat für die Demokratie immer gefährlicher, aber die Demokraten in den USA halten nur ab und zu mal ein "Schildchen" hoch (siehe das Bild in der SZ), ducken sich aber ansonsten feige weg. www.sueddeutsche.d...14520?reduced=true

  • Die Medien und die Justiz werden auf Linie gebracht, das kommt einen doch bekannt vor. Das verstörende dabei ist, das viele in den USA absolut nicht verstehen, weil die meisten anscheinend absolut ungebildet sind, was sie gerade dabei sind zu verlieren! Was sie verlieren werden, das verstehen sie vielleicht erst dann, wenn sie alles verlorenen haben, nur dann wird es zu spät sein. Ich könnte Wetten, man wird wieder im nachhinein die Phrase hören, "Wir haben das nicht gewusst"!

    • @taz.manien:

      Welches "Nachhinein"? Die Welt ist total vernetzt. Alle wissen was sie tun. Warum lieb ich meinen "Bolsonaro", oder meine "Kirchner" oder "Trumps"? Persönliche Vorteile? Hass gegen Andere?



      Eine Prise Neid, gewürzt mit Missgunst reicht aus um die Welt ins Chaos zu stürzen.



      Und der "FriedensNobelpreisträger Trump" wird uns davor beschützen.

  • Erst wenn deutsche Medien beim Visum betroffen sind, ist die Empörung groß. Doch Trumps autoritärer Umbau läuft seit Jahren – gegen Presse, Frauen, Minderheiten, Institutionen. Es geht nicht um einzelne Vorfälle, sondern um System. Höchste Zeit, das Gesamtbild zu benennen – und die Einzelteile endlich als das zu sehen, was sie sind: Teile eines autoritären Plans. Wer nur Symptome zählt, verpasst die Diagnose.