Pressefreiheit in Deutschland: Behörden haben versagt
Im neuen Presseindex von Reporter ohne Grenzen ist Deutschland abgerutscht. Medienvertreter: innen werden immer häufiger attackiert.
F ür den Journalismus ist die Coronapandemie eine Belastungsprobe. Kritische Berichterstattung ist wichtiger denn je. Und leider, das zeigt der neue Presseindex von Reporter ohne Grenzen (RSF), auch gefährlicher. Selbsternannte Querdenker gehen seit über einem Jahr regelmäßig auf die Straße: Hippies, Verschwörungsgläubige, Rechtsextreme, Familien und Hooligans demonstrieren gemeinsam gegen die Coronapolitik der Bundesregierung. Ihr Hass richtet sich gegen „die da oben“ und immer häufiger auch gegen Journalist:innen. Es sind genau diese Querdenker-Demos, auf denen es zu massiven Übergriffen kommt. Medienvertreter:innen werden nicht mehr nur als „Lügenpresse“ beschimpft, sondern körperlich bedrängt und bedroht, gelegentlich geschehen solche Übergriffe auch am Rande linker Demos. Und auch die Polizei versagt allem Anschein nach immer öfter dabei, Presse zu schützen, und behindert diese teilweise bei ihrer Arbeit.
Die Gewalt gegen Medienschaffende habe in Deutschland „eine noch nie da gewesene Dimension erreicht“, heißt es von Reporter ohne Grenzen. Aus diesem Grund stuft die Organisation die Lage der Pressefreiheit in Deutschland nun von „gut“ auf nur noch „zufriedenstellend“ herab.
Medienverbände mahnen regelmäßig, die Bedrohungslage ist auch in der Politik seit Längerem bekannt, und dennoch wird nicht genug unternommen. Stattdessen passieren wöchentlich neue Angriffe am Rande von Demos. Wie ist das politisch zu verantworten?
Im November 2020 übergab der Presserat der Innenministerkonferenz einen überarbeiteten Vorschlag des Verhaltenskodex zwischen Medien und Polizei. Die Bitte lautete: Wir brauchen neue Regeln.
Seitdem ist kaum etwas passiert. Es gab keine Überarbeitung, die Innenminister halten sich zurück. Was für ein Armutszeugnis! In einer Demokratie muss die Freiheit der Presse geschützt werden. Wenn die Behörden das nicht leisten können, dann haben sie versagt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass