Preisregeln für Kindermedikamente: Lauterbach plant Änderungen
Manche Arzneimittel wie Fiebersäfte sind derzeit in der Apotheke nicht zu haben. Die Regierung will Lieferengpässe mit neuen finanziellen Anreizen bekämpfen.
Zuerst berichtete die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf ein Eckpunktepapier des Ministeriums, eine solche bessere Vergütung solle nicht nur kurzfristig gelten, sondern Kindermedikamente auch dauerhaft wirtschaftlich attraktiver machen. Das solle dafür sorgen, dass keine Engpässe entstehen. Für bestimmte Krebsmedikamente und Antibiotika für Erwachsene seien ähnliche Maßnahmen geplant.
Lauterbach hatte Eckpunkte für einen Gesetzentwurf angekündigt, um Probleme bei Arzneimittellieferungen zu bekämpfen. Engpässe gab es zuletzt bei Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensäften. Auch Mittel für Erwachsene sind betroffen, etwa Krebsmedikamente und Antibiotika. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gibt es derzeit gut 330 Meldungen zu Lieferengpässen von Präparaten. Das Ministerium weist darauf hin, dass nicht alle Lieferengpässe auch Versorgungsengpässe bedeuten. Es können also Alternativen beschafft oder hergestellt werden, was aber mehr Aufwand für Apotheken bringt.
Ärzte befürchten Verschlimmerung an den Feiertagen
Um früh zu erkennen, bei welchen Mitteln sich Engpässe abzeichnen könnten, solle außerdem die Versorgungslage intensiver überwacht werden, berichtete die Süddeutsche Zeitung weiter. Generell solle bei der Medikamentenbeschaffung nicht mehr nur der billigste Anbieter zum Zug kommen. Laut dem Eckpunktepapier solle es bei wichtigen Mitteln zwei Verträge geben: Neben dem günstigsten Anbieter aus dem nichteuropäischen Ausland solle immer auch der günstigste Hersteller aus der EU berücksichtigt werden. Der Auftrag werde dann geteilt.
Minister Lauterbach hatte die grundsätzliche Stoßrichtung bereits deutlich gemacht. „Wir sind auch in diesem Bereich mit der Ökonomisierung zu weit gegangen“, sagte er in der vergangenen Woche. Der Preis habe die alleinige Rolle gespielt, die Verfügbarkeit von Arzneimitteln eine zu geringe Rolle. „Das wollen wir aufheben.“
Derzeit sorgen neben Corona auch die Grippe sowie bei Kindern RS-Viren in ganz Deutschland für viele Erkrankungen. Ärztevertreter befürchten eine Verschärfung der Engpässe in der Kindermedizin über Weihnachten und Silvester. „Im Moment beobachten wir, dass Infektionen mit dem RS-Virus zurückgehen, dafür kommen jetzt immer mehr Kinder mit Grippe und anderen Atemwegserkrankungen“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Jörg Dötsch, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Durch die Personallage an den Feiertagen wird die Lage in Kliniken und Praxen gleichzeitig noch einmal angespannter sein als jetzt.“
Auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sagte: „Ich gehe davon aus, dass diese akute Krise in der Kindermedizin noch bis Februar andauert.“ Die Zahl der Infektionsfälle werde nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen voraussichtlich in den kommenden Wochen noch weiter steigen. „Gleichzeitig geraten die Kinderkliniken über die Feiertage durch ausgedünnte Dienstpläne zusätzlich unter Druck – zumal dann, wenn viele niedergelassene Kinderärzte ihre Praxen in dieser Zeit schließen oder die Sprechstunden reduzieren.“
Kinderkliniken wollen sich vernetzen
Angesichts der heftigen Infektwelle und der enormen Belastung von Kinderkliniken soll die digitale Vernetzung der Krankenhäuser ausgebaut werden. „Ganz konkret bauen wir zurzeit mit Unterstützung der Region ein digitales Netzwerk der niedersächsischen Kinderkliniken aus“, sagte die ärztliche Leiterin der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover, Gesine Hansen, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. „Dies ermöglicht es jeder Kinderklinik, mit einem Klick eine schnelle Übersicht über die Klinikbetten in Niedersachsen zu bekommen, die aktuell zur Verfügung stehen.“
Die Welle der Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), das für Babys gefährlich sein kann, sei in diesem Jahr drei- bis viermal so hoch wie in den Vorjahren, sagte Hansen. „Und nun folgt – viel früher als sonst – eine schwere Influenzawelle. Eine solche Situation bringt die medizinische Versorgung für kranke Kinder, die schon seit Langem extrem angespannt ist, an die Grenzen des Machbaren.“ Eine so starke Infektwelle bedeute, „dass wir bei beschränkten Ressourcen viele geplante und auch sehr wichtige Untersuchungen und Operationen verschieben müssen“. Sie kritisierte, die Kindermedizin leide seit 20 Jahren an Unterfinanzierung.
Hansen betonte: „Ganz praktisch würde es auch sehr helfen, die Arbeit des Pflegepersonals und des ärztlichen Personals zu entbürokratisieren. Mindestens 30 Prozent der Arbeitszeit verbringen Pflegekräfte und Ärzte mit Dokumentations- und Organisationsaufgaben.“
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