Preisregeln für Kindermedikamente: Weihnachten ohne Fieber

Gesundheitsminister Karl Lauterbach will gegen die Billig-Politik bei Medikamentenpreisen vorgehen. Dazu legte er Eckpunkte vor.

rosa Saft

Hustensaft Foto: Sabine Stallmann/imago

BERLIN taz | Seit Wochen gibt es einen Engpass bei Medikamenten für Kinder. Groß war und ist die Empörung und Sorge bei Eltern, die für ihre erkrankten Kinder keinen Fiebersaft oder andere Arzneien mehr in den Apotheken bekommen. In einer Hauruckaktion will das Bundesgesundheitsministerium nun nachsteuern und hat dazu ein Eckpunktepapier für einen Gesetzentwurf veröffentlicht. „Wir haben es mit der Ökonomisierung auch in der Arzneimittelversorgung mit patentfreien Medikamenten übertrieben. Besonders bei Kinderarzneimitteln spüren wir die Konsequenzen gerade besonders hart“, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Dass man in Deutschland nur schwer einen Fiebersaft für sein Kind bekomme, der im Ausland noch erhältlich sei, sei inakzeptabel.

Lauterbachs Ansatz: Die Preisgestaltung von Kinderarzneien radikal ändern – und die Krankenkassen mehr zahlen lassen. „Wenn zum Beispiel die jungen Patientinnen und Patienten auf teurere Medikamente ausweichen müssen, sollen die Krankenkassen künftig deutlich mehr Kosten als heute übernehmen. Das wird kurzfristig für mehr Angebot bei Kinderarzneimitteln sorgen“, so Lauterbach. Für ihn ein „Weihnachtsgeschenk in erster Linie für die Kinder“.

Zahl der Infektionsfälle bei Kindern ist nach wie vor hoch

Allerdings ist das Problem der Medikamentenbeschaffung größer. Lieferengpässe betreffen vor allem patentfreie Medikamente, sogenannte Generika. Neben Kinderarzneimitteln wie Fieber- und Hustensäfte sind auch einige Krebsmedikamente und Antibiotika derzeit knapp. Die Gründe sind vielfältig. Gravierend ist vor allem, dass Krankenkassen mit den günstigsten Herstellern Verträge schließen müssen. Apotheken dürfen nur diese Arzneimittel an die Kundschaft abgeben. Die Zahl der Anbieter ist zudem gesunken, die Produktion hat sich in Länder verlagert, in denen billiger produziert werden kann. Künftig sollen Lauterbach zufolge bei Ausschreibungen für bestimmte Produkte auch Hersteller berücksichtigt werden, die Medikamente in Europa produzieren, Vorräte mit den günstigen Arzneien sollen angelegt und das Monitoring verbessert werden.

„Die krisenhafte Entwicklung, die wir im Bereich der Medikamenten- und Arzneimittelversorgung erleben, ist nicht vom Himmel gefallen, sondern hat sich seit Jahren angebahnt“, sagte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen der taz. Er befürwortet das Vorhaben, für Arzneimittel mindestens eine Produktionsstätte in Europa einzufordern, und nicht nur auf Drittstaaten in Asien zu setzen. „Wir machen uns resilienter und unabhängig, wenn es zu einer krisenhaften Entwicklung wie aktuell kommt“, sagte Dahmen. Zudem forderte er die Aufsichtsbehörden auf, bei Großhandel und Apotheken genauer hinzuschauen. In Krisen müssten knappe Ressourcen systematischer verteilt werden, um bei Medikamenten eine bestmögliche Verteilung und Versorgung zu gewährleisten. „Auch das gehört zum erforderlichen Notfallmodus.“

Die Zahl der Infektionsfälle bei Kindern ist nach wie vor hoch, vor allem durch Grippe- und RS-Viren. Ärz­t:in­nen rechnen auch über Weihnachten mit vielen neuen Patient:innen, besonders in den Kinderkliniken, denn viele Praxen schließen über die Feiertage. Lauterbach hofft, die akute Not zu lindern. Kommt es zu Lieferengpässen, sollen die Apotheken Alternativen mit den gleichen Wirkstoffen ausgeben. Wenn Rücksprache mit Ärz­t:innen notwendig ist, soll es ein Zusatzhonorar von 50 Cent geben. Ein Gesetzentwurf soll im Januar folgen.

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