Präsidentschaftswahl in Zentralafrika: Quereinsteiger mit Zahlenfaible
Der neue zentralafrikanische Präsident Faustin-Archange Touadéra ist Diplom-Mathematiker – und übernimmt einen Staat, der kein Geld hat.

Niemand hatte Touadéra auf dem Schirm, als am 30. Dezember 2015 die erste Runde der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfand. Der eher blasse ehemalige Premierminister des 2013 von Rebellen gestürzten Exdiktators François Bozizé war als unabhängiger Kandidat angetreten, unterstützt von Gegnern Bozizés innerhalb dessen eigener Partei KNK (Arbeit, nichts als Arbeit), und war mit nur 19,4 Prozent aus dem Stand auf dem zweiten Platz gelandet.
In der Stichwahl stellte sich die KNK offiziell hinter den erstplatzierten Dologuélé, was all jene, die keinesfalls eine Rückkehr des alten Bozizé-Apparats an die Macht wollen, auf die Seite Touadéras getrieben hat – unter anderem die MPLC (Befreiungsbewegung des Zentralafrikanischen Volkes) des letzten frei gewählten Präsidenten Ange-Félix Patassé, der 2003 in einem Militärputsch von Bozizé gestürzt worden war. MLPC-Führer Martin Ziguélé gratulierte jetzt Touadéra auf Twitter zu seiner „brillanten Wahl“ und schrieb: „Bravo dem zentralafrikanischen Volk.“
Touadéra ist der wohl einzige zentralafrikanische Politiker, der dem ehemaligen Zentralbankchef Dologuélé das Wasser reichen kann, wenn es um Zahlen geht. Der Diplom-Mathematiker promovierte 2004 in Kamerun nach langen Forschungen über das Penrose-Diagramm und nichtlineare hyperbolische Systeme auf einem charakteristischen Kegel und hielt nebenbei den Vorsitz der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe zur Harmonisierung des Mathematikunterrichts in den frankophonen Ländern, bevor er Vizepräsident der Afrikanischen Mathematikerunion Zentralafrikas wurde – ein echter Quereinsteiger in die Politik also.
Bewaffnete Gruppen als Steuereintreiber
Er übernimmt nun einen Staat, der kein Geld hat. „Das Schwierigste kommt erst noch“, sagte der mit Touadéra verbündete Politiker Enoch Dérant Lakoué nach der Verkündung des Wahlergebnisses. „Es geht um den Wiederaufbau des Landes in Einheit und Frieden für eine nachhaltige Entwicklung. Der Staat ist lange Zeit von seinen Einnahmequellen abgeschnitten worden, weil bewaffnete Gruppen sich zu Steuer- und Zolleintreibern erklärt haben.“
Ob bewaffnete Gruppen den neuen Präsidenten anerkennen, ist offen. Der unterlegene Dologuélé sprach von Unregelmäßigkeiten, rief aber dazu auf, „um des Friedens willen“ das Wahlergebnis zu akzeptieren.
Regieren wird auch deshalb schwierig werden, weil es nicht gelungen ist, zeitgleich mit dem neuen Präsidenten auch ein neues Parlament zu wählen. Den Parlamentswahlgang vom 30. Dezember hat die Wahlkommission wegen massiver Unregelmäßigkeiten annulliert. Jetzt bleibt also das alte Parlament, in dem Touadéra keine Hausmacht hat.
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