Präsidentschaftswahl in Moldau: Sandus EU-Kurs gewinnt
Die moldauische Präsidentin Maia Sandu liegt bei der Wahl vom Sonntag vorne, die Stichwahl findet im November statt. Auch ein Referendum pro EU fand eine Mehrheit.
Weiter auf dem Weg in die Europäische Union (EU) oder doch in Richtung Russland: Maia Sandu dürfte zwei unruhige Wochen vor sich haben. Bei der Präsidentschaftswahl in der Republik Moldau am Sonntag kam die derzeitige Amtsinhaberin, die einen dezidiert proeuropäischen Kurs fährt, vorläufigen Ergebnissen zufolge auf 42,21 Prozent der Stimmen.
Auf dem zweiten Platz (26,15 Prozent) landete der ehemalige Generalstaatsanwalt Alexandr Stoianoglo, den die traditionell Moskau-treuen Sozialisten ins Rennen geschickt hatten. Dritter wurde der Geschäftsmann und Ex-Bürgermeister der zweitgrößten moldauischen Stadt Bălți Renato Usatîi (13,77 Prozent). Insgesamt waren elf Kandidat*innen angetreten. Die Stichwahl zwischen Sandu und Stoianoglo ist für den 3. November angesetzt.
Zeitgleich stimmten die Moldauer*innen in einem Referendum über einen Beitritt Moldaus zur Europäischen Union ab. Die Frage lautete, ob in der Präambel der moldauischen Verfassung die „europäische Identität“ der Moldauer*innen, die Unumkehrbarkeit des europäischen Kurses sowie die EU-Integration als „nationales strategisches Ziel“ festgeschrieben werden solle. Vorläufigen Ergebnissen zufolge sprach sich eine knappe Mehrheit (50,29 Prozent) dafür aus. 49,71 Prozent stimmten mit Nein. Die Wahlbeteiligung lag bei über 50 Prozent, womit das notwendige Quorum – ein Drittel der 3,3 Millionen Wähler*innen – erreicht und das Referendum gültig ist.
In einer ersten Stellungnahme nach der Wahl sprach Maia Sandu am Montag von einem beispiellosen Angriff auf die Freiheit und Demokratie in Moldau in den vergangenen Monaten. Kriminelle Gruppen, unterstützt aus dem Ausland, hätten das Land mit zig Millionen Euro, Lügen und Propaganda angegriffen, um es in Unsicherheit und Instabilität gefangenzuhalten. „Wir haben Beweise und Informationen darüber, dass eine kriminelle Gruppe 300.000 Stimmen kaufen wollte. Dies ist ein beispielloser Betrug, der darauf abzielt, die Demokratie zu kompromittieren“, sagte Sandu.
Kosten für Energie steigen
Die 52-Jährige war 2020 erstmals zur Präsidentin gewählt worden. Das Amt ist im Vergleich zu dem des Regierungschefs nur mit begrenzen Vollmachten ausgestattet. Mit Unterstützung der von ihr gegründeten liberalen Partei der Aktion und Solidarität (PAS), die bei den Parlamentswahlen 2021 die absolute Mehrheit der Mandate holte, schob Sandu Reformen an und leitete eine Annäherung an die EU ein. Der Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 beschleunigte diese Entwicklung. Seitdem versucht Moldau, sich von russischen Gaslieferungen unabhängig zu machen.
Dadurch steigen die Kosten für Energie, was viele Menschen in dem armen Land – so liegt beispielsweise die Durchschnittsrente bei umgerechnet 200 Euro monatlich – bei einer ohnehin hohen Inflationsrate hart trifft. Zehntausende verlassen jährlich das Land. Im Juni 2022 erhielt Moldau, gemeinsam mit der Ukraine, von Brüssel den Kandidatenstatus. Seit Sommer dieses Jahres laufen Beitrittsgespräche mit Chișinău.
Doch die Entscheidung für Europa stößt bei weiten Teilen der Bevölkerung und dabei vor allem auch bei der älteren Generation auf Ablehnung. So auch bei Sandus Herausforderer in der Stichwahl Alexandr Stoianoglo. Zwar hatte er im Wahlkampf versucht, sich als Befürworter eines europäischen Kurses in Szene zu setzen, gleichzeitig bei den Wähler*innen jedoch dafür geworben, beim Referendum nicht abzustimmen – aus Protest gegen die jetzige Regierung, wie er zu Protokoll gab.
Er dürfte ohnehin mit Sandu noch eine Rechnung offen haben. Im Oktober 2021 war er unter anderem wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen und 2023 von Sandu entlassen worden. Im selben Jahr sprach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Stoianoglo 3.600 Euro Entschädigung zu, da seine Rechte auf einen fairen Prozess verletzt worden seien.
Die weit verbreitete EU-Skepsis vieler Wähler*innen macht sich auch Russland zunutze, das die Republik Moldau immer noch als seine Einflusssphäre betrachtet. So wurden in einschlägigen Medien gezielt Falschinformationen und russische Narrative verbreitet. Sandu sei eine Erfüllungsgehilfin Brüssels, sie wolle Moldau in einen Krieg mit Russland stürzen. Ein EU-Beitritt des Landes bedeute weitere Verschuldung und Verarmung, hieß es da. Die Orthodoxe Kirche Moldaus (unter Moskauer Patriarchat) schürte Ängste vor einer Abschaffung der Kirche, der Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen und verbreitete die Mär von einem kompletten Ausverkauf des Landes durch Ausländer*innen.
Seine Destabilisierungsversuche lässt sich Russland einiges kosten. So sollen laut moldauischen Medien allein im September zwecks Bestechung knapp 14 Millionen Euro an 130.000 Wähler*innen transferiert worden sein. Eine Schlüsselrolle dabei spielte der moldauische Oligarch Ilan Shor. Er war im April 2023 von einem Gericht in Abwesenheit wegen schwerer Wirtschaftsverbrechen zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.
Geldgeschenke der anderen Art vor den Wahlen hatte übrigens auch EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen im Gepäck. Bei ihrem Besuch am 10. Oktober in Chișinău kündigte sie das größte Finanzpaket für Moldau seit dessen Unabhängigkeit 1991 an. Die Mittel belaufen sich auf 1,8 Milliarden Euro, die über drei Jahre in Raten ausgezahlt werden sollen. Sie fühle hier den Puls Europas schlagen, sagte von der Leyen. Da geht es vielen Moldauer*innen offensichtlich anders.
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