Präsident der Fifa: Wer folgt auf Blatter?
Mögliche Nachfolger Blatters haben wenig Zeit, sich in Stellung zu bringen – ein Blick auf fünf Kandidaten.

Kandidat 1: Der Prinz
Prinz Ali bin al-Hussein war als alleiniger Herausforderer Blatters die Hoffnung der Uefa bei der Wahl am Freitag. Er versuchte sich im Wahlkampf als Reformer zu profilieren und versprach brav transparentere Strukturen. Nach Blatters Rücktritt warf er seinen Hut sofort wieder in den Ring. Mit konkreten Politikvorstellungen fiel der 39-Jährige indes nicht auf. Die Untersuchungsberichte der WM-Vergabe 2018 und 2022 will er zwar veröffentlichen, die Turniere aber unabhängig von den Erkenntnissen in jedem Fall in Russland und Katar stattfinden lassen. Er will keinem auf den Schlips treten. Eine durchaus mehrheitsfähige Haltung.
Kandidat 2: Der Scheich
Scheich Ahmad al-Fahad al-Sabah ist ein Meister des Networkings. Derzeit gibt es unter den Sportfunktionären vermutlich keinen besseren Strippenzieher. Der ehemalige kuwaitische Minister für Propaganda organisierte bereits eine Mehrheit für den Deutschen Thomas Bach, der 2013 zum Chef des Internationalen Olympischen Komitees gewählt wurde. Seit letzter Woche sitzt al-Sabah im Exekutivkomitee der Fifa. Er beherrscht das Handwerk der Machtpolitik. Die Korruptionsvorwürfe gegen Katar, sich die WM 2022 erkauft zu haben, kanzelte der 51-Jährige als „rassistisch“ ab. Schluss also mit den Nachforschungen! Ein würdiger Blatter-Nachfolger.
Kandidat 3: Der Fußballer
Von der Fifa und ihrem Sepp
Michel Platini ist seit Jahren der einzige prominente Gegenspieler von Sepp Blatter. Allerdings agierte der Uefa-Chef und einstige französische Nationalspieler bis vergangene Woche stets aus dem Deckungsschatten heraus. Er scheute die Niederlage gegen seinen einstigen Ziehvater Blatter und den Verlust des beschaulichen Fürstenlebens in seinem europäischen Reich. Wenn ihn aber jetzt alle ganz nett bitten, wird er schon nicht kneifen. Die Blatter-Getreuen sollen ja Vorbehalte gegen ihn hegen. Aber über Bestechungsaffären hinwegsehen kann er auch. Das hat er bereits bei der EM-Vergabe 2012 bewiesen. Und die WM in Katar findet er sowieso dufte.
Kandidat 4: Der Brite
Greg Dyke fiel vor dem Rücktritt Blatters vor allem durch seine offensiven Forderungen auf. „Boykottiert die WM in Russland! England wird sich unter Blatter nicht mehr um eine Austragung bewerben!“ Der Chef des englischen Fußballverbands fand für seine Boykottpläne aber keine große Zustimmung. Dennoch könnte sein Willen zu Veränderungen als positives Zeichen gewertet werden und ihm bei einer Kandidatur Stimmen einbringen. Ob er zur Wahl antritt, ist nicht bekannt. Der 68-Jährige fühlt sich mit der Verbandsleitung des Fußball-Mutterlands ganz wohl. Unter Wettanbietern werden Dyke nur Außenseiterchancen eingeräumt.
Kandidat 5: Mister X
Der große Unbekannte könnte ein ehemaliger Fußballprofi sein. Oder eine der drei Frauen aus dem Exekutivkomitee? Jemand, der angesichts der neuen Chancen Ambitionen für eine Kandidatur entwickelt? Klar ist: Der Unbekannte bräuchte nicht nur den Willen zu Reformen, er bräuchte die Unterstützung mehrerer Konföderationen. Will der Unbekannte also Siegchancen bei der Neuwahl haben, muss er zum einen beliebt und gut vernetzt sein, zum anderen mit klaren Visionen einer neuen Fifa die Stimmen der Mitgliedsverbände für sich gewinnen. Dafür kommen durchaus auch weltbekannte Exprofis infrage. Der Unbekannte muss viel können.
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