piwik no script img

Polizeigewalt in HongkongKnochenbrüche und Platzwunden

Amnesty International hat festgenommene Demonstranten befragt. Sie berichten von Misshandlung und Folter. Amnesty fordert eine Untersuchung.

Nicht loslassen – in Hongkong bilden Demonstranten eine Menschenkette Foto: reuters

Berlin afp | Die Polizei in Hongkong geht nach Erkenntnissen von Amnesty International bei den Protesten mit Gewalt, Misshandlungen und sogar Folter gegen die Demonstranten vor. „Vor und während der Verhaftung von Protestierenden in Hongkong kommt es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen durch Polizeibeamte“, erklärte der Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation in Deutschland, Markus N. Beeko, am Donnerstag. Amnesty forderte eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle.

Amnesty hatte nach eigenen Angaben Anfang September Interviews mit 21 festgenommenen Demonstranten sowie mit Anwälten von Betroffenen und Rettungskräften geführt. „Fast alle der von Amnesty befragten Personen schilderten, wie sie mit bloßen Händen und Gummiknüppeln geschlagen wurden, auch wenn sie keinen Widerstand leisteten“, erklärte Beeko.

Trotz ernsthafter Verletzungen habe die Polizei oft auch die notwendige ärztliche Versorgung verweigert, erklärte Amnesty. Vielfach hätten die Verhafteten aufgrund der erlittenen Gewalt im Krankenhaus behandelt werden müssen. Unter den Verletzungen habe es mehrfache Knochenbrüche, abgebrochene Zähne und Platzwunden gegeben.

„In mehreren Fällen wurden Protestierende auch später in Haft schwer verprügelt und anderweitig misshandelt und sogar gefoltert“, erklärte Beeko. Eine Frau habe berichtet, dass sie unter Beschimpfungen gezwungen wurde, sich auszuziehen und eine Leibesvisitation über sich ergehen zu lassen. An zwei Tagen seien die Amnesty-Mitarbeiter selbst Zeugen von Polizeigewalt gegen Demonstranten, Medienvertreter und Unbeteiligte geworden.

Die seit drei Monaten andauernden Proteste in Hongkong hatten sich anfangs gegen ein geplantes Gesetz gerichtet, das Überstellungen von Verdächtigen an Festland-China vorsah. Unter dem Druck der Demonstranten zog die Hongkonger Regierung das Gesetz komplett zurück.

Mittlerweile richten sich die Proteste aber generell gegen die pekingtreue Führung in Hongkong und die Beschneidung der Bürgerrechte. Die Demonstranten fordern den Rücktritt der Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam, eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt, eine Amnestie für die Festgenommenen sowie freie Wahlen.

Zuletzt kam es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstranten. Derweil wächst die Furcht vor einem Militäreinsatz Chinas.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • So sehe ich die Proteste auch begrüße, ich kann einfach nicht anders als bang zu warten wann und nicht ob sich ein Tian'anmen 2.0 ereignet.

    • @Andreas Maschler:

      Bisher haben jedenfalls weder Polizei/Armee Menschen erschossen noch Demonstrierende Polizisten/Soldaten gelyncht. Das ewige Beschwören der Niederschlagung der Pekinger Studentenunruhen, obwohl bisher bei den Protesten rein gar nichts passiert ist, was man nicht auch von hierzulande und heute kennt, ist letztlich nichts anderes als Ideologie...