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Politische Krise in KatalonienRegierungskoalition zerbrochen

Der Wunsch nach Unabhängigkeit hielt sie zusammen. Jetzt hat die konservative JxCat den Pakt mit der linken ERC von Ministerpräsident Aragonès aufgekündigt.

Genau das ist ein Bild, das JxCat nicht gerne sieht: Aragonès (li.) und Sánchez reden miteinander

Madrid taz | Die Regierungskoalition in Katalonien – und damit die Einheit derer, die für die Loslösung der Region von Spanien eintreten – ist zerbrochen. In einer Urabstimmung beim kleineren der beiden Koalitionspartner, JuntsxCat (Gemeinsam für Katalonien – JxCat), votierten 55,7 Prozent für einen Ausstieg aus der Regierung. Der Grund: Die Partei des im Brüsseler Exil lebenden ehemaligen katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont wirft der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) des amtierenden Ministerpräsidenten Pere Aragonès vor, sich nicht an die Koalitionsvereinbarung gehalten und sich zu stark an die Madrider Zentralregierung angenähert zu haben.

JxC will einen einseitigen Weg zur Unabhängigkeit suchen. ERC setzt auf ein mit der spanischen Zentralregierung unter dem Sozialisten Pedro Sánchez ausgehandeltem Referendum.

Diesen Plan kündigte Aragonès kurz vor dem fünften Jahrestag des trotz Verbot aus Madrid abgehaltenen katalanischen Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 an. JxCat bereitete daraufhin eine Vertrauensfrage im Autonomieparlament vor. Aragonès fühlte sich hintergangenen und enthob seinen Stellvertreter Jordi Piugneró (JxCat) des Amtes. Die Lage eskalierte, JxCat rief die Mitglieder an die Urnen.

Knapp über 79 Prozent der 6.465 Parteimitglieder folgten dem Aufruf und ließen mehrheitlich die Koalition platzen. Der Konflikt schwelt seit langem. Denn die ERC unterstützt Sánchez' Minderheitsregierung aus Sozialisten und Linksalternativen bei allen wichtigen Entscheidungen im Madrider Parlament. Sánchez und Aragonès haben ausserdem einen Dialog zwischen zwischen zentralstaatlicher und regionaler Regierungsebene ins Leben gerufen – biosher ohne entscheidende Ergebnisse. Das Ansinnen des Katalanen nach einem Referendum im beiderseitigen Einvernehmen wie einst in Quebec oder Schottland, lehnt Sánchez entschieden ab.

Die JxCat-Chefin und enge vertraute Puigdemonts, Laura Borras, wirft Aragonès „Betrug“ vor und warb für das Nein zur Fortsetzung der Regierung. Jetzt kündigt sie eine harten Oppositionskurs an. Allerdings muss sie dabei vorsichtig sein, denn die Kluft zwischen den eher pragmatischen Mitgliedern, darunter ein Großteil der Bürgermeister aus den Reihen von JxCat, die die Koalition weiterführen wollten, und ihrem radikaleren Flügel ist nach der Abstimmung größer denn je.

Für Aragonès ist der Ausstieg von JxCat aus der Koalition „unverantwortlich“. Er will jetzt im Alleingang regieren und so „eine neue Etappe“ einleiten. Einfach wird das nicht, denn seine ERC hat nur 33 der insgesamt 135 Sitze im katalanischen Autonomieparlament.

Aus Madrid werden derweilen Stimmen sowohl aus den Reihen der Sozialisten als auch der linksalternativen Unidas Podemos laut, die Aragonès eine neue Regierungsformel anbieten. Eine „fortschrittliche Mehrheit aus ERC, den Sozialisten und den Linksalternativen in Katalonien hätte 74 Sitze im Autonomieparlament und damit eine deutliche Mehrheit. Aragonès würde damit allerdings Gefahr laufen, bei den nächsten katalanischen Wahlen endgültig als Verräter der Sache der Unabhängigkeit dazustehen.

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1 Kommentar

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  • Daß "ein mit der spanischen Zentralregierung unter dem Sozialisten Pedro Sánchez ausgehandeltes Referendum" nicht ohne gehörigen Druck aus der EU machbar ist, weiß sowohl Junts als auch ERC, wobei die Strategie von Junqueras und seinen Getreuen (ERC) eben ist, Dialogbereitschaft, Geduld und Mäßigung zu zeigen, um zu gegebener Zeit erneut mit vereinten Kräften den Staat in die Bredouille zu bringen, wie das im Oktober 2017 gelang.



    Junts weiß wahrscheinlich auch, daß in den kommenden Jahren die Zustimmung zu einem unabhängigen katalanischen Staat steigen wird, ist aber davon überzeugt, daß die Zeit schon jetzt reif ist.



    Entscheidend sind sicher auch die zukünftigen Entscheidungen der EU-Gerichte über die Ereignisse im Jahr 2017. Eine deutliche Zurechtweisung der spanischen Justiz könnte der Anlass sein, daß mehr europäische Politiker und Entscheidungsträger den Mut haben werden, endlich politische Konflikte politisch und demokratisch zu lösen statt politische Oponenten ähnlich wie in der Türkei zu ignorieren oder gar gewaltsam zu unterdrücken.