Pläne des Innenministeriums: Wer predigt, soll Deutsch sprechen
Ausländische Geistliche sollen künftig einen Nachweis über ihre Deutschkenntnisse vorlegen. Im Fokus stehen vor allem Imame.
Die Regelung soll für alle Religionen gelten. Die Debatten des vergangenen Jahres legen indes nahe, dass vor allem Imame im Fokus stehen. So ging es zuletzt bei der Deutschen Islamkonferenz im November um die Frage, ob und wie Gemeinden sich unabhängiger vom Ausland organisieren könnten.
Bisher werden etwa die Imame des größten Islamverbands in Deutschland, Ditib, von der türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt. Der Verband steht wegen seiner Nähe zur türkischen Regierung in der Kritik.
Einige islamische Gemeinschaften wie etwa die Ahmadiyya bilden ihre Imame in Deutschland aus. Betroffen wären allerdings längst nicht nur Muslime. Auf taz-Anfrage erklärte die Deutsche Bischofskonferenz, derzeit seien rund 1.300 Priester aus dem Ausland in Deutschland tätig. Die größte Gruppe darunter sind indische Geistliche mit etwa 30 Prozent, gefolgt von polnischen (26 Prozent).
„Rechte Bauchgefühle streicheln“
Es sei „grundsätzlich positiv“, wenn alle in Deutschland tätigen Geistlichen Deutsch könnten, sagte ein Sprecher des Zentralrats der Muslime der taz. Wichtig sei aber, dass die Versorgung der Muslime in den Gemeinden mit den religiösen Diensten, „die sie brauchen und nachfragen, gewährleistet ist“.
Aziz Bozkurt, Vorsitzender der AG Migration in der SPD, betonte die Wichtigkeit flankierender Maßnahmen: Ziel sollte es sein, „dass die deutschen Muslime in deutschen Moscheen mit in Deutschland ausgebildeten Predigern ihr Gemeindeleben führen können“, sagte er. Sich auf einen Einzelaspekt zu fokussieren trage dazu bei, „rechte Bauchgefühle zu streicheln“.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Filiz Polat erklärte, erst eine Ausbildung von Imamen in Deutschland sei „eine reale Alternative zur Beschäftigung von Imamen aus der Türkei“. Die Pläne des BMI würden „die Muslime vor Ort am härtesten Treffen, die keine Alternativen haben“. Ditib äußerte sich bis Redaktionsschluss auf Anfrage nicht.
Die Pläne des BMI sind noch sehr vage. Welches Sprachniveau vorausgesetzt werden soll, ist offenbar noch ebenso offen wie die Frage, inwiefern Geistliche aus dem europäischen Schengen-Raum betroffen sein werden. Zudem wurden die Pläne anscheinend noch nicht mit den anderen Ressorts besprochen. Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums sagte am Montag, dort sei „kein aktueller Stand bekannt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken