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Islamkonferenz in BerlinDer Imam gehört zu Deutschland

Wie ist es um den Islam in Deutschland bestellt? Darum dreht sich ab Mittwoch die Islamkonferenz – unter dem Vorsitz von Innenminister Seehofer.

Beim Freitagsgebet: Gläubige in Berliner Mevlana-Moschee Foto: dpa

BERLIN taz | Der Islam gehört zu Deutschland. Diesen Satz haben einige Politiker*innen bekräftigt; etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Andere haben diesem Satz widersprochen; etwa Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Wie es um den Islam in Deutschland bestellt ist, darum geht es am Mittwoch und Donnerstag auf der vierten Deutschen Islamkonferenz (DIK) in Berlin. Der Gastgeber: Horst Seehofer.

„Die hier lebenden Muslime gehören zu Deutschland.“ Auch diesen Satz hat Seehofer gesagt, nun hat er ihn in einem Gastbeitrag für die FAZ wiederholt. Der Titel des Textes: „Ein Islam in, aus und für Deutschland“. Und so soll es bei der DIK einerseits um die „Bedingungen und Chancen für ein gutes Zusammenleben in alltäglicher Praxis“ gehen, und andererseits um die „Notwendigkeit einer entschiedeneren Selbstorganisation der islamischen Verbände“.

Das Thema ist hochaktuell. Erst Anfang der Woche war der Ditib-Landesvorstand in Niedersachsen zurückgetreten. Ditib ist der Dachverband von rund 960 Moscheevereinen und wird immer wieder als Sprachrohr Ankaras kritisiert. Zu groß sei die Einmischung aus der Türkei gewesen, hatte der Landesvorsitzende Yılmaz Kılıç erklärt.

Deswegen geht es bei der DIK, zu der neben den großen Verbänden diesmal auch kleinere Organisationen und Einzelpersonen geladen sind, auch um „in Deutschland ausgebildetes religiöses Personal und die eigenständigere Finanzierung der Moscheegemeinden“. Viele Imame in Deutschland werden im Ausland ausgebildet, die Imame der Ditib sind türkische Staatsbeamte – und bekommen ihr Gehalt aus der Türkei.

„Integrationsbremse“

Der Migrationsforscher Hacı Halil Uslucan kritisiert die Entsendung von Imamen als „Integrationsbremse“. Die Geistlichen kämen für vier bis fünf Jahre ins Land, erklärt Uslucan, Professor an der Universität Duisburg-Essen und Vize-Vorsitzender des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Migration und Integration. Sie seien neben den spirituellen aber auch für die lebensweltlichen Bedarfe der Gemeinde zuständig. „Das kann jemand, der Deutschland und die deutsche Sprache nicht kennt, gar nicht einlösen.“

An vier Standorten deutschlandweit können Interessierte heute Islamische Theologie studieren, erste Absolvent*innen soll es dieses Jahr geben. Wie viele davon sich dann für die Weiterbildung zum Imam entscheiden, wird sich zeigen. Etwa 900 Imame werden derzeit hingegen aus dem Ausland finanziert. Damit sich das ändert, reicht es aus Sicht Uslucans nicht, nur an der Ausbildung zu schrauben. „Es geht auch um die Bezahlung“, sagt er. Denn wenn die Arbeit der Imame nicht ausreichend honoriert werde, leide die Qualität.

Die hier lebenden Muslime gehören zu Deutschland

Horst Seehofer, CSU

So sehen das auch die Grünen. Bislang gebe es „weder einheitliche Ausbildungs- und Qualifizierungsstandards noch tragfähige Konzepte für die Finanzierung des religiösen Personals in den Gemeinden“, heißt es in einem Antrag der Fraktion, der der taz vorliegt und am Donnerstag im Bundestag diskutiert wird. „In deutschen Moscheen sollte eine qualifizierte, den heterogenen und komplexen Anforderungen unserer Einwanderungsgesellschaft entsprechende Gemeindearbeit stattfinden“, sagt Filiz Polat, integrationspolitische Sprecherin der Fraktion. Muslim*innen bildeten schon lange einen „nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil unseres sozialen und kulturellen Zusammenlebens“. Sie erwarte von der Bundesregierung einen „ernsthaften und verbindlichen Dialog mit den muslimischen Verbänden“.

Seehofer schrieb in der FAZ, er sehe Handlungsbedarf dabei, dass „Deutschlands Muslime“ die Imamausbildung „an ihre Bedürfnisse anpassen“. Zudem kündigte er zusätzliche Mittel für eine „basisnähere und praktisch ausgerichtete Integrationsförderung“ an.

Ob sich Verbände wie Ditib auf Gespräche zur Imamausbildung einlassen, wird sich zeigen. Uslucan warnt davor, alle Ditib-Gemeinden über einen Kamm zu scheren. „Dass es zwischen Dachverband und Landesverbänden, aber selbst zwischen den verschiedenen Moscheegemeinden unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, wie viel Nähe zur Türkei gewünscht ist, hat die Entwicklung in Niedersachsen ja gerade sehr deutlich gezeigt.“

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11 Kommentare

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  • Schön, dass Ihnen Europa am Herzen liegt.



    Wir hatten das übrigens schonmal so ähnlich, da war Deutschland im sogenannten Völkerbund und lebte in berreichernden intelektuellen Austausch mit einer anderen Religionsgemeinschaft. Dann kamen ein paar Trottel in die Riegierung und Deutschland sagte: Auf Wiedersehen Ernst Cassierer, Hannah Arenth, Walter Benjamin, Albert Einstein...! Jetzt ist Deutschland sogar ein Teil Europas, vereint mit allen drei monotheistischen Religionen. Eine riesen Chache für Vermittlung und fruchtbaren geistigen Austausch. Und Sie wollen jetzt kneifen?

    Übrigens zu Ihrem letzten Kommentar: Macht das die Situationen der Frauen jetzt besser, wenn sie alle wieder unter der Knute ihrer jeweiligen Gemeinschaft stehen? Ist es für Sie besser wenn Vergewaltigungen im Konfliktland passieren und dies nicht geahndet wird? Ist es besser diese Geflüchtete in Ankerzentren zu radikalisieren, statt Aufzuklären, und diese dann auf ihre Heimatbevölkerung loszulassen?

    In Wirklichkeit ist Ihnen der Schutz der Frau doch egal! Auch der überwiegende Teil der Frauen welche von deutschen Vergewaltigt werden sind ihnen egal! Und die Frauen die in ihren konservativ-islamischen Gemeinschaften leiden erst recht! Mit dieser Ausslassung spucken sie geradezu auf die Opfer und Angehörigen der Fälle seit 2015. Für Sie ist es doch die Hauptsache, dass speziell "ihr" blondes deusches Mädel nicht von einem Ausländer angegrabbelt wird. Diese sehr ungesunde Denkart ist ihnen anscheinend so wichtig, dass Sie es sogar nahezu zum Artikelthema Kontextlos in diese Kommentarspalte setzten. Machen Sie sich darüber mal gedanken.

    • @Sven Svarson:

      ...der Kommentar sollte an Thobode gehen.

  • Wir haben in Deutschland Universitätsstandorte , in denen Islamwissenschaft stattfindet. Nach meinen Informationen gibt es dort Dozenten die unter Polizeischutz stehen. Warum? Angst vor Anschlägen durch Muslime die anderer Meinung sind.

  • Viele, aber nicht alle Linke (ich nicht, und Hartmut Krauss nicht) betreiben Islam-Lobbyismus. Sie sollten mal erklären warum sie das tun, da es so absurd ist. Aber erst mal ehrlich nachdenken bevor man das übliche, hohle Gequassel wie Polat & Co. absondert.



    Ich kann es euch erklären, aber ihr wisst es doch eigentlich selbst. Es ist euch scheißegal ob Europa langfristig wegen dem Islam vor die Hunde geht, und die Armen am meisten darunter leiden. Hauptsache ihr könnt die Welt verändern, denn das will der Linke, damit er sich besser fühlt. Wenn ihr euch am Kapitalismus die Zähne ausgebissen habt dann holt ihr eben die Moslems die den "alten, weißen Mann" beseitigen. Die jungen, weißen Frauen, Abertausende seit 2015, sind halt Kollateralschäden.

  • Seehofer schrieb in der FAZ, er sehe Handlungsbedarf dabei, dass „Deutschlands Muslime“ die Imamausbildung „an ihre Bedürfnisse anpassen“. Zudem kündigte er zusätzliche Mittel für eine „basisnähere und praktisch ausgerichtete Integrationsförderung“ an.

    Wie wäre es mit einem Zentrum für Islamische Theologie an der Münchner Uni?

  • "Der Imam gehört zu Deutschland"

    Genauer gesagt, seit 1943. Da wurde die erste Islamschule Deutschlands von Herrn Himmler eröffnet. Der brauchte seinerzeit auch Imame für seine islamischen Soldaten und SS-Angehörigen.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Frank Erlangen:

      Ergänzend zu Ihrem Post:



      www.youtube.com/watch?v=ZqfdZItNJ7Y

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Also, ich bin kein Muslim aber ich komme aus einem islamischen Land und ich bin mit einer Christen verheiratet. Ich brauche persönlich keine Religion. Die Religion ist das Mittel zum Zweck. Mit anderen Worten, die Religionen werden von den Menschen ausgenutzt ihre Ziele zu erreichen. Daher halte ich von Seehofer nichts und auch nicht von seinen Islamkonferenzen.



    Ich finde auch von der Aussage nichts "Islam gehört nicht zu Deutschland"



    Man kann den Menschen ins Land reinlassen aber ihr glaube nicht. Wie soll das gehen. Dazu kann ich nur eins sagen. Das ist typisch Deutsch. Ich halte von der Behauptung nicht viel. Die Religion würde die Integration bremsen. Das hat mit Realität nichts zu tun. Dafür must sich die deutsche Gesellschaft öffnen. Wenn eine Gesellschafft offen ist, ist diese Gesellschafft fähig Fremden aufzunehmen, Würde das Problem von sich lösen. Es ist natürlich viel einfacher die Tatsachen zu verdrehen und schuld immer bei den anderen zu suchen. Wo entscheidet denn die Minderheit über Mehrheit. Das habe ich nirgendswo gesehen. (Abgesehen von Königsfamilien in Nahenosten)