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Gastkommentar IntegrationHer mit dem deutschen Muslimtag!

Kommentar von Abdul-Ahmad Rashid

Die Deutsche Islamkonferenz hat gezeigt, dass auch Gegner aufeinander zugehen können. Deshalb braucht es etwas Neues.

Auf der Deutschen Islamkonferenz redeten plötzlich Menschen miteinander, die sich sonst nur auf Twitter anfeinden Foto: dpa

B ei der gerade abgelaufenen Deutschen Islamkonferenz tauschten sich auf Einladung von Bundesinnenminister Minister Horst Seehofer (CSU) Vertreter des muslimischen Lebens in Deutschland aus. Dabei wurde intensiv debattiert und auch gestritten, manchmal sehr erregt und emotional.

Hier begegneten sich Menschen, die sich teilweise zuvor nie gesehen hatten oder nur aus den sozialen Netzwerken kannten, wo sie sich nicht selten attackiert oder sogar bis aufs Blut bekämpft hatten. Es wurden Konstellationen sichtbar, die man so nie vermutet hätte: Der Islamkritiker traf auf den Imam; der Verbandsfunktionär auf die liberale Muslimin. Am Ende sah man viele Menschen, die ihre Visitenkarten austauschten – was darauf hindeutet, dass sie den Dialog weiterführen wollen.

Im Rahmen dieser sehr gelungenen Konferenz wurde eins deutlich und von den Teilnehmern auch in den Redebeiträgen oft formuliert: Muslime brauchen öfters einen Ort, wo sie Debatten dieser Art führen können. Es besteht eindeutig unter Muslimen ein Bedürfnis danach, nicht mehr über, sondern miteinander zu reden. Was der Staat angeschoben hat, könnten Muslime jetzt weiterführen – selbst organisiert und selbst finanziert. Dann klappt es auch mit den Speisen.

Vor einigen Jahren habe ich mit einer Gruppe aus Muslimen und Nichtmuslimen einen Förderverein gegründet, der es sich zum Ziel gemacht hat, einen Deutschen Muslimtag zu veranstalten. In regelmäßigen Abständen sollen sich Muslime der unterschiedlichsten Prägungen an einem Ort treffen, um sich miteinander auszutauschen, zu diskutieren und zu streiten. Nichtmuslimische Gäste sind selbstverständlich willkommen, denn sie bereichern die Diskussion mit Fragen und Wortbeiträgen.

Abdul-Ahmad Rashid

Abdul-Ahmad Rashid ist Islamwissenschaftler und Redakteur der Sendung "Forum am Freitag" im ZDF

Wie bei großen Versammlungen üblich, soll auch hier am Ende ein Ergebnis als Signal in die Gesellschaft gesendet werden. Mit einer solchen Veranstaltung würden Muslime zeigen, dass sie ein selbstverständlicher Teil dieses Landes sind und demokratische Spielregeln verstanden haben. Die Zeit ist reif für einen Deutschen Muslimtag!

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12 Kommentare

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  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    @ FVADERNO



    Ein bisschen mehr Vertrauen könnten Sie schon in unsere freiheitliche bürgerlich-demokratische Gesellschaftsordnung und ihrer Kultur haben. Wenn das Sinn macht und Fortschritt ist, was Jahrhunderte zunächst von gscheiten Köpfen in der Theorie und immer wieder mal vom Pöbel in kleinen Revolten ansatzweise vorbereitet, in 1789 inFrankreich dann mit Gewalt und irrsinnigen Geburtswehen installiert und 1945 in Deutschland noch mal frisch importiert und versucht wurde, dann hat eine archaische, nicht-emanzipatorische Ideologie (ich bezeichne den Islam ausdrücklich als Ideologie, weil er ebenso ausdrücklich ein bestimmtes Menschenbild transportiert wie er definitiv auch eine bestimmte Gesellschaftsordnung projektiert) in the long run als Gesellschaftsmodell keine Chance dagegen. Ist einfach zu unattraktiv. Aus vielen Gründen, vor allem aber aus einem: Weil der Mensch frei sein will, auch wenn ihn zunächst Einiges, nicht zuletzt Erziehung und Prägung davon abhält, diesen Willen offen zu äußern oder sogar erst mal in sich zu entdecken.



    Von aktuellen Gefahren durch Radikale und ihrem Versuch hier (in Europa) etwas zu unterminieren, dürfen Sie sich nicht zu sehr beeindrucken lassen. Solange soziale Fragen hier immer noch verhandelt und dafür gewisse Ausgleiche gesucht werden, solange der Wohlstand noch so ist, das alle irgendwie daran teilhaben, wird es keine Massenbewegung geben, in der radikale Imame erfolgeich die Jugend aufwiegeln können.



    Nichtsdestotrotz bin ich, genau wie Sie vermutlich, für eine forcierte Weiterentwicklung hin zum echten laizistischen und säkularen Staat.

  • Da gab (oder vielleicht gibt es ihn auch noch) einen Komiker mit Anhängern, der mit großem Ernst ein Nudelsieb auf dem Kopf trug und das als Grundlage für seine Religion bezeichnete. Wird es dann auch einen 'Nudelsiebtag' geben? Aber mit Ernst darf ich fragen: Wäre das nicht ein weiterer Schritt zu einem deutschen islamischen Staat. Trotz vieler Kritikpunkte an unserer abendländischen Kultur und Geschichte bin ich bereit, meine Kräfte für den Weiterbestand dieser zu konzentrieren. Das gilt genauso für unsere Demokratie!

    • @fvaderno:

      Was erdreistest du dich das Zeichen seiner herrlichen nudeligkeit und einen treuen Anhänger der stolzen Pastafarianer so geringschätzig zu beschreiben!

      Es gibt uns noch und wir werden mehr!



      Alle Welt wird die Liebe seiner nudeligen anhängsel zu schätzen lernen wenn unsere Förderung des Piratentums erst einmal den durch Mangel an Piraten verursachten Klimawandel beendet hat!

      Aaargh!

  • Da hat Herr Rashid völlig recht.

    Bitte überzeugen Sie die muslimischen Verbände!

    Das brächte unsere Gesellschaft bestimmt einen erheblichen Schritt weiter.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @rero:

      dito

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Würde in einem islamisch geprägten Land eine relevante Minderheit von Deutschen leben, würde man dann einen Katholiken/Protestanten-Tag fordern?

    Was ist mit den Muslimen, die auf Religion pfeifen? Oder gibt es die gar nicht?

    55% der Deutschen gehören einer Kirche an. Einschließlich der Karteileichen.

    Wie ist das bei Menschen mit arabischem oder türkischem Hintergrund?

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      Ich denke nicht, dass man Muslime, die auf die Religion pfeifen Muslime nennen sollte, auch wenn die so eine Art "Austrittsverbot" haben.



      Alles was den Dialog unter Muslimen untereinander, von den Lauen bis zu den Hardlinern und mit allen möglichen anderen Leuten öffnet und fördert, soll recht sein, und wenn sie dafür ein Wochenende lang mit Fähnchen oder Halstüchern und Joga-Matten oder Gebetsteppichen unterm Arm in irgend einer deutschen Stadt rumrennen. Bislang passiert ja das meiste in mehr oder weniger abgeschlossenen Zirkeln und Gemeinschaften.



      Man stelle sich doch nur mal so was Utopisches vor: Deutschland als das erste Land, in dem Sunniten und Schiiten ihr tödliches Chisma in was harmloseres umwandeln.



      Wie groß der Anteil laizistisch eingestellter Menschen unter Leuten mit "muslimischem Hintergrund" ist, würde mich auch brennend interessieren

  • Her mit dem deutschen Atheistentag!

    Das wäre ein neues Zeichen gegen religiöse Folklore.

    • @Marc T.:

      Und ein deutscher Agnostikertag dazu, am liebsten im Sommer.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @Marc T.:

      Schliesse mich an!



      Wann endlich gründen wir eine Nichtreligionsgemeinschaft und fordern einen Dialog?



      Vermisse ich sehr!

  • Muslime sind ein selbstverständlicher Teil dieses Landes (siehe Grundgesetz). Muslime welche den Koran über das Grundgesetz stellen, sind es nicht. Ob die Ihre Position auf der Konferenz vertreten haben? Ich denke nicht.

  • Das Problem ist, dass der ZRdM von der türkischen Religionsbehörde kontrolliert wird. Und die haben's nicht so mit Demokratie.