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Pläne der Bundesagentur für ArbeitMehr Hilfe für die Abgehängten

Der Chef der Bundesagentur, Detlef Scheele, plant Maßnahmen für Langzeitarbeitslose. Bisher galt die „geförderte Beschäftigung“ als gescheitert.

Detlef Scheele, Mann mit Arbeit, hat neue Pläne für Menschen ohne Arbeit Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist schon bemerkenswert: In Deutschland gibt es so viele sozialversicherungspflichtige Jobs wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Aber vielen Langzeitarbeitslosen nutzt das kaum etwas: 2,5 Millionen Menschen in Deutschland leben von Hartz-IV-Leistungen. Und das seit vier Jahren oder länger. Jetzt will der neue Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, die Anstrengungen verstärken, Langzeitarbeitslose wieder in öffentlich geförderte Beschäftigung zu bringen.

„Wenn man es ernst meint und sich auch um Bevölkerungskreise kümmern will, die objektiv keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, ohne Ausbildung sind, Ältere, möglicherweise mit gesundheitlichen und anderen Einschränkungen, dann muss man etwas tun“, hatte Scheele in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur gesagt. Der 60-Jährige ist seit Anfang April neuer Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit. Scheele, SPD-Mitglied, leitete bis 2008 gut 13 Jahre lang eine Hamburger Beschäftigungsgesellschaft.

Vorrangig gehe es darum, einer kleinen Gruppe von Arbeitslosen „zeitweise“ die Teilhabe am normalen Arbeitsleben zu ermöglichen, sagte Scheele. Schließlich wirke Arbeit stabilisierend. Damit relativiert der neue Chef der Arbeitsagentur die Sichtweise, nach der öffentlich geförderte Beschäftigung dann als „gescheitert“ gilt, wenn die TeilnehmerInnen anschließend keinen regulären sozialversicherungspflichtigen Job finden, sondern weiterhin gefördert werden oder in der Arbeitslosigkeit hängen bleiben.

Die Bundesagentur werde in „enger Abstimmung“ mit dem Arbeitsministerium von Ministerin Andrea Nahles (SPD) ein Programm erarbeiten, sagte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit der taz. Nahles kündigte kürzlich ein Beschäftigungsprogramm für 100.000 Langzeitarbeitslose an, die seit mindestens acht Jahren ohne Job sind.

8.000 in Fördermaßnahmen

Laut Statistik der Bundesagentur sind 1,2 Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-EmpfängerInnen acht Jahre und länger im Leistungsbezug. Dabei werden bis zu einmonatige Unterbrechungen der Erwerbslosigkeit nicht miteingerechnet. Mit ihrem Vorschlag knüpft Nahles an das im Jahr 2015 angelaufene Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ an, für das bis Ende 2018 rund 750 Millionen Euro bereitstehen. Im Rahmen dieses Programms sind derzeit 8.000 Menschen in Fördermaßnahmen, sagte der Sprecher der Bundesagentur. Die Leute arbeiten beispielsweise in der Behindertenbetreuung, auf Abenteuerspielplätzen, in Bibliotheken.

Zum Vergleich: 96.000 Arbeitslose sind derzeit in 1-Euro-Jobs beschäftigt. 1-Euro-Jobs sind jedoch in der Kritik, weil sie entweder als zu schlecht bezahlt gelten, angeblich reguläre Jobs verdrängen oder die 1-Euro-JobberInnen am Ende doch keine reguläre Beschäftigung finden.

1,2 Millionen ­Erwerbsfähige sind acht Jahre und ­länger ohne Job

Noch aus den 90er Jahren sind allerdings die besser bezahlten ABM-Stellen in den neuen Bundesländern in unguter Erinnerung. Damals verrichteten Beschäftigte zum Teil sinnlose Arbeiten, beispielsweise schrubbten sie Spielzeugteddys oder vervollständigten mit selbst gemalten Teilen gebrauchte Puzzles .

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, begrüßte die Forderungen Scheeles nach mehr öffentlich geförderter Beschäftigung für Langzeitarbeitslose. Es sei höchste Zeit, einen verlässlichen „sozialen Arbeitsmarkt“ aufzubauen, sagte Pothmer.

Die Grünen haben ein eigenes Konzept vorgelegt, nachdem die Beschäftigung Langzeitarbeitsloser zum Tarif- oder Mindestlohn bei allen Arbeitgebern öffentlich gefördert werden soll. Dabei muss es sich nicht um „zusätzliche“ Beschäftigung handeln, die sonst von keinem regulär Angestellten verrichtet würde.

Förderkriterien wie „Zusätzlichkeit“, „Wettbewerbsneutralität“ oder „öffentliches Interesse“ hätten sich als „praxisuntauglich“ erwiesen und müssten durch einen „lokalen Konsens“ ersetzt werden, sagte Pothmer.

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30 Kommentare

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  • Es ist aber sehr gut und wichtig, dass man sich um Menschen, die HARTZ IV bekommen, Gedanken macht. In der Berufspraxis können die meisten Menschen auch im erlernten oder bereits ausgeübten Beruf wieder arbeiten und sehr gute Arbeitsleistungen erzielen. Man braucht nur ein wenig Unterstützung bei der Einarbeitung, Vertrauen sowie ein freundliches Miteinander.

     

    Der Schlüssel für den Erfolg in unserem Land im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit liegt im Umgang mit Unternehmen durch den Staat. Entweder findet man den Weg, bei dem der Staat mit Unternehmen als Partner zusammen agiert und Arbeitsplätze schafft und bewahrt. Oder der Staat verpflichtet Unternehmen mit Zwang, denn wir sind immer noch ein Land der Sozialen Marktwirtschaft und es gibt für den Staat viel Gestaltungsspielraum.

     

    Auch sollen Politiker vom Bund und Land mit Unternehmen enger kooperieren, die staatliche Gelder bekommen. Viele Unternehmen kalkulieren automatisch ein dass Sie Subventionen oder sonstige Gelder vom Bund und Land im nächsten oder gar in jedem Jahr künftig bekommen. Dabei ist dieses Geld jedenfalls der Höhe nach nicht immer zwingend erforderlich.

     

    Wir können es schaffen, die Arbeitslosigkeit auf 0 zu bringen! Kapazitäten in Unternehmen gibt es dafür mehr als genug.

  • Bei den Maßnahmen, wo man mit Kinder, kranken, pflegebedürftigen Menschen oder Menschen mit Behinderungen arbeiten soll, darf es keinen Zwang bei der Arbeitsvermittlung geben!

     

    Die Lohne und Gehälter müssen der Höhe nach tätigkeits-, unternehmens- und ortsüblich sein. Sonst riskieren wir wieder, dass sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen mit der Zeit abgebaut werden oder dass Menschen nicht produktiv arbeiten würden. Hier gab es kostenlose Praktika, die als ein schlechtes Beispiel dafür bekannt wurden.

     

    Arbeitsagentur muss sehr eng mit den Unternehmen arbeiten und 10 mal prüfen, bevor eine Sanktion ausgesprochen wird. Oft werden Eingliederungszuschüsse ausgenutzt. Viele Unternehmen wollen nur für die Dauer bzw. abgesprochene Beschäftigungsdauer jemanden einstellen, um Eingliederungszuschuss zu bekommen.

     

    Bei staatlichen Unternehmen sollte man mehr Arbeitslose Menschen einstellen. Da gibt es gleichzeitig einen Grund, solche Unternehmen transparenter zu machen. Es gibt einige große staatliche Arbeitgeber in Berlin, wo man zu hören bekommt, dass dort die Arbeitsstellen „unter der Hand“ (Freunde, Bekannte, Verwandte...) besetzt werden und man als ein für das Unternehmen Außenseiter keine Chance hat.

     

    1 € oder 2 Mark Jobs. Es gibt einige Unternehmen. Dann werden dort Menschen für dieses Entgeld für einige Monate beschäftigt. Behandelt werden diese Menschen in Unternehmen oft als Menschen zweiter Klasse und führen vor allem solche Arbeiten aus, die keiner machen will und oft erniedrigend sind... Wofür soll das gut sein? Für psychische Störungen und den Hass – schon.

  • Zunächst einmal haben wir nicht 2,5 Millionen sondern 5 Millionen Menschen die von Hartz IV Leistungen leben. Der Springerpresse lasse ich so etwas durchgehen aber die taz sollte sich nicht der BA anbiedern indem sie die Hartz IV Bezieher halbiert.

     

    Detlef Scheele möchte also Langzeitarbeitslose wieder in öffentlich geförderte Beschäftigung bringen. Auf gut deutsch möchte man Steuergelder dafür nehmen, dass man die Arbeitslosenquote noch vor der Wahl wieder um einige hunderttausend Arbeitslose bereinigt. Der Staat leistet sich eine Bundesagentur für Arbeit mit 100.000 Mitarbeitern um den naiven Bürgern nicht das ganze Ausmaß der Arbeitslosigkeit sagen zu müssen. Na klar, weil der Arbeitsmarkt so massiv und unübersehbar vorhanden ist, braucht es ja auch unbedingt ein "Jobcenter". Vielleicht sollte man diesen Apparat BA mal bereinigen, angefangen bei Detlef Scheele, der das Jahresgehalt seines Vorgängers Frank-Jürgen Weise übernommen hat.

     

    "Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, begrüßte die Forderungen Scheeles nach mehr öffentlich geförderter Beschäftigung für Langzeitarbeitslose. Es sei höchste Zeit, einen verlässlichen „sozialen Arbeitsmarkt“ aufzubauen, sagte Pothmer." - Es ist wohl eher höchste Zeit, dass sich unsere Volksvertreter einmal mit der wahren Arbeitslosigkeit näher beschäftigen, als Informationen darüber immer nur der Bildzeitung zu entnehmen.

     

    Der Statistikprofessor Dr. Gerd Bosbach vom Rhein-Ahr-Campus in Remagen schreibt: "In der Bundesagentur für Arbeit spricht man von ca. 3 Millionen Arbeitslose. Es gibt aber 5,3 Millionen erwerbsfähige Empfänger von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II. Dazu kommt noch, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Zahl von Unterbeschäftigten herausgibt. Diese Unterbeschäftigten werden mit 4,1 Millionen tituliert. Unterbeschäftigung bedeutet aber auch fehlende Arbeitsplätze. Das zeigt die wahre Dimension der versteckten Arbeitslosigkeit."

  • Detlef Scheele war hier in Hamburg als Arbeits- und Sozialsenator schon ein ziemlicher Flop. Seine Politik war alles andere als sozial zu nennen und nur diesem Umstand dürfte es wohl auch geschuldet sein, dass man ihn zum Chef der Bundesagentur hat hochfallen lassen.

    Lampedusa-Flüchtlingen verweigerte er auch nach eineinhalb Jahren noch ein Bleiberecht. Stattdessen machte er (2014) gezielt Stimmung gegen „jede weitere Aufnahme von Gefüchteten“. Scheele kündete regelmäßig medienwirksam große Winternotprogramme für Obdachlose an. Wenn es dann konkret wurde, spielte er Obdachlose gegen Flüchtlinge aus. Er sparte nicht nur wertvolle Projekte der Jugendarbeit kaputt, sondern war auch für tausende Arbeitsgelegenheiten in den Bezirken mehr Teil des Problems als Teil einer Lösung. Man kann sicher sein, er wird sich in der BA, der Behörde mit der größten Ineffizienz - neben dem Verfassungsschutz - schnell eingelebt haben. Vorne Blabla, hinten Spar - so läuft das ja nicht erst seit gestern.

    http://www.bergedorfer-zeitung.de/archiv/bergedorf/article112602493/Ein-Euro-Jobs-Sozialsenator-Scheele-unter-Beschuss.html

    http://www.mopo.de/hamburg/sparplaene-lokstedt--senator-scheele-auf-dem-heissen-stuhl-9485164

    • @Rainer B.:

      JOBBÖRSE vom 03,04.2017

      Referenznummer 10000-1152039603-S

       

      Stellenangebot - Rollenspieler/innen für US-Army Übungen gesucht (Helfer/in - Veranstaltungsservice)

      "Gesucht werden Statisten für Rollenspiele bei Trainingseinsätzen der U.S. Army. Durch die Statisten wird die Zivilbevölkerung in Krisengebieten dargestellt. Dadurch wird ein realitätsnahes Übungsszenario für die Soldaten und somit eine optimale Vorbereitung für deren Auslandsmissionen erreicht."

       

      Da kann Detlef Scheele ja die Langzeitarbeitslosen verstecken. Das kann er dann auch noch als Fittnesstraining für "faule Langzeitarbeitslose" verkaufen. Wenn die taz noch Anregungen für ihre Artikel sucht, dann muss man sie nur einmal in die JOBBÖRSE der BA reinschauen.

    • @Rainer B.:

      Danke für die Links. Ekelhaft, aber er ist ja nicht der Erste, der weggelobt wird, um dann woanders sein Unwesen zu treiben.

  • 1. Das Menü im Parkhotel für einige Hundert Erwerbslose.

    2. Die Vermittlungsoffensive sabotieren:

    da wo es nur um "Vermittlung" in Leiharbeit geht.

    3. "Eingliederungsvereinbarungen" müssen nicht unterschrieben werden - sie werden dann per Verwaltungsakt eingesetzt. Das sind sie sowieso.

    Wer etwas unterschreibt tritt seine Rechte auf Widerspruch ab.

    4. Fördergelder für Weiterbildung, richtige Lehrgänge etc. sich nicht abwimmeln lassen, es sei kein Geld da.

    Die Ablehnung schriftlich geben lassen, und dann dagegen Widerspruch einlegen.

    5. Mehr Fernsehauftritte für alle Alg2-BezieherInnen:

    Unser Leben ist stressig, es fehlt, man lebt unter Kontrolle, und braucht wie alle den Ausbruch aus dem Hamsterrad.

    6. den Newsletter von Harald Thomé abonnieren.

    • @Land of plenty:

      6. ist ganz wichtig und interessant für alle!

       

      Auch der Verweis auf die Notwendigkeit zur Möglichkeit des Ausbruchs aus dem Hamsterrad.

       

      "Hamsterrad? Die liegen doch sowieso nur auf dem Sofa, sollen mal den Hintern hoch kriegen!" So lautet eher die unwissende Meinung dazu.

       

      Aber noch schlimmer ist es, wenn mal kurz draußen war und dann wieder ins Hamsterrad muss. Da kommt mensch nämlich nicht so schnell wieder rein wie man drin bleiben kann. Also noch mehr Stress als im Rad weiter laufen.

  • Irgendwann wird es womöglich billiger sein, die Überflüssigen (dank Industrie 4.0 so ungefähr 50 bis 80 Prozent der bisherigen Erwerbsbevölkerung) im künstlichen Koma mit bioelektronisch

    ins Gehirn eingespeister Realitäts-Simulation in der Matrix zu parken... richtiges Leben ist dann nur noch etwas für eine kleine Elite - allerdings wird sich für den Rest die Simulation auch wie richtiges Leben anfühlen, vielleicht wird es ja ein Angebot ganz unterschiedlicher Matrixwelten geben, unter denen der einzelne Überflüssige dann auswählen kann... humaner als ein "Prolocaust" wäre das allemal! Für mich dann bitte immerwährendes Hippie-Highlife im Kabul der späten 1960er!

    • @Yadgar:

      nette Idee, ist wahrscheinlich gar nicht mal so abstrus

  • "Wenn man es ernst meint, [...] muss man etwas tun." Was für ein Satz! Den find ich toll!! Fragt sich jetzt nur: wer ist dieser "man"? Kenn ich den?

     

    Herr Scheele, mit Ihrem "man" könnten Sie Ihr: "Damit will ich nichts zu tun haben!" nicht formulieren. Denn auch Ihnen fällt, so ahne ich, ausser dieser hohlen Phrase nichts ein. Die Chefs der AA kommen und gehen, aber jeder neue verwaltet wieder nur der Missstand, den der alte übergeben hat.

     

    Wem "objektiv" der Zugang zum Arbeitsmarkt fehlt, der wird in der Regel auch dann nicht eingestellt, wenn Sie "Einstelltänzchen" rund um die Arbeitsagentur starten würden.

     

    Und ich bin mir sicher: das weiss auch der neue Chef. Es hat nur das Gesicht gewechselt... .

    • @Lesebrille:

      Oops, das sollte natürlich:

      "Herr Scheele, mit Ihrem "man" könnten Sie Ihr: "Damit will ich nichts zu tun haben!" nicht besser formulieren." heissen.

  • Ich habe ABM- Stellen in Erinnerung, die für Kommunen so wichtig waren, dass der Betrieb nur durch diese aufrecht erhalten werden konnte. Billige Kommunalarbeiter mit jährlich befristeten "Arbeitsverträgen", die mit Grünanlagenpflege, Müllbeseitigung, Winterdienst, Jugendpflege, Museumsbetrieb etc. betraut waren. Ich kannte keinen ABMer, der mit Teddybären- noch Puzzle- Recycling bedacht wurde. Ein Bekannter hatte ein ABM-Stelle, in der er auf dem LKW den Winterdienst im Tag-und Nachtbetrieb aufrecht erhielt. Die Kassen der Kommunen waren leer, sind es heute noch und es waren/sind eigentlich reguläre Kommunalstellen, die nur heute mit 1€-Jobs kompensiert werden. Ich lebe in Ostdeutschland und das Problem sind die ewig prekären öffentlichen Haushalte, die die Überführung in reguläre Stellen verhindert. Der Staat muss ein Interesse daran haben, denen den es irgendwie schwerfällt, in der Privatwirtschaft Fuß zu fassen, doch die Träger des öffentlichen Dienstes verstehen sich heute als quasi Privatbetriebe mit gleichen Vorgaben, wie die Privatwirtschaft, teils aus Not, teils aus fehlendem Verantwortungsgefühl. Da wird der kommunale Anteil zur Finanzierung des Alg2 zur billigen Apanage an das Prekariat. Ich schreibe über ostdeutsche Verhältnisse; Von den westdeutschen weiß ich nicht viel, doch die Problematik der Langzeitarbeitslosigkeit ist zum großen Teil eben auch eine ostdeutsche und da war die besser bezahlte ABM schon mal das kleinere Übel. 1€-Jobs sind einfach abartig, genauso diese Menschen zuhause einfach eingehen zu lassen.

    • @lions:

      Das der Staat ein Interesse hieran haben muss ist unbestritten, die Gesellschaft auch (daran hapert es aber deutlich mehr, als man sich Links gerne eingestehen möchte).

       

      Nur sind dann subventionierte Stellen in kommunalen Betrieben mit benötigten Bereichen wirklich das Richtige? Entweder die Subvention wird eingestellt, dann sieht man im Lebenslauf aber und ehrlichgesagt gibt es wenig kommunale Seitentätigkeiten die die Privatwirtschaft braucht im größeren Stil. Oder man behält sie dauerhaft bei, dann landet er aber auch nie in der Privatwirtschaft (er ist ja permanent beim Staat angestellt.).

       

      Das hat einfach alles zuviel von zugewiesener Arbeit und Zwangsbeglückung.

      • @Krähenauge:

        "Nur sind dann subventionierte Stellen in kommunalen Betrieben mit benötigten Bereichen wirklich das Richtige?"

        Subventioniert werden müssen diese notwendigen Stellen nur solange, wie die Kommune nicht selbst genug Einnahmen generiert oder auch der Haushalt nicht nach Verschwendung abgeklopft wird. Kommunen haben in Ostdeutschland unglaubliche Mengen Geld verschwendet, Stichwort totgeborene Gewerbeparks, Spaßbäder, überdimensionierte Kläranlagen und Abwassersysteme und l.b.n.l. Puppenstuben-Innenstädte, in denen die Geschäfte schließen, auch weil dort nicht genug Geld vorhanden ist.

        Doch eines sollte für Sozialprojekte nicht gelten: Dass sie unmittelbar selbsttragend sind. Es darf und muss etwas kosten und wenn der Staat sich dafür nicht mehr zuständig fühlt, die Privatwirtschaft tat es nie, na dann gute Nacht.

        Ja, die Leute mit Benachteiligungen werden dann beim Staat dauerhaft zu beschäftigen sein, doch es gibt dazu keine Alternative. Zurzeit ist es so, dass in den NBL Stellen im öffentlichen Dienst selbst niedrigster Entlohnung entweder mit Vitamin B, Vererbung und ansonsten höchsten Standards vergeben werden. Soll heißen, der Staat hat keinen ausgleichendes Moment auch für Benachteiligte mehr, sondern gilt als Elitär-Verein. Wer benachteiligt ist, arbeitet im Niedriglohnsektor, nicht selten als Aufstocker Alg2 oder ganz krass eben gar nicht, weil er durch alle Raster fällt.

        Ich halte die Wiederbelebung der ABM erstmal für eine sinnvolle Maßnahme, auch wenn diese Wortschöpfung aus beschrieben Zuständen heraus absurd ist, und wer sich darin bewährt, soll nach Ablauf einer Frist eine dauerhafte Anstellung im ÖD erhalten; auch subventioniert!

        • @lions:

          Naja, wie die Stadt (und das sind nicht nur ostdeutsche Städte, mein Wohnort ist auch seit Jahren chronisch pleite und steht unter Finanzaufsicht vom Land NRW, und hat trotzdem eine 36000 Euro Designerbank gegenüber vom Hauptbahnhof gekauft, man kann sich denken wer dort sitzt und wie diese nach 1 Jahr aussieht) an das Geld für die Stellen kommt ist ja egal, wenn sie Stellen ausloten und extra schaffen für diesen Personenkreis, sind diese Stellen subventioniert vom Staat (was ja keine Wertung beinhaltet), sonst müsste sie die Stadt ja frei ausschreiben, und dann landen da wieder nicht die Leute die hier gemeint sind.

           

          Ist ja auch kein Problem, wenn man der Meinung ist, der Staat müsste so meinem eine Beschäftigung anbieten, die keine Chance im freien Markt haben (ob ich damit nun 100% konform gehe ist was andres), allerdings sollte man das dann auch so sagen und so titulieren. ABM ist eine grausige Wortschöpfung (Die Überflüssigkeit suggeriert), aber was von Eingliederung in die Privatwirtschaft faseln, wenn uns allen klar ist, das es sich lediglich um subventionierte Beschäftigung geht, um Leute nicht von Gesellschaftlicher Teilhabe auszuschließen (btw völlig legitime Forderung in meinen Augen).

           

          Aber mit dieser Formulierung schaffe ich mir ja mein eigenes Versagen für in 3 Jahren, und dann kann es der STaat nicht gewesen sein (der hat ja was gemacht), die Privatwirtschaft htte damit nie was zu tun und der doofe ist am Ende der ALG II-Empfänger, der keinen Job bekommen hat mit ner Maßnahme die ihm nie helfen konnte.

    • @lions:

      "...in der Privatwirtschaft Fuß zu fassen, *Arbeit zu geben*,..."

      • @lions:

        Genauso. Es wurde eine Art öffentliches Leben aufrechterhalten. Jetzt scheint es besser, die Arbeit (z.B. Sauberkeit in der Innenstadt) einfach liegenzulassen und mit dem Verlust der Lebensqualität zu leben.

        • @Energiefuchs:

          Dann kann aber für Sauberkeit in der Stadt/Gemeinde auch direkt das Geld dorthin fließen, ohne dass Menschen zu einer Tätigkeit in diesem Bereich gezwungen werden müssen, die das vielleicht gesundheitlich nicht können oder auch nicht wollen.

           

          Die Kommunen können dann selbst wählen, wen sie dafür einstellen. Bedingung ist dann auf jeden Fall die Bezahlung im Tarif des öffentlichen Dienstes.

           

          Geld für Kommunen und Projekte geht immer einher mit neuen Stellen. Da muss es keine Verknüpfung zu ALG II geben. Das ist eher eine Sache der Personaler, die auch mal bereit sein müssen, Menschen einzustellen, deren Karriereverlauf nicht nach Vorstellung der "Eltern" verlaufen ist.

          • @Hanne:

            Die Kommunen wollen aber keine langfristigen Stellen schaffen. Sie geben sowas wie Sauberkeit an den billigsten Anbieter ab. Deswegen waren die "alten" Zeiten schon besser, weil einfach jemand verantwortlich war und seine Arbeit auch gut machen wollte. Jetzt ist niemand für das Arbeiten verantworlich, aber viele für das Controlling.

            • @Energiefuchs:

              Zumal das Outsourcing für die Kommunen billiger ist und darin liegt der Hase im Pfeffer. Kommunen wollen sich "fit" machen, indem diese alle arbeitsrechtlichen Verbindlichkeiten an die niedrigste Kaste des ÖD versuchen loszuwerden. Der Druck auf die Kommunen ist hoch, die Bosse sind dort rein betriebswirtschaftlich motiviert oder durch die ansässige Privatwirtschaft korrumpiert. Der Fisch stinkt vom Kopf her.

          • @Hanne:

            Warum sollten die Personaler nicht mal mit sanftem Druck gezwungen werden, wenn sie es nicht von selbst tun?

  • Hier versuchen Leute staatlich geförderte Sklaverei wieder aufleben zu lassen!

    All diese Versuche dienten in der Vergangenheit ausschließlich der Statistikbeschönigung!

    Jeder weiß, Langzeitarbeitslose in dauerhafte Jobs zu bekommen würde nur durch Qualifizierung möglich sein. Viele dieser Menschen sind auf Grund nicht mehr ausreichender Qualifizierung überhaupt erst Arbeitslos geworden, so schnell wie die Technisierung in den meisten Berufen fortschreitet, fällt es Menschen die eine Arbeit haben schon schwer genug mitzuhalten.

     

    Wie soll es dann Möglich werden, Menschen, die seit Acht oder mehr Jahren zu Hause sind wieder in die normale Berufswelt zu integrieren, außer man setzt sie wie bei den ABM Maßnahmen wieder für minderwertige Tätigkeiten ein, um die Statistik zu beschönigen.

     

    Heutzutage werden laut diversen Untersuchungen namhafter Institutionen so oder so schon sehr viele Arbeiten von der Technologie übernommen, so dass viele Jobs bereits wegfallen, die von Maschinen kostengünstiger übernommen werden können.

     

    Wenn unsere Politiker nicht langsam Wach werden und anfangen diese Maschinenarbeit zu besteuern, werden die Arbeitslosenzahlen wieder enorm steigen und die Sozialausgaben dementsprechend auch, somit ohne eine Gegenfinanzierung dastehen werden!

     

    Da es aber z.B. Herrn Schäuble und auch Frau Merkel nicht sonderlich zu interessieren scheint, was aus dem unteren Viertel unserer Bürger wird, werden Steuern wieder nur auf Arbeitseinkommen erhoben und nicht auf die Wirtschaftsleistung eines Unternehmers, dessen Einkünfte sich durch Maschineneinsatz proportional zum Einsatz derer erhöhen.

    Maschinen werden nicht Krank, sie gehen nicht in Rente, sind sie Defekt, werden sie ausgetauscht, ebenso wie heute die Arbeiter, nur das diese dann im Sozialsystem abgeschrieben werden und hängen bleiben!!!

    • @urbuerger:

      Wenns so einfach wäre mit den Maschinen und dem Gewinn würds ja erstmal jeder machen der in der Lage dazu ist. Mit einfacher Handarbeit ists heutzutage schwer in Deutschland Geld zu verdienen. Da ist teilweise der eingeführte Mindestlohn schon zu hoch, um das überhaupt zu machen. Wenn sie es mir nicht fragen, fragen sie einen Unternehmer ihres Vertrauens aus der Zuliefererindustrie ( Automobil/Maschinenbau)

  • Der alte Unsinn...

     

    Schon wieder ein neues altes Programm, das wieder einmal scheitern wird...

    Und viel Stuerzahlergeld kosten wird. Es profitieren nur die gut vernetzten Träger und nicht die Betroffenen. Das ist Realsatire, die sich im Kreise dreht. Hier zeigt sich Hilflosigkeit.

    • @Hartz:

      "Es profitieren nur die gut vernetzten Träger und nicht die Betroffenen."

       

      So sehe ich das auch.

  • Wenn das so gemeint ist, dann soll doch die Arbeitsagentur oder sonst wer staatliches diese Leute einstellen.

     

    Faktisch ist es aber so, dass ein Großteil der Hartzer aus dem einen oder anderen Grund schlicht ausgemustert ist. Die KÖNNEN nicht.

     

    Solche Ansagen lassen wieder viele Bedürftige zittern und schlaflos werden. Sonst nix. Das dient ausschließlich der Steigerung des Drucks auf die ganz unten. Vielleicht rafft sich ja doch noch ein kaputter 56jähriger COPD-Kranker auf und arbeitet lieber japsend zum Mindestlohn bis er umfällt und die Statistik sieht etwas besser aus? Wer weiß?

     

    Das ist alles so widerlich, dass man sich den Kollaps dieses Systems manchmal nur deshalb herbeiwünscht, weil danach wenigstens die Schwächen krepieren würden und keiner tut mehr so als sei es ihm nicht egal.

  • Was sollen denn geförderte Jobs auf Mindestlohnbasis? Die gibt es eigentlich nicht und dann doch - bezahlt durch die Agentur für Arbeit? Was machen die so Beschäftigten dann? Dem GF die Schuhe putzen oder auf Nachfrage zum Kaffeeautomaten laufen. Solche Jobs gab es vor noch nicht allzu langer Zeit tatsächlich in Firmen, aber nun schon lange nicht mehr. Sollen die jetzt als Arbeitsmaßnahmen wieder auftauchen?

    https://de.wikipedia.org/wiki/Concierge

  • Anstelle Arbeitgeber zu subventionieren wäre es ehrlicher, einen anständigen würdevollen Satz der Grundsicherung ohne Sanktionierung einzurichten.

    Die Abkehr von diesem unwürdigen Zwangsarbeitsregime ist überfällig.