Petition gegen LKWs in Osnabrück: Brummis raus!

Die Bundesstraße 68 führt Lkw-Verkehr direkt durch die Osnabrücker Innenstadt. Alle Appelle, daran etwas zu ändern, blieben bislang folgenlos.

LKWs und PKWs auf einer dicht befahrenen Straße.

Enge Kiste: Straßenverhältnisse in Osnabrück Foto: Daniel Doerk

OSNABRÜCK taz | Man muss kein Aktivist sein, um zu wissen: Straßen ziehen Verkehr an. Und manche Straßen sind schlimmer als andere. Eine der schlimmeren ist die Bundesstraße 68, die in Osnabrück mitten durch die Innenstadt führt. Das heißt: 40-Tonner auf Straßen, die dafür nicht ausgelegt sind. Weiße Ghostbikes am Straßenrand, von getöteten Rad­fah­re­r*in­nen zeugend, sind da nur die augenfälligste Folge.

Ginge es nach der Stadt, würde die B 68 auf die Autobahnen 30 und 1 umgeleitet, um Osnabrück herum. Alle Ratsfraktionen sind sich darüber einig – aber jeder Antrag bei Land und Bund lief ins Leere, zuletzt im Herbst vergangenen Jahres. Eine Verlegung sei „schon in der Vergangenheit abgelehnt“ worden, antwortete Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) dem Osnabrücker Stadtbaurat Frank Otte. „Abhilfe zu erwarten“ sei erst nach Fertigstellung der A 33 – und dafür erbitte er von Otte Unterstützung „nach Kräften“.

Das Problem: Die Koppelung an die A 33, den „Lückenschluss“ zwischen dem derzeitigen Ende jener Autobahn in Osnabrück-Belm und der A1 nördlich der Stadt. Denn die neue Autobahn – derzeit läuft dafür das Planfeststellungsverfahren – kommt frühestens in zehn Jahren. Zudem ist sie stark umstritten, denn sie würde ein FFH-Schutzgebiet zerschneiden. Und mit 170 Millionen Euro für gerade mal neun Kilometer Länge ist ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis schlecht.

Auch das Bundesverkehrsministerium (BVMI) verknüpft B 68 und A 33. Ja, man habe das Ziel, „den Schwerlastanteil insbesondere im Stadtgebiet von Osnabrück zu reduzieren“, sagt ein Sprecher auf taz-Anfrage, und „die B 68 in eine sich nach Landesrecht ergebene Straßenklasse abzustufen“. Voraussetzung sei aber die A 33.

„Autobahnbau“, heißt es in der Petition, „darf nicht mit der Sicherheit von Ver­kehrs­teil­-­neh­me­r*in­nen erpresst werden!“

Auf Initiative des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Osnabrück (ADFC) soll jetzt eine Petition den Stillstand beenden, die viel Unterstützung erfährt, vom Nabu bis zum Verkehrsclub Deutschland. Die Streckenführung müsse „so schnell wie möglich“ auf A 1 und A 30 verlegt werden, ferner sei ein Durchfahrtverbot für schwere LKW anzuordnen. „Das ist unser letztes Mittel“, sagt ADFC-Sprecher Wolfgang Driehaus. Die Petition läuft sechs Monate, Mitte 2021 wird sie an Land und Bund übergeben. In den ersten Tagen erhielt sie fast 1.500 Unterschriften. Die Versuche, „zwischen B 68 und A 33 eine unselige Verbindung zu schaffen“, empören Driehaus. „Ein Autobahnbau“, heißt es in der Petition, „darf nicht mit der Sicherheit von Ver­kehrs­teil­neh­me­r*in­nen erpresst werden!“

Auch Filiz Polat spricht von einem „Erpressungsversuch“. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete aus Bramsche bei Osnabrück wandte sich im Herbst 2020 an Althusmann und dessen Bundeskollegen Andreas Scheuer (CSU). Der Schwerlastverkehr auf der B 68 sei eine „ständige Gefahr“, sagt sie. Mit der Verlegung auf die A 1 und A 30 könne man „auch den durchfahrenden Schwerlastverkehr, der kein Ziel in Osnabrück hat, aus dem Stadtgebiet bekommen“. Rund 120 Fahrten sind das am Tag.

Das BMVI hält eine Verlegung für „keine sinnvolle Alternative“, dieser Teilabschnitt sei überlastet und habe eine hohe Unfallrate. Polat lässt das nicht gelten: „120 Lkw am Tag ändern an der Gesamtsituation auf den bestehenden Autobahnen nichts.“ Kein verantwortungsbewusster Verkehrsminister könne „ernsthaft die Sicherheit der schwächeren Ver­kehrs­teil­neh­me­r*in­nen in Osnabrück mit dem Bau der A-33-Nord erpressen, die ohnehin für keine verkehrliche Entlastung in der Region Osnabrück sorgen würde“.

Es geht nicht nur um Tote und Verletzte. „Auch aus Gründen des lokalen Lärm- und Umweltschutzes muss diese Bundesstraße aus der Stadt gelegt werden“, sagt Jonas Michalowski von Fridays for Future Osnabrück; auch diese Gruppe unterstützt die Petition.

„Der Verkehrsminister verweigert sich der Verantwortung seines Amtes“, sagt Volker Bajus, Fraktionschef der Grünen im Osnabrücker Rat sowie Landtagsabgeordneter. Er rügt den Versuch, „Kritik an der ökologisch umstrittenen A-33-Nord mit Verweis auf die Unfalltoten zum Schweigen zu bringen“. Die Situation in Osnabrück erlebe er, selbst Alltagsradler „als Himmelfahrtskommando“, so Bajus: „Angesichts dessen, dass, sogar nach den Prognosen der Befürworter, die A-33-Nord kaum eine Entlastung für die Osnabrücker Innenstadt bringen würde, ist diese Haltung geradezu zynisch.“

Julia Wolffson, Sprecherin des Niedersächsischen Verkehrsministeriums, bezeichnet den A-33-Ausbau dagegen als „dringend erforderlich“. Je schneller er beginne, desto eher könne „die B 68 im Stadtgebiet Osnabrück entlastet werden“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.