Parlamentswahl in Birma: Suu Kyi-Anhänger hoffen auf Sieg
Millionen Menschen in Birma haben ihre Stimme abgegeben. Befürworter von Suu Kyi feiern schon. Diese rechnet mit einem Sieg – und fürchtet Wahlbetrug.
Die jahrelang unterdrückte Partei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die Nationalliga für Demokratie (NLD), galt als haushoher Favorit. Suu Kyi (70) stand fast 15 Jahre unter Hausarrest. Die NLD trat gegen die militärnahe Regierungspartei USDP an, deren Führungsriege aus einstigen Junta-Generälen besteht. Sie hatte bei einer umstrittenen Wahlen 2010 noch unter voller Militärherrschaft die absolute Mehrheit im Parlament gewonnen.
Unabhängige Medien veröffentlichten am Abend erste inoffizielle Ergebnisse aus einigen Wahlkreisen. „NLD 459, USDP 29 Stimmen, NLD 557, USDP 57 Stimmen“ meldete etwa Eleven Media. Andere brachten ähnliche Ergebnisse, verbunden mit dem Hinweis, dass daraus keinerlei Schlüsse auf den Wahlausgang insgesamt zu ziehen seien. Die Wahlkommission wollte am Montag erste Ergebnisse vorlegen.
Nach einem ersten Eindruck der EU-Wahlbeobachter lief die Stimmabgabe ordentlich ab. „Es gab Mängel, aber es sieht nicht so aus, als ob der Prozess der Stimmabgabe in Frage zu stellen ist“, sagte Delegationsleiter Alexander Graf Lambsdorff. Vor der NLD-Parteizentrale versammelten sich schon vor Verkündung der ersten Ergebnisse Tausende Menschen. Sie tanzten trotz des Regens ausgelassen zu den parteieigenen Ohrwürmern aus dem Wahlkampf.
Vor immensen Aufgaben
Die NLD triumphierte bereits 1990 bei Wahlen, doch das Militär ignorierte das Ergebnis und behielt die Macht.
Suu Kyi war vor der Wahl siegesgewiss. Weil ein Viertel der Parlamentssitze für das Militär reserviert sind, muss eine Partei zwei Drittel der Mandate gewinnen, um eine einfache Mehrheit zu haben. „Wir wollen viel mehr als 67 Prozent“, sagte Suu Kyi vor der Wahl. „Wenn alles fair läuft, müssten wir das schaffen.“
Sowohl Präsident Thein Sein (USDP) als auch Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing haben versprochen, das Ergebnis anzuerkennen. Die USDP rechnete sich vor den Wahlen auch Siegeschancen aus. Sie versprach Stabilität in dem Vielvölkerstaat, in dem zahlreiche Rebellenarmeen seit Jahrzehnten gegen die Zentralregierung kämpfen.
Der Wahlsieger steht vor immensen Herausforderungen. Birma gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Noch hält das Militär 25 Prozent der Sitze im Parlament. Korruption ist weit verbreitet. Ethnische Minderheiten und Dutzende Rebellenarmeen kämpfen seit Jahrzehnten um Autonomie. Ungelöst ist die Frage der gut eine Million Rohingya, einer muslimischen Minderheit. Die Regierung sieht sie als illegale Einwanderer, obwohl viele seit Generationen im Land leben.
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