Kommentar zu Wahl in Birma: Lady mit beschränkter Hoffnung
Die Rhetorik der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi war bisher demokratischer als ihre Praxis. Trotzdem ist Fortschritt nur mit ihr möglich.
B irmas Oppositionsführerin, die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, hat zum Abschluss ihres Wahlkampfs gesagt: „Ich werde über dem Präsidenten stehen.“ Am Sonntag wird in dem von Militärs in Myanmar umgetauften Land ein neues Parlament gewählt. Alle rechnen damit, dass Suu Kyis Partei NLD die historische Wahl gewinnt.
Ob die NLD aber auch die Regierung stellen wird, ist offen. Dafür müsste sie mindestens zwei Drittel der zur Wahl stehenden Sitze gewinnen. Der regierenden USDP früherer Militärs reicht ein Drittel, um weiter zu regieren. Denn ein Viertel der Sitze bekommt laut Verfassung das Militär – ohne Wahl.
Schon das zeigt, dass der Urnengang nicht fair ist. Trotzdem könnten es die freiesten Wahlen seit 1990 sein. Damals kam die NLD auf knapp 80 Prozent der Sitze, doch behielt das Militär die Macht. Aung San Suu Kyi landete im Hausarrest.
Präsidentin werden darf die Ikone für Freiheit und Demokratie weiter nicht. Die von den Militärs erstellte Verfassung verbietet Kandidaturen von Personen, deren Angehörige ausländische Staatsbürger sind. Wer jetzt NLD wählt, weiß nicht, wen die Lady und die von ihr autoritär geführte Partei als Präsidenten vorsehen. Das Wahlvolk tappt im Dunkeln. Sie werde sowieso über dem Präsidenten stehen, sagt Aung San Suu Kyi jetzt.
Das ist bedenklich, weil es mangelnden Respekt vor Wählern wie vor der Verfassung ausdrückt. Und es ist verständlich, weil Letztere das Militär einseitig stützt. Dort dürften Alarmglocken schrillen und Überlegungen kursieren, wieder die Notbremse zu ziehen. Die Verfassung legitimiert schon vorab einen Putsch.
Aung San Suu Kyis Rhetorik war bisher viel demokratischer als ihre Praxis. Trotzdem ist Fortschritt nur mit ihr möglich. Denn jede Stimme für die NLD schwächt das Militär. Wunder sind von Suu Kyi aber nicht zu erwarten. Unabhängig von ihr ist eine starke Zivilgesellschaft nötig.
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