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Parklets in BerlinGaaaanz viel Platz für Fahrräder

Der Senat will vorerst weiter an den umstrittenen Parklets festhalten. Er betrachtet sie als Maßnahme zum Klimaschutz.

Parklets an der Bergmannstraße Foto: dpa

Das Grundrezept klingt einfach: Man nehme eine viel befahrene Straße, kürze eine Autospur weg und gebe sie dem Radverkehr. So ähnlich war wohl die Idee von Bezirken und Senat, als sie mehrere sogenannte Parklets in Berlin aufbauten. Doch offenbar geht die Idee nicht auf.

Schon auf den ersten Blick muten die vier Parklets an der Schönhauser Allee doch ein wenig absurd an: Etwa fünf Meter lange Holzbuchten, die Ähnlichkeit mit einem Blumenbeet haben, nur ohne Blumen. In den Ecken eine lange Bank – obwohl die vierspurige Bundesstraße 96 an dieser Stelle nur bedingt zum gemütlichen Verweilen einlädt.

Da wundert es nicht, dass Fabian, ein jüngerer Typ, der zufällig daran vorbeigeht, die Holzbuchten lachend als „Platz- und Geldverschwendung“ bezeichnet.

Auf der rechten Spur der Fahrbahn parken oder fahren normalerweise Autos. Hier, unweit des S-Bahnhofs Schönhauser Allee, sind stattdessen vier solcher Parklets aufgestellt: ein leeres und drei weitere, in denen jeweils vier Fahrradständer stehen. Richtig gelesen: mindestens fünf Meter lang und ganze vier Fahrradständer, dazwischen vor allem eine Menge ungenutzter Platz. Und das, obwohl die Parklets laut der zuständigen Senatsverwaltung für Verkehr vor allem dafür aufgestellt wurden, „mehr Raum für Fuß- und Radverkehr zu schaffen“.

Mindestabstände sind zu beachten

Es seien Mindestabstände zwischen den einzelnen Bügeln zu beachten, erklärt eine Sprecherin des Senats auf Anfrage der taz. Das führe nun eben dazu, dass maximal acht Fahrräder in den Parklets angeschlossen werden können, obwohl augenscheinlich für doppelt so viele Platz wäre.

Die Parklets sind im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs „Klimaschutz durch Radverkehr“ des Bundesumweltministeriums aufgestellt worden – dieser soll Maßnahmen zum Klimaschutz erproben, zum Beispiel, indem eine ausreichende Radverkehrsinfrastruktur geschaffen wird. Im Übrigen sollen die geförderten Projekte wie die Parklets zur bundesweiten Nachahmung anregen. Angesichts der immensen Kosten – ein Parklet kostet ungefähr 50.000 Euro – und der geringen Kapazität der Fahrradstellplätze eine fragwürdige Rechnung.

Eigentlich sollendie Parklets mehr Raum für Fuß- und Radverkehr schaffen

Dennoch ist die Senatsverwaltung vom Konzept der Parklets so angetan, dass sie gleich noch zwei weitere selbst bezahlt und aufgestellt hat, neben den beiden auf Kosten des Bundesumweltministeriums. Auch die Parklets in der Bergmannstraße in Kreuzberg sind über den Senat aufgestellt. Wie an der Schönhauser Allee auch sei der konkrete Standort aber vorher mit den Bezirken abgesprochen worden, heißt es aus der Senatsverwaltung.

In der Bergmannstraße haben die Boxen nach vielen Protesten der Anwohner*innen auch die Bezirksverordnetenversammlung auf den Plan gerufen – geht es nach dem Willen der Abgeordneten, sollen die Parklets noch im Juli abgebaut werden. Die restlichen Parklets bleiben aber erst einmal stehen: Wenn die Förderung des Bundesumweltministeriums Ende 2019 ausläuft, entscheiden die jeweiligen Bezirke über die weitere Nutzung.

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2 Kommentare

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  • Mit der Langsamkeit einer Schnecke probiert Berlin Unsinn zum Radfahrer und Klimaschutz wie die Parklets. Es fehlt die Vision und Umsetzumg eines Gesamt Konzepts für ein Berlin mit Venedig Flair ohne Verbrennungsmotoren. Ein schneller Ausbau der Mobilitæt auch auf den zahllosen Wasserwegen und Individualverkehr nur noch mit gemieteten oder eigenen Wasserstoff oder Elektromobilen wuerde Radfahrern und Fußgængern den Platz verschaffen der ihnen schon jetzt zusteht da sie die Mehrheit sind. Nach Statistik werden in Berlim die meisten Wege per pedes, gefolgt von Rad und BVG zurück gelegt. Der Effekt wære nicht "nur" Klimaschutz sondern hohe Lebensqualitæt. Eine Art Venedigeffekt (aus anderen Gründen schon længst Autofrei) der außerdem so einfach wære weil die Infrastruktur der BVG ja da ist umd nur ausgebaut werden muss. Im lændlichen Regionen braucht es da eine komplett neue Mobilitæts Infrastruktur damit niemand abgehængt wird ohne eigenes Auto.

  • Da fage ich mich, wieviele Autos denn auf 5 m parken können? Wahrscheinlich nur 1! Natürlich braucht das keine Bank, und zum Verweilen läd das auch nicht ein. Warum also die einseitige Bevorzugung des Autos in der Berichterstattung. Natürlich könnte es billiger sein als 50.000. Mit dem entsprechenden System könnten eventuell auch mehr Fahräder untergebracht werden, nur macht das aus dieser Straße noch keine radfahrerfreundliche Umgebung. Ich sehe keine Radwege, sondern jede Menge parkende Autos. Ob die S-Bahn Fahrräder mitnimmt, und wie man eventuell die Gleise erreichen kann ist auch ungeklärt.