Panzer vor der russischen Botschaft: Aktionskunst vom Besten

Pünktlich zum Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine stand ein ausgebrannter Panzer vor der russischen Botschaft in Berlin. Nun ist er wieder weg.

Panzerwrack Unter den Linden

Kaum einer ließ das Fotomotiv liegen Foto: dpa

Es schien ein bisschen zu sein wie mit diesem lächerlichen Slogan. „Das ist nicht unser Krieg“ sprühen Querfront-Aktivisten seit Wochen in Berlin, während die, die eins und eins zusammenzählen können, gerne das „nicht“ durchstreichen und ein „doch“ drüber sprühen: eine öffentliche Auseinandersetzung um den russischen Überfall auf die Ukraine auf dem scheinbar neutralen Hintergrund von Häuserwänden.

Auch das Panzerwrack, das Enno Lenze vom Berlin Story Museum pünktlich zum Jahrestag des Kriegsbeginns vor der russischen Botschaft Unter den Linden aufstellen ließ, war eine Projektionsfläche. Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev sprach auf einer Pressekonferenz am Tag der Aufstellung von einem „Symbol von dem unbeugsamen Geist des ukrainischen Volkes im Kampf um seine Freiheit“. Lenze selbst sagte etwas weniger diplomatisch: „Wir wollen den Terroristen ihren Schrott wieder vor die Tür stellen.“

Als zehntausend Menschen am Abend des Jahrestags auf einer Demo Waffen und Solidarität mit der Ukraine forderten, wurde der T-72, der am 31. März 2022 in der Nähe von Kiew auf eine Mine gefahren war, zum Fotomotiv, das kaum einer links liegen ließ. Ein Aktivist kletterte auf den Panzer und forderte Solidarität mit den Aufständischen in Iran. Andere schmückten ihn mit blaugelben Fahnen.

Klar, dass Tags darauf auch die „Friedensdemonstration“ den Panzer für sich zu vereinnahmen versuchte. Ein Versuch, auf dem Wrack die russische Fahne zu hissen, wurde von der Polizei unterbunden. Als dann auf den Panzerketten rote Rosen lagen, dementierte die russische Botschaft, etwas damit zu tun zu haben. Die Entfernung der Rosen allerdings kommentierte die Botschaft auf Twitter als eine Aktion von „Bandera-Aktivisten“.

Kein neutraler Hintergrund

Seit Dienstag ist der Panzer wieder verschwunden. Er soll nun in den Niederlanden an den russischen Krieg in der Ukraine und den Widerstandswillen der Angegriffenen erinnern, so wie auch in zahlreichen Ländern in Mittel- und Osteuropa russische Panzerwracks zum Symbol des Widerstands wurden. Das Berliner Alleinstellungsmerkmal: Die Genehmigung zum Aufstellen des Wracks mussten sich Lenze und sein Museum vor Gericht erstreiten. Das grün geführte Bezirksamt Mitte hatte die Aktion mit aller Macht zu verhindern versucht.

Aber nicht nur deshalb war die temporäre Installation ein Erfolg. Es sind vor allem die Bilder, die von diesem Panzer gepostet wurden, egal ob mit blaugelben Fahnen oder roten Rosen. Anders als eine Hauswand ist ein Panzerwrack nämlich kein neutraler Hintergrund für einen Streit um deutsche Waffenlieferungen. Das entscheidende Bild sind nicht die Versuche, ihn umzudeuten, es ist der ausgebrannte Panzer selbst. Ohne den russischen Terror und den ukrainischen Widerstand wäre Russlands Schrott nicht vor der deren Botschaft in Berlin gelandet.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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