Pannenfrei durch den Wahltag: Berlin kann's doch!
Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten war die Wahlbeteiligung im Vergleich niedrig. Dafür lief diesmal alles glatt.
V iel war im Vorfeld geunkt worden: Bestimmt geht die Wiederholungswahl am Sonntag doch auch bloß wieder schief! Berlin kann's halt nicht. Und dann? Verlief der Wahlsonntag so ausgesprochen reibungslos, dass all die Reporter*innen, die draußen vor den Wahllokalen herumschwirrten, um bei der kleinsten Schlangenbildung sofort Meldung in die Redaktionen zu machen, weitgehend arbeitslos blieben. Alles klappte, berichteten auch die taz-Kolleg*innen: Wer wählen wollte, konnte das tun ohne langes Anstehen und offenbar auch mit den richtigen Wahlzetteln in der Kabine. „Wir sind sehr zufrieden mit dem, was wir gesehen haben“, sagte auch der Wahlbeobachter des Europarats, Vladimir Prebilic.
Landeswahlleiter Stephan Bröchler ist deshalb wohl der eigentliche Gewinner dieser Wahl. Zugegeben, dieses Mal fielen auch einige Erschwernisse von vornherein weg: ein zeitgleicher Marathon, eine zeitgleiche Bundestagswahl. Und alle waren hypersensibilisiert auf mögliche Wahlpannen; da wurde quasi jeder Rechtschreibfehler öffentlich kommentiert.
Vor der Strukturreform
Trotzdem: Bröchler hat einen guten Job gemacht. Und zwar, das muss man betonen: bevor die eigentliche Strukturreform für eine Neuorganisation der bezirklichen Wahlämter in Berlin, die er als Teil der Expert*innenkommission erarbeitet hatte, überhaupt greifen konnte. Diese strukturellen Änderungen – das haben die Verantwortlichen auch klar kommuniziert – werden erst bei späteren Wahlen greifen: ein Landeswahlamt mit Weisungskompetenz gegenüber den Bezirken etwa und personell besser ausgestattete und geschulte Bezirkswahlämter.
Nun muss die Wiederholungswahl nur noch Bestand auch vor dem Bundesverfassungsgericht haben, dessen Urteil ja noch aussteht. Dann wäre man dem Ziel des Landesverfassungsgerichts – das die Komplettwiederholung der Wahl angekündigt hatte – ein Stückchen näher: das Vertrauen der Berliner*innen in die demokratische Legimitiation der Wahl zurückzugewinnen.
Dann liegt die Wahlbeteiligung beim nächsten Mal vielleicht auch wieder höher: Am Nachmittag, teilte der Landeswahleiter mit, lag die Beteiligung rund 5 Prozentpunkte unter dem Vergleichswert bei einer letzten reinen Abgeordnetenhaus, also im Jahr 2016. Egal, welche Koalition am Ende legitimiert ist: Das ist ein Wermutstropfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich