Opposition in Russland: Nawalny beendet Hungerstreik
Der inhaftierte Kremlkritiker beendet nach 24 Tagen seine Streikaktion. Die Unterstützer*innen quittieren diese Entscheidung mit Erleichterung.
Diese Zeit soll nun vorbei sein. Nawalny hat am Freitag das Ende seines Hungerstreiks in Haft verkündet. Über Instagram ließ er seine Vertrauten schreiben: „Nach allen Regeln wird das Beenden des Hungerstreiks ebenfalls 24 Tage dauern. Man sagt, es sei noch schwerer. Also wünscht mir Glück!“
Seit Wochen hatte der 44-Jährige über Schmerzen im Rücken geklagt, die in Arme und Beine ausstrahlten. Er hatte Husten bekommen und Fieber. Aufgrund schlechter Kalium- und Kreatininwerte sagte sein Kardiologe, ihm könnte der Herztod drohen, werde er nicht behandelt.
Aber die Strafvollzugsbehörde hatte die Ärzt*innen seines Vertrauens nicht zu Nawalny vorgelassen, obwohl jeder Inhaftierte in Russland darauf ein Recht hat. Der Hungerstreik war Nawalnys Weg, genau das einzufordern: dass er behandelt wird.
Eingeständnis der Behörden
Am Wochenende wurde Nawalny aus seiner Strafkolonie in Pokrow, etwa 100 Kilometer von Moskau entfernt, in ein Gefängniskrankenhaus in Wladimir, knapp 200 Kilometer von der Hauptstadt weg, verlegt. Ein Eingeständnis der Behörden, dass es dem Kreml-Kritiker schlecht geht.
Am Donnerstag hatten Nawalnys Vertrauensärzt*innen ihren Patienten schließlich in einem offenen Brief gebeten, den Hungerstreik zu beenden. Dieser könne seine Gesundheit erheblich schädigen und zum „traurigsten Ergebnis führen – dem Tod“, hieß es darin. Werde der Hungerstreik auch nur noch kurze Zeit weitergeführt, „werden wir schon bald niemanden mehr zu behandeln haben“.
Es sei gerade dieser Satz, der ihn zum Nachdenken gebracht habe, ließ Nawalny am Freitag über Instagram wissen. Er schrieb, die Massenproteste zu seiner Unterstützung, aber auch der Hungerstreik Dutzender Menschen in ganz Russland hätten dazu geführt, dass er seinen Hungerstreik nun beenden wolle. „Ich will nicht, dass meinetwegen jemand körperlich leiden muss“.
Nawalnys Team ist erleichtert und sieht sich darin bestärkt, dass der Druck der Straße in Russland doch etwas bewirken könne. Noch bevor Zehntausende Menschen am Mittwoch landesweit für Nawalny friedlich demonstrierten, war Überraschendes passiert. Das Gefängniskrankenhaus von Wladimir hatte seine Türen geöffnet: für vier zivile Mediziner. Es waren nicht Nawalnys Vertrauensärzt*innen, doch immerhin Ärzt*innen von außerhalb des Gefängnissystems.
Großer Schritt
„Ein großer Schritt, wenn auch ein nicht ausreichender, um ein vollwertiges unabhängiges Bild für seine Behandlung zu bekommen“, schrieben Nawalnys Vertrauensärzt*innen. „Vor einem Monat noch haben mich alle hier ausgelacht, als ich Fragen nach meiner Diagnose stellte oder meine medizinische Akte haben wollte. Jetzt bespricht man mit mir die Behandlungsschritte und zeigt mir alle Laborwerte“, ließ Nawalny ausrichten.
Die Forderung, seine Vertrauenärzt*innen zu ihm vorzulassen, bleibe weiter bestehen, aber der erste Schritt sei getan: Er werde von zivilen Ärzt*innen behandelt. Momentan müssten er und sie herausfinden, warum er das Gefühl in seinen Armen und seinen Beinen verliere. „Danke!“, heißt es in seinem Post. „Ich werde euch nicht im Stich lassen.“
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