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Onlinewahlkampf der LinksparteiViele Sprachen, wenige Farben

Innovativ, klassisch oder peinlich? Wir analysieren, wie sich die Parteien während des Europawahlkampfs im Netz schlagen. Letzter Teil: die Linkspartei.

Gysi auf allen Kanälen, auch im Netz Bild: dpa

Die Parteiseite

Gediegene Schlichtheit strahlt die Homepage der Linken aus. Weißer Hintergrund, in rot und grau gehaltene Menüleiste. Oben rechts prangt das Parteilogo in schwarzen Lettern. Man könnte das langweilig finden, aber in seiner Aufgeräumtheit ist das zunächst ganz annehmbar. Diese Seite ist keine stylische Kampagnenplattform vom Reißbrett einer PR-Bude, vielmehr ein Lastenesel, vollgepackt mit Inhalten für jeden Bedarf.

Wählerinformation und Europa-Wahlkampf sind hinter einer knallroten Kachel verlinkt. Das Europawahl-Portal fällt optisch durch einen horizontalen Riegel auf, der Schleierwolken vor blauem Himmel und die im Wind flatternde rote Fahne der Partei abbildet. Am rechten Rand sind Kategorien wie „Europawahlprogramm“ und „Wahlstrategie“ angeordnet. Sie führen zu drögen Textwüsten.

Einer dieser Texte verspricht: „2014 bringt DIE LINKE aber Farbe ins Spiel.“ Schön wäre es gewesen, die Partei hätte hierbei auch an ihre eigene Homepage gedacht. Dafür kann man sich Wahlkampf-Flyer und Plakatmotive als Kopiervorlagen (sic!) herunterladen. Die Webmaster scheinen große Anhänger des pdf-Formats zu sein. An jeder Ecke warten Papiere, Aufrufe und Wahlkampfzeitungen auf NutzerInnen und deren pdf-Reader.

Weitere Medien finden sich, ordentlich wegsortiert, in der Mediathek. Audio, Foto, Video – nüchtern präsentiert sich das Medienangebot bei der Linken. Einladend ist das kaum, Highlights muss man suchen.

Einzigartig unter den großen Parteien ist die englischsprachige Parteiseite. Zwar bietet auch die CDU ein kleines Portal in englischer Sprache, bei der Linkspartei ist der gebotene Inhalt deutlich auf die Mitarbeit in der linken Fraktion des Europäischen Parlaments zugeschnitten. Lebendig ist das englische Portal jedoch nicht, dafür gibt es die Kurzfassung des Programms zur Europawahl in Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Russisch, Griechisch und Türkisch - als pdf-Datei.

Socia Media Präsenz

Im Ranking der meisten Facebook-Likes für Bundestagsparteien, liegt die Linkspartei auf dem ersten Platz, vor der CDU und der SPD. Mehr als 82.000 User folgen der Partei. Die Linksfraktion im Europäischen Parlament schafft nur 6.700 Likes, was vielleicht auch daran liegt, dass die Fraktion ihre Facebook-Fans nur sehr spärlich bedient. Die Genossen in Berlin sind deutlich aktiver, was den Europa-Kollegen auch nicht hilft: Deutsche Tagespolitik, Friedensfolklore und Parteitagscontent geben die Linke-Admins ihren Followern zu lesen. Europa? Europawahlkampf? Kaum.

Twitter ist für die Partei eher Megaphon denn Dialogwerkzeug. Geantwortet wird kaum, Retweets finden nur statt wenn es sich um Berichterstattung zur Partei handelt. Der Twitter-Account der Linken ist zwar voll, doch informative Kurzweiligkeit sieht anders aus.

Das Oberhaupt

Die Linke wird von einer Doppelspitze geführt (Bernd Riexinger 5.700 Likes, Katja Kipping 29.600 Likes) und hat eine deutsche Spitzenkandidatin (Gabi Zimmer 1.000 Likes), doch der Fraktionsvorsitzende Gysi (135.700 Likes) überragt sie alle. Ob Facebook oder Twitter - der Mann zieht die User an. Den zahlenmäßigen Vergleich mit //www.facebook.com/AngelaMerkel:Angela Merkel besteht er dennoch nicht. Eine halbe Million Menschen wollen auf Facebook wissen, was die Kanzlerin zu melden hat. Die kriegen jedoch nur vorgesetzt, was die PR-Mitarbeiter der CDU als wichtig empfinden.

Bei Gysi geht es intimer zu: Hier schreibt der Chef meist selbst, vornehmlich zur Tagespolitik. Europa findet meist nur im Kontext des Ukraine-Konflikts statt. Interaktion mit den Usern bleibt die Ausnahme. Auf Youtube ist Gysi der ungekrönte König der Klicks im Deutschen Bundestag. Bis zu einer Million Zuschauer vereint mitunter eine Gysi-Rede.

Auch auf Twitter beweist Gregor Gysi Geschick, twittert meist selbst, auch schon mal mit dem Schauspieler Jan-Josef Liefers über das PC-Spiel „Solitaire“, posiert mit dem Deutsch-Rapper „Motrip“ für Selfies und beantwortet Fragen zur Endlagerdebatte von Normalsterblichen Twitter-Nutzern. Europa? Nö.

Peinlichkeiten

„www.Hier-und-in-Europa.de“ – so nennt die Linke ihre Homepage zur Europawahl – das taten die Genossen allerdings auch schon 2009. Jetzt prangt diese Internetadresse wieder auf den Wahlplakaten der Partei, die ansonsten wenig europäischen Spirit verbreiten. Folgt man der Adresse, landet man auf dem drögen Europawahl-Portal.

Wenn man Menschen im Netz von sich überzeugen will, muss man dafür mitunter viel Arbeit und Zeit investieren. Die Wahlkampfmacher der Linkspartei tun das nicht. Sie recyceln lieblos ihre verstaubte Internetseite.

Warum widmet man der Europalinken-Spitzenfrau Gabi Zimmer kein Porträt? Wieso stellt man den griechischen Spitzenmann Tsipras nicht vor? Weshalb muss man erst wieder zu Youtube klicken, um den Wahlwerbespot der Partei zu sehen? Der Netzauftritt der Partei zur Europawahl vermittelt vor allem eine Botschaft: „Wir haben keinen Bock!“

Fazit

Was wäre die Linkspartei ohne Gregor Gysi? Nicht viel. Dafür agiert man über alle Kanäle hinweg zu uninspiriert und im konsequenten Modus des geringstmöglichen Aufwands. Die UserInnen wollen Gysi, deswegen klicken sie zur Linken. Man braucht keine hellseherischen Fähigkeiten, um sagen zu können: Wenn Gysi abtritt, stirbt die Partei (nicht nur?) einen virtuellen Tod. Im Europawahlkampf wird das zum Problem, denn Gisy hat ausgerechnet zu Europa wenig zu bieten.

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1 Kommentar

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Für Frau Kipping oder Herrn Gysi sind die Inhalte entscheidend. Das sind aber sehr wichtige Aussagen für die Bevölkerung:

     

    - Mieten senken,

    - Löhne erhöhen,

    - Deutsche Soldaten nicht in den Krieg schicken,

    - Nicht den Banken Gelder verschenken, sondern einzelnen Menschen helfen,

    - Flüchtlinge und alle anderen Bevölkerungsgruppen (Wenigverdiener, Durchschnittsverdiener, arbeitslose Menschen, Rentner, Menschen mit Behinderungen, obdachlose Menschen, kranke Menschen...) schützen.

     

    Die TAZ hat es richtig erkannt: Herr Gisy ist in der Partei genau so wichtig, wie Frau Merkel bei CDU und Herr Ströbele bei den Grünen.