Onlineshopping in Coronakrise: Zeit statt Zeugs
Im Shutdown scheint das Onlineshopping nahezu alternativlos. Doch die Coronakrise ist eine Chance zum Umdenken, die so schnell nicht wiederkommt.
S eit Jahren mahnen Nachhaltigkeitsforscher, Wachstumskritiker, Natur- und Klimaschützer vor Weihnachten, lieber „Zeit statt Zeugs“ zu schenken. Sie warnen vor Elektroschrott unterm Weihnachtsbaum, giftigem Spielzeug und Bergen aus Geschenkpapier. Und dann gibt es ein Weihnachten, in dem kurz vor dem Fest – die Läden zumachen! Das wäre doch die Gelegenheit zu erholsamen Spaziergängen statt stressigen Gerennes durch verstopfte Fußgängerzonen, zu gemütlichem Plätzchenessen auf dem Sofa statt gegenseitigen Gemotzes am Asia-Fastfood-Stand.
Respekt, wer nach Monaten der Einschränkungen, der Ereignislosigkeit und der Aussicht auf Kita- und Schulschließungen auch im neuen Jahr noch die Chancen der aufgezwungenen Einkehr sehen kann. Und Verständnis für alle, die in diesen Tagen nur eins wollen: Weihnachten und den Jahreswechsel anständig über die Bühne kriegen, auf dass es trotz gefährdeter Großeltern und einsamer Freunde so schön wie möglich wird. Und da kommt Amazon ins Spiel.
Wer dort in diesen Tagen noch bestellt, bekommt seine Pakete mit hoher Wahrscheinlichkeit noch vor Weihnachten. „Plopp“ – liegen sie vor der Tür, verpackt, geliefert und gebracht von irgendwem. Rasant verschiebt sich der Konsum aus den Innenstädten ins Netz. Online-Kaufen als Anti-Frust-Strategie: Behaupte keiner leichtfertig, dass das nicht funktioniert.
Doch der Onlinehandel leuchtet die aus den Fugen geratene Konsumgüterindustrie grell aus. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Computer, Kleidung, Spielzeug und Bücher von anonymen Menschen in fernen Ländern produziert werden, gewöhnt an einen absurden Warenstrom von Asien in den Rest der Welt und zurück als Müll.
Nun gerät auch der Verkauf aus unserem Gesichtsfeld, heraus aus den Stadtzentren und Malls hinein in Logistikzentren irgendwo. Die Gegenwart ist in diesem Jahr wohl zu herausfordernd, um an die Zukunft zu denken. Schade eigentlich, denn eine bessere Gelegenheit zum Umdenken werden wir so schnell nicht bekommen.
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