Olympiatriathlon in schmutziger Seine: Eine Stadt als Fototapete
Die Posse um die zu schmutzige Seine zeigt: Paris wird für schöne Olympia-Bilder nur benutzt. Die Stadt rächt sich auf ihre Weise.
W as für beeindruckende Bilder. Dutzendweise springen vor der im Stil des Neobarock erbauten Pont Alexandre III erst die Frauen, später die Männer am Mittwoch in die Seine, kraulen um die Wette vom Grand Palais in Richtung Eiffelturm, der sich im Hintergrund in den Himmel streckt. Perfekt für diese Olympischen Spiele im Postkartenformat. Dass das Wasser, offiziell für unschädlich für die Triathlet:innen erklärt, immer noch reichlich trübe ist, sieht man ja zum Glück im TV nicht so.
Tagelang war die Qualität des Seinewassers das große Thema. Und tagelang war klar, der Triathlon in der Seine wird stattfinden. Komme, was da wolle. The games must go on.
Die Idee, den Sport aus den Arenen in die Stadt zu bringen, hin zu den Menschen, erscheint zwar auf den ersten Blick charmant. Tatsächlich geht es nicht um die Menschen, sondern nur um die historischen Fassaden als pittoresken Hintergrund.
Wer an diesen Tagen durch die französische Hauptstadt geht, stellt fest: Es ist anders als sonst. Nein, kein Gedrängel. Auf den Straßen kaum Autos. In der Metro sogar freie Sitzplätze. Und das liegt nicht nur daran, dass die Tickets für die U-Bahn plötzlich fast das Doppelte kosten.
Nur da, wo Teile der Stadt ganz offiziell zum Sportplatz erklärt wurden, sammeln sich Menschen. Die meisten mit wichtig baumelnden Olympiaausweisen um den Hals. In allen Sprachen der Welt parlierend. Aber Französisch? Da muss man schon genau hinhören. Denn viele Pariser:innen sind wie alle Jahre im Sommer aus der Stadt geflohen. Und in diesem Jahr erst recht. Man kann es ihnen nicht verdenken.
Paris ist eine Mahnung an alle anderen Metropolen der Welt, deren Machthaber:innen von Olympischen Spielen träumen. Sie werden allenfalls als Fototapete gebraucht. Die Stadt Paris immerhin, so mag man es lesen, wehrt sich. Mithilfe des Regens kippt sie der olympischen Gigantomanie ihre ganze Scheiße aus der Kanalisation vor die Füße. Der olympische Traum ist nicht tot. Er riecht nur ein wenig. Nach Haute Koture.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt